Essen. RWE will bei RW Ahlen die Negativserie durchbrechen. Doch dazu müssen die Essener ihre Torabstinenz ablegen. Was ist, wenn es wieder in die Hose geht?

  • Die Fans haben keinen Spaß mehr und die Lust verloren
  • Wie die Erwartungen befeuert wurden
  • Ahlen war schon mal Wendepunkt für Trainer Demandt

Hat das etwa Symbolcharakter? Die Plakate entlang der Bottroper Straße sind verschwunden. Sie zeigten „Doc“ Welling als Einstein vor der „Aufstiegsformel“ oder zwei, drei Ferkel mit einer Lederpille im Morast und dem Zusatz: „Raus aus der Schweineliga!“ Pfiffig gemacht von den Rot-Weissen, die auf diese Weise ihre Aktion amüsant propagierten: „Zusammen Hoch 3 - Essen will den Aufstieg“. Doch nach drei Liga-Niederlagen in Serie ist niemandem mehr, der es mit RWE hält, zum Lachen zumute. Und an den Aufstieg in dieser Saison glaubt wohl ein Großteil der Fans schon jetzt nicht mehr - nach sechs Spieltagen.

„Am Freitag bin ich nach dem Spiel nach Hause gegangen und habe zum ersten Mal nach langer Zeit wieder mal gedacht, jetzt reicht’s. Ich habe einfach keine Lust mehr.“ Das erzählte ein eingefleischter und gleichermaßen frustrierter RWE-Fan nach der jüngsten 0:1-Pleite gegen Rödinghausen. Spätestens sie hat allen an der Hafenstraße die Laune verdorben. Aber da geht es den Spielern nicht anders als den Verantwortlichen oder dem treuen Anhang. Sie alle wollen Spaß, wollen jubeln, wollen feiern. Verlieren aber macht keinen Spaß. Nach Rödinghausen gab’s Applaus nur für nimmermüden Einsatz, denn der stimmte bisher.

Die Euphorie vor dem Saisonstart war da, obwohl der zermürbende Abstiegskampf aus der vorhergehenden Regionalliga-Saison noch irgendwo in den Hinterköpfen schlummerte. Neue Saison, neues Glück. Mit Sven Demandt, einem gestandenen Trainer, der zuvor viele Jahre lang mit der Gladbacher U23 gute Arbeit abgeliefert hatte. Mit dem neuen Sportlichen Leiter Jürgen Lucas, der bei RWE immer schon Erfolg verkörperte. Und mit einem verstärkten Kader, der im Kern zusammengeblieben ist, weil man nicht schon wieder ganz von vorn anfangen wollte.

Neue Saison, neues Glück

Die forsch und selbstbewusste vorgetragene Marketing-Aktion „Hoch 3“, mit der RWE zur Offensive geblasen hat, befeuerte die Erwartungen und suggerierte so ein bisschen, dass in Essen der Titelkampf bevorstehe. Dabei heißt es im Kleingedruckten: aufsteigen innerhalb der nächsten drei Jahre.

Nun, ein Spitzenplatz soll es auf jeden Fall werden, schließlich gehören die Essener allein schon gemessen am Budget zu den Top-Klubs der 4. Liga. Aber Erfolg lässt sich nicht kaufen, soweit die Binse. Während der zähen Stürmersuche konnte man ahnen, dass der Etat wohl doch ausgereizt ist. Porte­mon­naie auf, Stürmer rein - nein, so einfach war das nicht.

Gleichwohl ist es ja längst nicht zu spät. Fakt ist nur, dass der aktuelle Rang 13 und die ebenso ernüchternde Bilanz von 4:8 Toren indiskutabel sind. Bereits zwei Dreier in Folge würden das Bild jedoch wieder gravierend ändern, denn die Sprünge in der Tabelle zu Saisonbeginn sind meist beachtlich. RWE hat die Chance: Samstag beim Tabellennachbarn RW Ahlen (14 Uhr, Wersestadion) und am nächsten Freitag zu Hause gegen Verl.

Und wenn es in Ahlen wieder in die Hose geht, was dann?

„Mit wenn-dann beschäftige ich mich nicht“, entgegnet Demandt. Um die Stimmung aufzuhellen, müsse man gewinnen. „Dazu müssen wir Tor machen, das haben wir in den letzten vier Spielen nicht geschafft.“ Auch müsse man einige Dinge ändern. „Aber nicht zu viel, weil auch nicht alles schlecht war. Wichtig ist, dass wir die Ruhe nicht verlieren.“ Das was war, will Rot-Weiss streichen und auf Neustart drücken. So wie in der Vorsaison, als Demandt bei seinem Bank-Debüt im Ahlener Wersestadion ein 2:1 holte. Es waren wichtige Punkte im Abstiegskampf. Der jedenfalls soll sich nicht wiederholen, laut Sven Demandt: „Es sind noch 28 Spiele. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal in so eine Situation kommen wie letztes Jahr.“