Essen. Der ehemalige BVB-II-Trainer David Wagner läuft mit dem Premier-League-Klub Huddersfield Town im Stadion Essen auf. Wir haben mit ihm gesprochen.
Regionalligist Rot-Weiss Essen kann sich auf ein hochkarätiges Blitzturnier freuen. Am Samstag spielen Bundesligist Werder Bremen, der spanische Erstligist Real Betis Sevilla und Premier-League-Club Huddersfield Town ab 16 Uhr im Stadion Essen um den Interwetten Cup 2018. Der 46-jährige David Wagner, ehemaliger Trainer der U23 von Borussia Dortmund und Uefa-Cup-Sieger mit Schalke 04, kommt als Trainer der Engländer zur Hafenstraße.
Wagner ist seit November 2015 Trainer des Vereins aus Nordengland. In dieser Zeit führte er Huddersfield mit bescheidenen finanziellen Mitteln zum Aufstieg in die höchste Spielklasse und in der vergangenen Spielzeit zum überraschenden Klassenerhalt in der Premier League.
Im Interview mit dieser Redaktion spricht Wagner über den Job in England, seinen BVB-Zugang Erik Durm und die finanzielle Überlegenheit der Premier League.
David Wagner, am Samstag ist ihre Mannschaft zu Gast im Stadion Essen. Was erwarten Sie von diesem Turnier?
David Wagner: Es ist ein attraktives Vorbereitungsturnier. Ich hoffe, dass viele Leute kommen und eine gute Stimmung herrschen wird. Für uns geht es darum, uns als Gruppe vor dem Saisonstart am 9. August zu testen und zu performen. Wir haben während unserer Deutschland-Tour drei Tests, das Turnier in Essen ist das Highlight.
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Die Essener Hafenstraße kennen Sie noch aus Ihrer Zeit bei der U23 des BVB. Wie haben Sie Rot-Weiss Essen in Erinnerung behalten?
Wagner: Es ist schade, dass der Verein noch in der vierten Liga spielt. Wir haben zu meiner Dortmunder Zeit mit der zweiten Mannschaft einige Schlachten gegen RWE geschlagen, auch noch im alten Georg-Melches-Stadion. Der Verein hat trotz aller Rückschläge so viel Power und Tradition, dass er über kurz oder lang den Schritt in die 3. Liga machen kann. Ich weiß, wie schwer es ist, aus der Regionalliga aufzusteigen. Wir haben es mit dem BVB geschafft, aber das war sehr schwer. Rot-Weiss Essen ist ein Verein, der es mit seinen Verdiensten in der Vergangenheit und der Fanbase verdient hat, in naher Zukunft aufzusteigen.
Ihre Erfolge beim BVB haben Sie in England weit übertroffen. Mit Huddersfield sind Sie in die Premier League aufgestiegen und haben die Klasse im ersten Jahr gehalten. Das hat Sie für viele Vereine interessant gemacht. Warum haben Sie ihren Vertrag dennoch bis 2021 verlängert?
Wagner: Weil ich den Verein und die Menschen mag. Wir haben Außergewöhnliches geschafft. So etwas hat es lange nicht mehr gegeben. Wir haben hier etwas angefangen, das immer noch in der Entwicklung steckt. Für mich war klar, dass ich weiterhin in der Premier League arbeiten möchte. Als wir die Klasse halten konnten, stand für mich fest, dass ich dies auch mit meinem Verein machen möchte.
Sie gehen in der Premier League mit dem kleinsten Etat und somit wieder als Außenseiter an den Start. Wird das zweite Jahr besonders schwer?
Wagner: Von den Gegebenheiten her wird es mit Sicherheit so sein, dass wieder der Klassenerhalt das Ziel ist. Durch die Aufsteiger Wolverhampton Wanderers und FC Fulham ist die Liga noch stärker als im letzten Jahr einzuschätzen. Die finanziellen Unterschiede zwischen uns und unseren Konkurrenten werden eher größer als kleiner. Das ist eine Herausforderung, der wir uns ganz offensiv stellen. Alle in unserem Verein wären natürlich extrem glücklich, wenn es uns gelingen sollte, zum dritten Mal in Folge in der Premiere League zu spielen. Der Schlüssel wird sein, weiterhin Euphorie, Zusammenhalt und den Hunger auf diese Liga zu entwickeln.
