Essen. Bis Ende Januar wird Michael Welling an der Hafenstraße seinen Schreibtisch geräumt haben, dann erst mal mehr Zeit für die Familie.

Zurück zu Ihnen: Viele haben immer noch nicht verstanden, warum Sie jetzt, quasi zur Halbzeit des Projekts „Hoch3“, aussteigen wollten. Manche behaupten sogar, gerade Sie hätten doch immer die „RWE-Familie“ als etwas Besonderes dargestellt, und nun geht ausgerechnet das Familien-Oberhaupt? Gab es den einen Knackpunkt, der Sie dazu bewogen hat?

Michael Welling: Familienoberhaupt ist ein Bild, dem ich nicht gerecht werden will und kann. Und was mit Blick auf Rot-Weiss Essen auch ein falscher Ansatz wäre. Der Verein ist größer als einzelne Personen. Für meinen Abschied selbst gibt es nicht den einen Grund, vielmehr habe ich mich schon länger und dann immer öfter selbst gefragt, ob überhaupt, und wenn ja, wie lange ich die Aufgabe bei RWE in dieser Form noch machen will. Ich habe dann gemerkt, dass die Frage schon die Antwort beinhaltete. Wenn man bei einer solchen Aufgabe nicht mit voller Überzeugung dabei ist, dann kann man sie nicht im Sinne des Vereins erfüllen. Ich habe gespürt, dass es für mich einfach an der Zeit ist, etwas anderes zu machen. Mit Blick auf „Hoch3“ ist es dabei allerdings so, dass es aus meiner Sicht rational sogar der beste Moment ist, den Abschied zu realisieren. Denn durch „Hoch3“ haben wir trotz des Innogy-Rückschlages vor allem für noch eineinhalb Jahre wirtschaftliche Planungssicherheit. Das macht den Übergang sicherlich einfacher.

Bis Ende Januar den Arbeitsplatz geräumt

Der ja ein sanfter ist, da Sie Ihren Nachfolger Marcus Uhlig ja über einige Zeit einarbeiten konnten. Wann ist denn die Einarbeitung beendet?

Michael Welling: Aufgrund der fachlichen und persönlichen Qualifikation von Marcus Uhlig war die eigentliche Einarbeitung natürlich sehr kurz und ist längst abgeschlossen. Marcus hat sich schnell eingefunden und die Aufgaben übernommen. Ich habe bereits in den letzten Wochen lediglich an einzelnen Sonderthemen mitgewirkt und werde bis Ende Januar hier weiter unterstützend zur Verfügung stehen. Und bis dahin auch meinen Arbeitsplatz inhaltlich und tatsächlich aufgeräumt haben.

Tatsächlich hat es sich dann ja über eine beträchtliche Zeit hingezogen. Warum hat es so lange Zeit in Anspruch genommen?

Michael Welling: Man muss sehen, dass mein Abschiedswunsch den Aufsichtsrat sicherlich sehr unvorbereitet getroffen hat. Auch daher habe ich stets betont, dass ich so lange zur Verfügung stehe, wie der Aufsichtsrat dies wünscht und wir die Modalitäten gemeinsam diskutieren. Dieses ist inzwischen abgeschlossen, dem Aufsichtsrat war es wichtig, dass ich nicht ohne weiteres zu einem anderen Fußballverein wechsele. Auch dies haben wir im Sinne des Vereins formal festgezurrt, ohne dass ich in meiner Zukunftsplanung eingeschränkt bin.

Unterstützung beim Essener Startup Soccerwatch

Wie sieht denn die Zukunftsplanung aus? Hat Michael Welling schon was Neues in Aussicht? Wie man hört und sieht, werden ja momentan in der Bundesliga wie auch in der 2. Liga ein paar interessante Stellen frei.

Michael Welling: Wir haben erst kurz vor Weihnachten den genauen Zeitplan definiert. Daher war es für mich bislang überhaupt nicht möglich, sehr umfassende und detaillierte Pläne zu machen. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Zunächst werde ich meinen Aufgaben als Professor in Lehre und Forschung nachkommen und das eine oder andere Beratungsprojekt realisieren. So werde ich schon ab Februar nebenbei die Unternehmung Soccerwatch unterstützen, das als Essener Startup mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Lösungen für den Amateursport anbietet. Ein spannendes Projekt, das ich bis auf weiteres einige Tage pro Monat begleiten darf.

Da bliebe immer noch Zeit für einen hauptberuflichen Fußballjob.

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Michael Welling: Es bleibt in den nächsten Wochen jetzt erst mal auch viel Zeit für die Familie, die werde ich nutzen und genießen. Zudem hat meine Frau in den letzten sieben Jahren stets zurückstecken müssen. Sie hat schon angemeldet, nun einen Urlaub alleine zu machen, während ich mich um die Kinder kümmere. Das wird gemacht, aber sicherlich die schwerste Aufgabe der letzten sieben Jahre.

Ein Lied sagt auch: Niemals geht man so ganz! Werden wir Sie an der Hafenstraße bei den Spielen wiedersehen? Und würde der Marketing-Profi Michael Welling dem scheidenden Vorsitzenden eine Ehrenkarte spendieren?

Michael Welling: Der Marketing-Profi ist vor allem Kaufmann. Der Fan Michael Welling wird aber sicherlich immer wieder das Gefühl Hafenstraße live erleben.