Essen. Michael Welling wurde am Donnerstagabend in einer kleinen Feierstunde der Fachhochschule Iserlohn zum Professor ernannt.

So wie er dasitzt, an diesem Freitagmorgen in einem Cafè im Essener Süden, im verwaschenen Kapuzen-Shirt mit „Analog“-Aufdruck, erfüllt er nicht die Klischee-Vorstellungen eines „Profs“. Aber er ist es, wie das Foto der Ernennungsurkunde bestätigt, „amtlich“ seit dem 18. Dezember, verliehen im feierlichen Rahmen eines Weihnachtsballs der „Business and Information Technology School“ (BiTS), der staatlich anerkannten privaten Hochschule in Iserlohn.

Potzblitz. Bevor der Respekt ins Unermessliche anwächst, rückt Michael Welling gleich die Verhältnisse zurecht: „Also, einen Doktortitel hat man auf Lebenszeit, der ist auch mit einer Prüfung verbunden. Der Professor ist nur eine Berufsbezeichnung, der ist an die aktive Berufstätigkeit geknüpft.“

Bevor jetzt einige einwenden, Welling sei im Hauptberuf doch RWE-Vorstandsvorsitzender:: Der promovierte Ökonom hat sich gleich schon zu Beginn seiner Amtszeit an der Hafenstraße diesen Nebenzweig vertraglich zusichern lassen. Die Beziehungen des 43-Jährigen zur Hochschule im Sauerland sind mittlerweile fast ein Jahrzehnt alt. 2005 wurde der gebürtige Emsländer, damals gerade frisch promoviert und als Unternehmensberater tätig, angesprochen, ob er nicht Lust hätte, den Haupt-Studiengang „Sport- und Eventmanagement“, als erste Hochschule in Deutschland übrigens, zu konzeptionieren.

Und ob er Lust hatte. Seitdem hält er dort Vorträge als Gastdozent im Sportmanagement. Und dass der Fußball in den letzten Jahren immer mehr verwissenschaftlicht (Methodik, Training, Marketing), hat seiner Doppel-Beschäftigung vortrefflich in die Karten gespielt. „Ich wollte immer gerne als Lehrer arbeiten, so kann ich beide Bereiche prima miteinander verknüpfen“, so der Vielbeschäftigte.

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"Ich bin Fan, ich bleib Fußball-Asi"

Und der Malocher-Verein aus dem Essener Norden wird auch dieses „aushalten“. Nach einem Obst- und Gemüsegroßhändler, einem Großbäcker, einem falschen Doktor, einem Bundestagsabgeordneten oder einem insolvent gegangenen Verleger schmückt nun also ein Professor den Vereins-Briefkopf. Die Gefahr, dass RWE nun allzu sehr „vergeistigt“, scheint nicht gegeben. Ist übrigens auch so ein Klischee. „Es ist erwiesen, dass 70 Prozent unserer Besucher nicht aus dem Essener Norden kommen“, weiß Welling. Und auch, dass ein Geisteswissenschaftler die Rot-Weißen anführt, der sich ganz nebenbei dem Thema Fußball widme, muss niemand befürchten: „Ich bin Fan, ich bleib Fußball-Asi – mit Fußball bin ich sozialisiert worden“, betont der Ausgezeichnete. Also weiter Currywurst und Bier statt Kaviar und Schampus. Es ist sicherlich eine Win-win-Situation für beide Seiten. „Der Verein profitiert auch davon. Das Konzept für unsere Fußball-Schule wurde von Studenten entwickelt, und auch viele gemeinsame Projekte und Fan-Befragungen laufen über die Hochschule. Das machen sonst Beratungsagenturen – für viel Geld“, so der Vereinsboss. Inwieweit der Prof Türen öffnet auf Essener Vorstandsebene, bleibt abzuwarten. Schaden wird er sicherlich nicht.