Duisburg. . Nach der 1:2-Niederlage gegen den FSV Frankfurt beleidigte Antonio da Silva mit einer obszönen Geste die Fans. Zuvor zeigte das Team eine armselige Vorstellung. Für Fortschritte muss der MSV allerdings mehr abliefern als 20 brauchbare Minuten.
Eine Handvoll Fans, die nach der 1:2-Niederlage gegen den FSV Frankfurt vor der Schauinslandreisen-Arena standen, erhielten einen Einblick, was ein Schicksalsschlag ist. Eine Niederlage im Fußball? Branimir Bajic verließ mit versteinertem Gesicht, den Kopf tief in einer Fellkapuze verpackt, die Arena. Der Kapitän des Zweitligisten MSV Duisburg verlor in der vergangenen Woche völlig unerwartet seinen Vater. Fußball ist da nur Nebensache. Trotzdem war Bajic bei der Mannschaft. Er konnte dem Team naturgemäß nicht helfen. Die Mannschaft ihm aber auch nicht.
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Andere Zuschauer traten mit anderen Eindrücken den Heimweg an. Die Fans auf der Haupttribüne nahmen als letztes Bild eine obszöne Geste von MSV-Mittelfeldspieler Antonio da Silva mit nach Hause. Im Gegensatz zu den übrigen MSV-Spielern ging der Brasilianer nicht nach Canossa, in diesem Fall war das die Fantribüne, sondern entschwand mit einer eindeutigen Handbewegung Richtung Fans in die Kabine, deren Türe MSV-Manager Ivo Grlic wenige Minuten zuvor laut ins Schloss hatte krachen lassen. Da Silva ist ein Wiederholungstäter, vor einigen Wochen hatte er seine Nicht-Einwechslung mit einem Fingerzeig an der Stirn kommentiert. Damals blieb das ohne ernsthafte Konsequenzen, diesmal dürfte das anders sein.
Dabei hat der MSV Duisburg schon genügend Baustellen. Auch gegen den FSV Frankfurt gingen die Zebras leer aus. Dabei stellten die Hessen an der Wedau keine Über-Mannschaft. „Mit zwei Aktionen haben sie uns besiegt. Das macht mich fassungslos“, so Manager Ivica Grlic. Vor allem das zweite Tor durch John Verhoek ließ die Verantwortlichen verzweifeln. Fälschlicherweise gingen die Duisburger von einer Abseitssituation aus. Die komplette Abwehr stellte die Arbeit ein, wartete auf den Schiedsrichterpfiff und sah zu, wie die Frankfurter zum 2:0 spazierten.
Am Samstag waren nur noch offiziell 8617 Zuschauer in der Arena – wobei kaum noch jemand über die „7“ am Ende lachen kann. Gegenüber der ersten Partie gegen Aalen hat der MSV schon knapp 6000 Zuschauer vergrault. Die treuesten der Treuen flüchteten sich angesichts der dargebotenen Minus-Leistung der Zebra-Profis in blanke Ironie. „Europapokal, Europapokal“, dröhnte es nach dem Rückstand aus dem Fanblock. Kurz darauf wurde ein donnerndes „Nie mehr zweite Liga“ angestimmt.
MSV-Lichtblick Julian Koch
Publikumsliebling Maurice Exslager wollte die Schmährufe nicht zu hoch hängen. „Die Häme auf den Rängen ist normal, wenn es schlecht läuft“, so „Exe“, der das passende Rezept alleine in Spielerhand sieht: „Wir dürfen uns nicht darauf konzentrieren, sondern müssen auf dem Platz alles geben. Wenn wir das tun, kommen die Erfolge und die Gesänge werden wieder positiv.“
Doch andererseits ist der Geduldsfaden beim Publikum mittlerweile so dünn wie der Faden eines Spinnennetzes. Als einziges Fußball-Profiteam in Deutschland ist der MSV zu Hause sieglos, die wankelmütige Spieler-Ansammlung dümpelt seit dem 1:4-Abschuss gegen Aalen auf dem 18. Platz. „Wenn du seit dem ersten Spieltag ganz am Ende stehst, dann ist das einfach Scheiße“, redet Exslager Klartext, „vom Kopf her wäre es einfacher, endlich Mal einen Heimsieg zu schaffen. Das 1:2 war ein Rückschritt, keine Frage.“
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Für Fortschritte muss der MSV allerdings mehr abliefern als 20 brauchbare Minuten gegen den FSV Frankfurt. „Ich habe bis auf die Endphase eine katastrophale Leistung gesehen“, schäumte Ivica Grlic, „wir haben alles vermissen lassen, was uns in Sandhausen ausgezeichnet hat.“ Grlic schob nach: „Für den Klassenerhalt musst du zu Hause punkten.“
Coach Kosta Runjaic hat bei seiner Mannschaft „zwei Gesichter“ ausgemacht. Auswärts akzeptabel, zu Hause miserabel. Grlic relativiert: „Seit dem Ingolstadt-Spiel kriegen wir es in der Arena leistungsmäßig nicht mehr hin.“
Vor allem das Defensivverhalten der Duisburger ist nach wie vor besorgniserregend. Ebenso das Vakuum im zentralen Mittelfeld, das weder Valeri Domovchiyski noch der als „Königstransfer“ angekündigte Toni da Silva beheben können. „Ich möchte nicht Einzelne extern kritisieren oder in die Pfanne hauen. Wir haben hinten grob fahrlässig gehandelt“, bilanzierte Runjaic und argumentierte: „Wir hatten mit Daniel Brosinski, Adli Lachheb, Dustin Bomheuer und Dzemo Berberovic nicht unsere eingespielte Viererkette zur Verfügung. Dazu sind wir in einer englischen Woche in Rückstand geraten, die Kraft fehlte, dazu steckte das Negativerlebnis in den Knochen.“
Einen Lichtblick gab es dann doch noch. Julian Koch – er kam in der 44. Minute für Berberovic – bereitete mit einem mustergültigen Pass den Anschlusstreffer vor. Sein Jubel hielt sich in Grenzen: „Es fällt mir schwer, über mich zu reden, wenn es der Mannschaft schlecht geht.“