Essen. RWE-Legende Willi Lippens wird am Dienstag 70 Jahre. Das Ehrenmitglied ist Kult und ein gern gesehener Gast, wenn launig über Fußball geplaudert wird.
Es sollte eine stinknormale Pressekonferenz werden. Der DFB hatte vor einem Jahr ins Stadion Essen eingeladen, um Informationen zum bevorstehenden U21-Länderspiel zu vermitteln. Um das Treffen ein bisschen aufzupeppen, wurden neben Nachwuchsbundestrainer Horst Hrubesch auch die ehemaligen Profis Frank Mill und Willi Lippens aufs Podium gesetzt. Drei Oldies mit rot-weisser Vergangenheit - ein Volltreffer. Das Trio spielte sich den Ball zu wie in alten Zeiten. Erinnerungen, Anekdoten, flotte Sprüche - es wurde eine richtig launige Veranstaltung.
Für einen Scherz ist Willi Lippens immer gut. Dafür ist er bekannt und beliebt. Noch heute wird er für Talkshows in der Region verpflichtet, wenn über Fußball geplaudert wird. Der Kabarettist Fritz Eckenga sagte über Lippens: „Der hat einen Witz, bei dem immer auch Intelligenz durchschimmert.“
Lippens konnte Gegnern Knoten in die Beine dribbeln
Natürlich war „Ente“ Lippens vor allem ein famoser Fußballer. Aus Kleve kam er zur Saison 1965/66 als Talent nach Essen und wurde in den folgenden elf Jahren zur Ikone. Die Fans von RWE verehren ihn. Der Klub ernannte Lippens im vergangenen Jahr zum Ehrenmitglied, Kult war er sowieso schon. Nicht nur wegen der vielen Tore und der filigranen Ballführung, mit der er unter dem Gejohle der Fans dem Gegenspieler einen Knoten in die Beine dribbeln konnte. „Ente“ Lippens war ein Unikum, ein Vollblutstürmer im unnachahmlichen Watschelgang. Und vor allem jener Entertainer, der immer einen guten Spruch auf Lager hat.
„Ich war ein wenig extravagant. Und wenn man so lange dabei war, dann gibt es halt auch viel zu erzählen“, findet Lippens und untertreibt dezent. Er weiß: „Wenn du dich aus der Masse hervorhebst, dann bleibst du den Leuten in Erinnerung.“
An diesem Dienstag wird Lippens 70 Jahre alt und im kleinen Kreis mit Familie und ein paar Freuden in seinem Restaurant in Bottrop feiern. Nur ein paar Kilometer von der Hafenstraße entfernt. „Ich danke Sie“, heißt das Lokal in Anlehnung an die wohl bekannteste Anekdote dieses Fußballers. 1971 gegen Westfalia Herne soll ihm der Schiedsrichter gesagt haben: „Ich verwarne Ihnen.“ Der Essener antwortete: „Ich danke Sie.“ Die „Ente“ flog vom Platz. Ein bisschen Dichtung, ein bisschen Wahrheit. Aber egal. Hauptsache, die Leute haben Spaß. Gleichwohl gibt es eine andere Version: Nach wiederholten Fouls seines Widersachers platzte Lippens der Kragen und er versuchte, dem Übeltäter in den Hinter zu treten.
Lippens erlebte mit RWE auch schwarze Stunden
A
uch wenn der Stürmer später für Borussia Dortmund gespielt hat, Rot-Weiss Essen ist seine Heimat, für diesen Verein schlägt sein Herz. Obwohl es in den Jahren hin und wieder schon mal Rhythmusstörungen geben hat. 1997/98 beispielsweise war RWE unter Trainer Dieter Brei ein Kellerkind der Regionalliga und Lippens Sportlicher Leiter. Er löste Brei sogar auf der Trainerbank ab, konnte aber den Absturz in die Oberliga nicht verhindern. „Ja das war sehr deprimierend“, wird er zitiert. „Ich wurde damals zu einem Zeitpunkt gerufen, wo wirklich gar nichts mehr ging. Es war kein Pfennig Geld zu viel da. Als ich nach einem Jahr gehen musste, war das eine der schwärzesten Stunden, die ich erlebt habe.“ Aber er wollte damals dem Verein, dem er viel zu verdanken hat, auch etwas zurückgeben.
Auch interessant
RWE habe ihm danach noch immer eine Dauerkarte spendiert. „Aber ich gehe selten hin, die Atmosphäre gefällt mir nicht mehr“, meinte Lippens vor fünf Jahren. „Das Stadion ist eine Bruchbude, und bis das neue komplett steht, bin ich wohl 75“, Na ja, da hatte er sich kräftig verschätzt.
Mittlerweile ist „Ente“ Lippens wieder Stammgast an der Hafenstraße, sah auch am Sonntag den Heimsieg gegen Schalke 04 II. Er weiß sehr wohl, wie schwer es ist, wieder nach oben zu kommen. Aber natürlich spricht Lippens wiederum allen aus dem Herzen, wenn er sagt: „Irgendwann muss mal wieder ein richtiger Höhepunkt stattfinden.“