Essen. . Coup in der Regionalliga: Bei Rot-Weiss Essen geht die Merkur-Sonne auf — für 150.000 Euro pro Jahr. Der Sponsorenvertrag läuft über eine Saison.
- Rot-Weiss Essen hat einen neuen Trikotsponsor: den Online-Wettanbieter X-Tip
- Der Klub darf mit einer sechsstelligen Summe rechnen — um die 150.000 Euro für die Saison
- Noch gab es keine RWE-Bestätigung, aber in der nächsten Woche soll der neue Sponsor verkündet werden
Auf Rot-Weiss Essen kommt ein warmer Geldregen zu: Nächste Woche wird der Fußball-Regionalligist einen Trikotsponsor für die Saison 2017/18 bekanntgeben. Nach Informationen dieser Zeitung steigt der Online-Wettanbieter X-Tip ein. Der Klub darf mit einer sechsstelligen Summe rechnen — um die 150.000 Euro für die Saison.
Bei Sponsoring-Erlösen von etwa drei Millionen Euro im Jahr steigt X-Tip damit direkt zum größten Einzelsponsor des Vereins auf. Bei einem Jahresetat von 5,5 Millionen Euro sind Sponsoren für die Klubs in der vierten Liga überlebenswichtig. Der RWE-Sponsorenvertrag mit X-Tip läuft zunächst über eine Saison und enthält die Option auf eine Verlängerung.
Neuer Sponsorenvertrag ist ein Coup
Der neue Sponsorenvertrag ist ein Coup. Über Jahre hatte Rot-Weiss Essen vergeblich versucht, einen permanenten Geldgeber für die Trikotfläche zu präsentieren. Noch in diesem Frühjahr machte der Verein mit einer drolligen Marketing-Aktion von sich reden. Spender bezahlten der Bierbrauerei „Stauder“ aus Liebe zum Bier für ein paar Wochen den Auftritt auf der Spielerbrust.
Jetzt waren gleich mehrere Unternehmen am lukrativsten Sponsoring-Paket des Vereins interessiert. Neben X-Tip war da die Essener Internet-Firma maschinensucher.de, die führende Plattform für Stehende Gebrauchtmaschinen in Europa. Bis zuletzt hatte Geschäftsführer Thorsten Muschler über Mittelsmänner mitgeboten, um X-Tip vom Trikot zu verdrängen.
„Ich bin in Essen geboren, aufgewachsen und habe dort meine Firma aufgebaut“, sagte Muschler. „Sehr gerne hätten wir RWE als Trikotsponsor unterstützt. Der Verein gehört mindestens in die 2. Liga.“ Offensichtlich war X-Tip aber zu einer so kräftigen Finanzspritze entschlossen, dass sogar ein noch viel größerer Revier-Coup verhindert wurde.
Nach Informationen dieser Zeitung war die Agentur eines weiteren Wettanbieters gewillt, die Spielerbrust von gleich drei Ruhrpott-Vereinen im Paket zu erwerben: das Trikot des Regionalligisten RWE sowie der beiden Zweitligisten VfL Bochum und MSV Duisburg. Bochum hatte vor wenigen Wochen den Discounter Netto als Hauptsponsor verloren und verhandelt händeringend mit möglichen Nachfolgern.
Welling: "Unser Trikot ist etwas Besonderes"
Aus dem Dreierpack wird nun nichts. „Unser Trikot ist etwas Besonderes, es ist das Aushängeschild des Vereins, das wir nicht unter Wert verkaufen“, hatte RWE-Präsident Michael Welling im Frühjahr immer wieder betont. Die genannte Stauder-Aktion, seinerzeit unterstützt von der Allianz-Generalvertretung, war eine Einmalaktion zum 150-jährigen Firmenjubiläum.
Bei X-Tip geht’s um größeres Geld. Der Wettanbieter, der sich „XTiP“ schreibt, ist die deutsche Marke für das Sportwettenangebot der Gauselmann-Gruppe. Die Firma aus Espelkamp an der Ostgrenze von Nordrhein-Westfalen nennt sich „Die Spielemacher“ und ist einem breiten Publikum durch Spielhallen mit der Merkur-Sonne im Firmennamen bekannt geworden.
RWE bestätigt den Deal noch nicht
Den Deal bestätigen wollte der RWE-Präsident nicht. „Was ich aber sagen kann, ist: Wir waren in aussichtsreichen Verhandlungen mit zwei potenziellen Trikotsponsoren und stehen jetzt unmittelbar davor, unseren Fans einen von beiden als neuen Hauptsponsor zu präsentieren“, sagte Welling im Gespräch mit dieser Zeitung. Offenbar fehlen noch letzte Unterschriften.
Der Online-Wettanbieter X-Tip selbst ist, was im Wettgeschäft nicht unüblich ist, juristisch auf der Mittelmeer-Insel Malta angesiedelt. Man kann deshalb durchaus sagen, dass Rot-Weiss Essen finanziell aus Malta unterstützt wird. Das Unternehmen selbst verweist in der eigenen Darstellung auf „20 Jahre Erfahrung im Markt der Sportwett-Unterhaltung“ in Deutschland.
Unbekannt ist X-Tip im deutschen Fußball nicht. Nach eigenen Angaben unterhält der neue RWE-Sponsor weitere Partnerschaften mit dem VfL Wolfsburg, dem MSV Duisburg, Arminia Bielefeld und dem 1. FC Heidenheim. Kurios ist: Noch schreibt X-Tip seinen neuen Premiumpartner Rot-Weiss Essen auf seiner eigenen Homepage falsch: mit „ß“ statt „ss“ im Vereinsnamen.
Die falsche Schreibweise war und ist noch das kleinste Problem, das RWE mit Sponsoren hat. Schmerzlicher war in der jüngeren Vergangenheit der Ausstieg des Geldgebers Innogy, eines Tochterunternehmens des Energiekonzerns RWE. Welling sagte im Februar: „Die bekannte Innogy-Situation nervt uns, sie tut uns weh.“
Der Kader wird verkleinert
Zu den Gegenmaßnahmen gehörten im letzten Winter die Trennung von sechs Spielern. Zur aktuellen Saison wird der Kader verkleinert. Maximal 20 Feldspieler und drei Torhüter sollen unter Vertrag stehen. Fünf Neue gab es bisher, dazu kommen vier Talente aus der Jugend (U19). Geld wurde nicht ausgegeben. Und ein Star kam auch nicht.
Nicht unerwähnt bleibt das Verhalten der eigenen Fans. RWE musste aufgrund von Fanvergehen Strafen von rund 80.000 Euro bezahlen. Zum Vergleich: mehr als die Hälfte des neuen Sponsoring mit X-Tip. In einem solchen Umfeld wollen sich Sponsoren nur bedingt sehen. Im Partner X-Tip kann man deshalb eine Art Neuanfang sehen.