Essen. . Die chinesische U20 soll in der Regionalliga mitspielen. Die Kooperation löst bei Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen Unbehagen aus.
- Die chinesische U20-Nationalmannschaft soll in der deutschen Regionalliga antreten
- Möglich macht dies eine Kooperation mit Fernost
- Die neue Regelung findet aber nicht nur RW Essen „befremdlich und diskutabel“
Michael Welling (45) schaute erst nach, ob er einem Satire-Magazin aufgesessen war.
War er nicht.
Dann blickte er auf den Kalender, ob sich in diesen Juni irgendwie der 1. April geschlichen hatte.
Hatte er nicht.
Also stimmte wohl, was der Präsident des Fußball-Regionalligisten Rot-Weiss Essen da las: Dass nämlich die U20-Nationalmannschaft Chinas künftig in der Südwest-Gruppe der vierten deutschen Liga mitspielen soll. Gegner dort unter anderem: Wormatia Worms, Waldhof Mannheim, TSV Steinbach.
Möglich wird das durch eine auf fünf Jahre angelegte Kooperation, die der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball-Liga (DFL) im November mit China vereinbart haben. Ziel auf der einen Seite: Chinas Fußball Richtung Weltklasse entwickeln. Auf der anderen Seite: Zugang zu einem Markt, vom dem sich deutsche Vereine so wunderbar viel Geld versprechen.
15 000 Euro für Freundschaftsspiele
Nun wird die von höchsten politischen Ebenen begleitete Zusammenarbeit konkret: Die U20 soll sich in Deutschland auf die Olympischen Spiele 2020 vorbereiten.
Die Junioren sollen außer Konkurrenz antreten und an jedem Wochenende zum jeweils spielfreien Klub der 19er-Liga reisen.
Auch interessant
Dafür gibt es chinesisches Geld: 15 000 bis 20 000 Euro für jedes Spiel. Quartier werden die Jünglinge in der Nähe von Heidelberg beziehen. Bei einer Tagung am 11. Juli wird die Liga über den Vorschlag befinden. Schon jetzt steht fest: Sie findet ihn gut. Es gibt ja Geld.
Ein bisschen fühlt man sich erinnert an die kubanische Nationalmannschaft, die 1999 für den damaligen Oberligisten Bonner SC auflaufen sollte, um sich auf den Karibik-Cup vorzubereiten.
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Die von Michael Welling zum Beispiel. Sein Klub spielt in der West-Gruppe der Regionalliga. Er nennt das Novum „befremdlich und diskutabel“. Er gehört zu den Traditionalisten in der Branche.
„Zuletzt hatten wir die Diskussion um den Auftritt von Helene Fischer, nun soll die U20 Chinas in der Regionalliga spielen. Ich glaube, dass sich der DFB damit keinen Gefallen tut“, sagt Welling und spielt auf den viel kritisierten Auftritt des Schlagerstars in der Halbzeit des DFB-Pokalfinals an. Ein Symbol der Kommerzialisierung war das für viele. Auch für Welling.
„In der Regionalliga gibt es dringendere Probleme als die Ausbildung chinesischer Jungnationalspieler“, sagt er. Er meint, dass der Meister der Liga nicht einmal sicher aufsteigt, weil er in eine Lotterie namens Relegation muss. Das macht die Liga zu einer Ansammlung gestrandeter Traditionsklubs.
RWE formulierte einen ironischen Beitrag für die Sozialen Medien. Darin unterbreitet der Klub den Vorschlag, die Regionalliga doch bitte schön auf 40 Starter aus aller Welt auszuweiten: „Aufgrund der Auswärtsspiele gerne mit Teilnehmern aus der Karibikregion.“
Gelächter überall.
Damit die Bayern Trikots verkaufen?
Ist ja auch ein lustiges Thema. Im Internet überboten sich Hobby-Humoristen gegenseitig. "You’ll never wok alone", schrieb einer, der nächste von Regionalliga süß-sauer. Aber den Vereinen ist es ernst. Essen sowieso, auch Rot-Weiß Oberhausen. "Die Regionalliga wird zu einer Kirmesliga, damit der FC Bayern München mehr Trikots in China verkaufen kann", wütet RWO-Präsident Hajo Sommers und stellt einen Vergleich an: "Normalerweise müssten dann auch die West-Regionalligisten Geld dafür bekommen, dass sie gegen die Nachwuchsteams der Bundesligisten antreten." Das sei auch eine Art der Ausbildung.
Sommers redet sich in Rage. Sein Unmut über den kuriosen China-Deal richtet sich gegen den DFB: "Dass wir unterhalb der 3. Liga nicht mehr ernst genommen werden, war mir schon lange klar", sagt er und wird noch deutlicher: "Das ist Kirmes, eine Verarschung. Warum sollen wir uns in Zukunft noch den Arsch aufreißen? Der DFB sieht die Regionalliga als Kirmesliga. Wenn es aber um die Vorschriften geht, wird genau hingeschaut", meint Sommers.
Kollege Welling fragt sich: „Was kommt als nächstes?“ Und hat schon einen Vorschlag, als er hört, dass Westfalia Rhynern die Lizenz für die Regionalliga West nicht erhält: „Macht also den Platz doch für die Inder frei.“