Sie haben die finanziellen Auswüchse in England angesprochen. Ihr Kollege Jürgen Klopp hat sich einen Torwart für über 70 Millionen Euro gegönnt. Das Transferfenster schließt in England schon am 9. August. Geht es nun richtig zur Sache?
Wagner: Ich glaube nicht, dass dies der letzte große Transfer in England gewesen ist. Ich bin mir relativ sicher, dass noch einiges zu erwarten ist.
Was ist auf dem Transfermarkt noch von Huddersfield Town zu erwarten? Der Name des deutschen Nationalspielers Marvin Plattenhardt wird mit ihrer Mannschaft in Verbindung gebracht.
Wagner: Das ist absolut kein Thema. Fakt ist, dass wir auch noch nicht fertig sind. Das gilt sowohl für die Abgangs- als auch für die Zugangs-Seite. Wir werden sicher noch aktiv werden. Grundsätzlich haben wir im Hinblick auf den frühen Saisonstart noch viel Arbeit vor uns. Unsere vier WM-Fahrer stoßen erst zum Ende dieser Woche zu uns.
Zu ihren Zugängen zählt der ehemalige Dortmunder Erik Durm. Was erhoffen Sie sich von dieser Verpflichtung?
Wagner: Erik ist ein Spieler, der genau in unser Beuteschema passt. Er ist hochtalentiert, hatte in der jüngsten Vergangenheit aber nicht seine beste Phase. Von diesen Jungs hatten wir zuvor mehrere verpflichtet. Das sind in der Regel Spieler, die besonders hungrig sind und es allen nochmal beweisen wollen. Wir müssen Erik zunächst in einen Zustand bringen, der es ihm möglich macht, das harte Training ohne Probleme zu verdauen. Dafür müssen wir sicher noch die eine oder andere Woche investieren. Er ist gesund und fit, hatte zuletzt aber wenig Mannschaftstraining und Wettkampfpraxis. Wenn er gesund bleibt, wird er der Premier League seinen Stempel aufdrücken können.
Reden wir über die abgelaufene WM. Berti Vogts hatte zuletzt gesagt, dass sich der DFB und Joachim Löw Tipps von Experten wie Ihnen, Jürgen Klopp, oder Gernot Rohr einholen sollten. Was würden Sie dem DFB raten?
Wagner: Ich bin ganz fern davon, mich als Experten zu bezeichnen. Es steht mir nicht zu, öffentlich darüber zu urteilen, was bei der Weltmeisterschaft schiefgelaufen ist. Fakt ist, dass irgendetwas nicht zusammengepasst hat. Das zeigen alleine die Ergebnisse. Dass ganz viele damit unzufrieden sind, ist völlig klar. Sollten man mich dazu befragen, würde ich mich nicht öffentlich äußern.
Sie sind allerdings sehr nah dran am englischen Fußball. Auf der Insel herrscht nach der WM große Euphorie. Ist die positive Entwicklung eine Folge des vielen Geldes, so wie es viele Bundesligisten beklagen?
Wagner: In der Premier League gibt es herausragende Top-Stars, die herausragend gutes Geld verdienen. Das ist unbestritten. Da es hier mehrere Besitzer- sowie Investoren-Modelle gibt und die Premier League zudem hervorragend vermarktet wird, insbesondere international, stehen mehr Gelder zur Verfügung. Das ist einfach so. Die Dichte an Top-Spielern und Top-Trainern, die es in der Premier League gibt, findet man weltweit in keiner Liga. Das kann ich bestätigen.
Sie arbeiten als Trainer in der vielleicht besten Liga der Welt. Werden wir Sie trotzdem nochmal in der Bundesliga sehen?
Wagner: Die Leistungsdichte ist in der Tat herausragend in England. Ob es das allerhöchste Niveau ist, steht auf einem anderen Blatt. Es macht wahnsinnig viel Spaß, sich gegen diese Top-Klubs zu messen und sogar erfolgreich zu sein. Ich bin sehr glücklich mit dem, was ich mache. Deshalb habe ich derzeit keine langfristigen Pläne. Ich habe die Bundesliga nicht auf meiner Agenda. Sollte ich irgendwann aufhören, ohne in der Bundesliga trainiert zu haben, wäre ich trotzdem ein glücklicher Mensch.