Essen. Zwei traditionsreiche Namen des Fußballs stehen sich am Sonntag in Essen gegenüber: RWE und Wuppertaler SV. Allein: Bei beiden läuft’s nicht so.
Rot-Weiss Essen ist kein herkömmlicher Regionalligist und deshalb nur selten Außenseiter. Das gilt natürlich auch für das Duell mit dem Wuppertaler SV am Sonntag (15.30 Uhr), erst recht an der Hafenstraße, obwohl die Heimbilanz in dieser Spielzeit ja nicht so überragend ist. Aber der Name allein, das Ambiente und die Ambitionen, die dieser Traditionsklub hegt, all das ist außergewöhnlich für einen Viertligisten und erhebt RWE über den Durchschnitt, wobei die aufwallenden Emotionen gerne mal die Fakten beiseite spülen.
RWE fühlt sich gar nicht wohl in der 4. Liga. In den ersten beiden Jahren nach dem Wiederaufstieg hielten die Fans noch die Füße still, weil die erfolgreich überstandene Insolvenz und die neue Finanzlage eine gewisse Demut diktierte. Aber längst wollen sie alle mehr. In der Vorsaison jedoch hat Essen im Tabellenkeller gezittert, was niemand so recht raffen konnte. Ungeachtet dessen wurde Rot-Weiss zum Saisonstart gleich wieder als Aufstiegskandidat gehandelt.
Ordentlich, aber nicht gut genug
18 Spiele später sieht es so aus, als würde es wieder nicht klappen. „Unterm Strich spielen wir aber nach dem Fast-Abstieg eine ordentliche Saison“, meint RWE-Trainer Sven Demandt. Ordentlich, aber für manche nicht gut genug. Zum letzten Heimspiel des Jahres hat sich Ernüchterung und Unzufriedenheit beim Anhang eingenistet. Fragen Sie mal die Dauerkartenbesitzer, wie sie es bisher fanden. Ein gequältes Lächeln, fatalistisches Schulterzucken oder Wut und Ärger - alle Reaktionen sind möglich.
Die Essener kamen nicht richtig auf Touren, was in der Hinrunde beim Spiel in Wuppertal so noch nicht zu ahnen war. Auf zwei Siege zum Auftakt folgte das 0:0 beim WSV, danach verloren die Essener gleich dreimal in Folge auf eigenem Rasen unter anderem gegen die Spitzenteams Gladbach II und Viktoria Köln und ließen danach Punkte liegen. Doch vor allem, weil das Top-Trio, wirtschaftlich vielleicht sogar potenter als RWE, bislang beeindruckend konstant gespielt hat, ist es enteilt. Zwölf Punkte sind’s für RWE bis zum Gipfel.
„Wir wollen den Abstand verringern“, gibt Demandt vor. Am Sonntag und im Nachholspiel bei Fortuna Düsseldorf II (16. Dezember) könnte ein weiterer, kleiner Schritt nach vorn gemacht werden. Seit neun Partien sind die Roten unbesiegt, wobei sich diese Serie nur bedingt auf dem Rasen widerspiegelt. Man habe noch nicht den richtigen Schlüssel gefunden, räumt Sven Demandt ein. Es fehlten zeitweise Schlüsselspieler wie Bednarski (Torgefahr), Grund (Kreativität) oder Löning (Abgeklärtheit), aber auch Konstanz. „Wir müssen unsere Leistung bringen. Von Spiel zu Spiel und über 90 Minuten. Wenn uns das gelingt, sind wir auch einen Schritt weiter.“
WSV seit fünf Spielen sieglos
Der Wuppertaler SV ist kein herkömmlicher Aufsteiger. „Sie spielen eine gute Saison“, erkennt Demandt an. „Jetzt haben sie länger nicht mehr gewonnen, aber das kommt vor.“ Genauer gesagt, ist der WSV seit fünf Spielen sieglos, liegt aber zwölf Punkte vor der Abstiegszone. Im Hinspiel zeigten die Wuppertaler, dass sie unangenehm werden können. Das Spiel war unspektakulär, für den Gastgeber war es das dritte Remis von heute neun.
In Pagano, Hagemann, Aydogmus, Grebe oder Manno besitzt der WSV gestandene Spieler. Vor allem Routinier Manno kann den Unterschied machen. „Er ist eine zentrale Figur, die viele entscheidende Sachen macht“, weiß Demandt. Vor allem diesen kreativen Kopf gilt es, kalt zu stellen. Die Offensive ist gefährlich, die Defensive relativ unerfahren. Das könnte ein Pluspunkt für die Essener sein: Deren Defensive steht stabil, und der Angriff verkörpert überdurchschnittliche Qualität. Hört sich gut an und ist es auch, sofern das Gesamtpaket stimmt. So war es im Niederrheinpokal-Finale im Sommer gegen Wuppertal. Viele sahen auch damals in RWE den Favoriten, viele erwarteten jedoch ein enges Spiel gegen einen euphorisierten Aufsteiger. Rot-Weiss gewann nach überzeugender Leistung mit 3:0. Viele solcher Highlights folgten allerdings nicht mehr.