Essen. Auch in den unteren Spielklassen drohen Absagen oder Geisterspiele. Für die Regionalligisten wäre das wirtschaftlich teilweise katastrophal.
Die Ausbreitung des Coronavirus könnte nicht nur Folgen für den Spielbetrieb im Profifußball haben. Auch in der Regionalliga drohen am kommenden Wochenende Spiele vor leeren Rängen oder gar ganze Absagen. Für viele Vereine wäre das ein schwerer Schlag, sind sie doch auf die Zuschauer-Einnahmen besonders angewiesen.
„Spiele ohne Zuschauer wären für uns immense, brutale wirtschaftliche Schläge. Das wären wirklich dramatisch hohe Einnahmeverluste“, sagt etwa Marcus Uhlig, Vorsitzender von Rot-Weiss Essen. Der Zuschauerschnitt an der Hafenstraße beträgt in dieser Saison 10.938, am Samstag soll eigentlich das Derby gegen die zweite Mannschaft des FC Schalke 04 gespielt werden. Nachdem NRW-Ministerpräsident Armin Laschet jedoch angekündigt hatte, der Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu folgen, Großveranstaltungen mit über 1000 Zuschauern zukünftig erst einmal abzusagen oder nur unter strengen Auflagen stattfinden zu lassen, herrscht auch bei den Amateurvereinen Ungewissheit. Letztendlich liegt die Entscheidung bei den örtlichen Gesundheitsämtern. „Wir warten auf verbindliche Signale aus der Politik und von den Behörden. Danach werden wir uns natürlich richten“, sagt Uhlig. Eine Ausfallversicherung haben die Mannschaften in der Regionalliga nicht. „So ein Fall ist im System nicht vorgesehen“, betont der RWE-Chef.
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Ein Bundesliga-Revierderby zwischen Dortmund und Schalke wäre als Geisterspiel bedauerlich, aus wirtschaftlicher Sicht für den BVB aber wohl zu verkraften. Das große Geld wird längst nicht mehr durch Stadionbesucher verdient. Anders sieht das in der Regionalliga aus, wo viele Vereine ums Überleben kämpfen – wie der Wuppertaler SV.
Ablehnung von Geisterspielen
„Ich hoffe, dass der Verband sich mit den Vereinen berät und uns unterstützt, um eine gemeinsame Lösung zu finden“, sagt Wuppertals Sportlicher Leiter Thomas Richter. Der WSV empfängt am Samstag den SV Lippstadt. Geisterspiele hält Richter für keine gute Idee, auch mit Blick auf die rund 500 Dauerkarteninhaber des Vereins. „Was soll man denen sagen?“, fragt sich Richter. Die Frage nach einer finanziellen Entschädigung für die Vereine im Falle von Geisterspielen konnte der Westdeutsche Fußballverband am Montag auf Anfrage dieser Redaktion nicht beantworten.
RWO "würde es überleben"
Rot-Weiß Oberhausen hat indes bereits die ersten Maßnahmen beschlossen. Der Vorverkauf für die restlichen drei Heimspiele dieser Regionalliga-Saison wurde am Montag gestoppt. „Sollte es so sein, dass nicht mehr als 1000 Zuschauer ins Stadion dürfen, dann würden wir alle Sponsoren und Dauerkarten-Inhaber reinlassen. Da wären wir dann knapp unter 1000 Menschen“, kündigt RWO-Präsident Hajo Sommers an – und bleibt angesichts der jüngsten Negativ-Ergebnisse gelassen: „Die Euphorie ist bei uns weg. Sollten die Spiele ohne Zuschauer stattfinden, wäre das ein Verlust von vielleicht 50.000 bis 60.000 Euro. Das würde natürlich Geld kosten, aber wir würden es überleben.“
Es könnten allerdings längst nicht alle Regionalligisten von den Bestimmungen zum Coronavirus betroffen sein. Denn der Zuschauerschnitt in der Liga schwankt beträchtlich. Während RWE, RWO, Alemannia Aachen und Co. stets eine vierstellige Zuschauerzahl haben, ist dies beim SV Bergisch Gladbach, beim SV Lippstadt oder bei den Zweitvertretungen der Bundesligisten kaum der Fall. Der SC Verl, die SF Lotte oder der TuS Haltern liegen knapp oberhalb oder unterhalb der 1000er-Marke – und stehen dadurch ebenfalls vor einem Problem. Soll bei 999 verkauften Karten ein Schnitt gemacht werden?
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Raimund Bertels, Präsident des SC Verl, plädiert deshalb für eine ligaweite Solidarität: „Es wäre Wettbewerbsverzerrung, wenn die großen Vereine ohne Zuschauer spielen müssten, wir und andere Teams aber vor Publikum spielen können. Wir sitzen alle in einem Boot.“ Zugleich wären vereinzelte Spielabsagen allerdings auch keine Ideallösung, denn die ohnehin bereits schiefe Tabelle der Regionalliga würde schließlich noch verzerrter.
Die Verler, derzeit Top-Kandidat auf die Teilnahme an den Relegationsspielen zum Aufstieg in die 3. Liga, gastieren am Samstag in Bergisch Gladbach. Die 1000-Zuschauer-Marke dürfte dort nicht fallen, ein reibungsloser Ablauf sollte theoretisch gewährleistet sein. „Für Solidarität sind wir aus Gründen eines vernünftigen Wettbewerbs aber immer“, sagt auch Gladbachs Sportlicher Leiter Christian Schlösser