Essen. Michael Boris, Trainer des KFC Uerdingen, spricht vor dem Pokalspiel gegen Rot-Weiss Essen am Sonntag über zu hohe Erwartungen und noch höheren Ziele.

Sonntagmittag um 15 Uhr: High-Noon in der Krefelder Grotenburg, wenn Oberligist KFC Uerdingen den Regionalligisten Rot-Weiss Essen zum absoluten Schlager in der zweiten Runde des Niederrheinpokals empfängt. Über gewisse Parallelen in beiden Traditionsvereinen nahm KFC-Coach Michael Boris vor der Partie Stellung, aber auch zu seinem besonderen Verhältnis zu RWE.

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Michael Boris, KFC Uerdingen gegen Rot-Weiss Essen in der zweiten Runde des Niederrheinpokals: Mehr geht nicht, oder?

Michael Boris: Für mich nicht! Wenn man gegen den Titelverteidiger spielt, es gab drei harte Lose mit Kray, RWO und RWE. Wir haben das härteste gezogen.

Kommt das Pokalspiel für Uerdingen denn zur rechten Zeit?

Boris: Nach der Gelb-Roten Karte für unseren Stürmer Mo Idrissou am Mittwoch in Meerbusch, der Sonntag gesperrt ist, kann man sich die Antwort wohl selbst geben. Dazu wurde unser Spieltag noch verschoben, wir kommen aus einer Englischen Woche, die Essener dagegen nicht. Es hätte besser laufen können für uns, auch mit einem einfacheren Pokallos.

Dennoch: Ist die Partie gegen RWE für Ihre prominenten Spieler wie Achenbach oder Pagano nicht Entschädigung dafür, dass sie im Liga-Alltag übers Land z.B. nach Kalkum-Wittlar tingeln müssen?

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Boris: Was heißt Entschädigung? Es wird zumindest das einzige Spiel der Saison sein, wo wir nicht Favorit sind, wo wir einen Gegner vorfinden, der uns spielerisch versuchen wird, zu dominieren. Und wo wir nicht das Spiel machen müssen, obwohl wir zu Hause spielen.

Es heißt aber, Uerdingen kann gar nicht defensiv agieren, mit der Anzahl an prominenten Stürmern.

Boris: Aber man hat doch ein Umschaltspiel, man kann etwas tiefer stehen, und mit einem Pagano zum Beispiel schnell umschalten und in die Räume stoßen, was im Liga-Alltag fast nicht möglich ist, da der Gegner vor dem eigenen Strafraum versammelt ist.

Der Saisonstart beim KFC geriet etwas holprig, zuletzt kam Ihr Team besser in Schwung, läuft es jetzt rund?

Boris: Die Erwartungshaltung in Uerdingen in der Oberliga ist dieselbe wie bei Rot-Weiss in der Regionalliga: Man erwartet hohe und glatte Siege gegen vermeintlich schwächere Gegner. So wie RWE sich schwer tut gegen Wegberg-Beeck, so ist es bei uns gegen Kalkum-Wittlaer, da werden die Zuschauer schnell unruhig, weil sie einfach eine zu hohe Erwartungshaltung haben. Aber Teams wie Wegberg oder Kalkum geben alles, die spucken, kratzen, beißen, um nicht vier Stück zu kriegen. Sie machen vorher Selfies vom Stadion, für sie ist es ein einmaliges Event. Aber um die Frage zu beantworten: Wir sind zwei Punkte von der Spitze entfernt, hätten uns gewünscht, vorne zu sein, aber die Saison endet zum Glück erst am letzten Spieltag.

Wie beurteilen Sie die Form von RWE, Sie sind ja ständiger Gast an der Hafenstraße.

Boris: Zum Glück sehe ich sie häufig freitags, so wie ich samstags oft zu RWO fahre, liegt ja alles auf der A 42 eng zusammen. RWE hat ein Riesenspiel gegen Erndtebrück gemacht. Sie haben aber auch Spiele dabei gehabt, in denen sie sich gegen tief stehende Gegner sehr schwer getan haben. Über die Qualität, gerade in der Offensive, mit Platzek, Grund, Soukou und auch Behrens, der noch nicht getroffen hat, aber vorne für Unruhe sorgt, brauchen wir nicht zu reden, da haben sie Topleute für die Regionalliga.

Sie sind ja bekennender RWE-Fan. Wann endet denn die Liebe vor dem Pokalduell – und wann flammt sie wieder auf?

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Boris: Am Mittwochabend nach dem Spiel in Meerbusch hat sie aufgehört, und sie fängt beim nächsten Betreten des Stadions Essen wieder an. Weil einfach immer eine gute Stimmung herrscht, mindestens 6000 Leute da sind, und es war nun mal der erste Verein, wohin mich mein Vater mitgenommen hat. Andere wurden zu den Königsblauen geschleppt oder nach Dortmund. Jeder, der fußballbegeistert ist, bleibt bei dem Verein, bei dem er zum ersten Mal im Stadion war. Fan sein heißt aber nicht den Schal zu tragen, sondern mit dem Herzen dabei zu sein. Und die Entwicklung des Vereins auch aus der Ferne aufmerksam zu verfolgen.

Es gab in Essen zuletzt den einen oder anderen Trainerwechsel, dabei wurde auch Ihr Name gehandelt.

Boris: Nein, es wurde halt leider viel angedichtet, weil ich häufig da zu sehen bin. Aber es gab keinen Kontakt, nichts.

Zu Ihrem Bedauern?

Boris: Nein, es gehören immer zwei Parteien dazu. Ich bin sehr froh über das Engagement, was ich in Uerdingen bekommen habe, durch die Herren Lakis und Ponomarev. Sie haben mir einen Plan aufgezeichnet, was sie in den nächsten Jahren vor haben. Es waren mehrere Kandidaten da, umso mehr freut es mich, dass sie mir ihr Vertrauen geschenkt haben.

Wie sehen die Pläne in Uerdingen denn aus?

Boris: Am Ende dieser Saison will Uerdingen auf jeden Fall in die Regionalliga gehen. Und das Fernziel lautet: Aus der Regionalliga herauszukommen, das aber mit Zeit, Sinn und Verstand. Wobei Zeit im Fußball das größte Problem ist. Siehe Rot-Weiss Essen!