Bielefeld/Duisburg. Trainer Boris Schommers verteidigt nach der 0:2-Niederlage bei Arminia Bielefeld seine Marschroute und glaubt weiter an die Rettung
Die Bosse verfolgten auf der Tribüne mit versteinerter Miene das Geschehen auf dem Platz der Schüco-Arena. Präsident Ingo Wald und Geschäftsführer Michael Preetz erlebten mit Entsetzen, wie die Drittliga-Fußballer des MSV Duisburg bei der 0:2 (0:2)-Niederlage im Abstiegsduell bei Arminia Bielefeld die Tür zur Regionalliga weit aufrissen. Die fast 4000 mitgereisten Zebra-Fans pfiffen und schimpften. Kapitän Marvin Knoll stellte sich nach der Partie der Kritik der Anhänger. Michael Preetz sagte nach dem Spiel: „Die Leistung in der zweiten Halbzeit war indiskutabel.“
Torwart Vincent Müller sprach nach der Partie Klartext. „Mit so einer Einstellung brauchst Du nicht nach Essen zu fahren“, sagte der 23-Jährige mit Blick auf die nächste Aufgabe bei RWE am kommenden Sonntag (16.30 Uhr, Hafenstraße). Müller: „Spielerisch sind die natürlich Phasen besser als Bielefeld.“ Müller sagte an einem Ostersonntag mit Karfreitagsstimmung auch: „In der zweiten Halbzeit war das vom Antrieb her deutlich zu wenig. Wir wissen, was wir eigentlich können, aber wir waren einfach zu passiv und zu langsam. Dann gewinnst Du hier auch nicht und holst auch keine Punkte.“
Nach Beginn der zweiten Halbzeit wuchs auf den Rängen, auf denen die Fans ihrer Mannschaft zuvor bedingungslose Unterstützung zuteil werden ließen, der Unmut. Sie erlebten ein unerfreuliches Déjà-vu. Schon bei der 0:1-Niederlage im Hinspiel im Oktober, dem Ligadebüt von Trainer Boris Schommers, konnten sich die Ostwestfalen nach der Pause den Ball ungehindert vor dem eigenen Strafraum zuspielen, ohne dass die Duisburger angriffen. Dies wiederholte sich nun beim Wiedersehen auf der Alm. Dies konterkarierte Ahmet Engin, bezeichnenderweise genau an der Stelle, an der er im November 2018 beim letzten Erfolg der Meidericher in Bielefeld (1:0) seinen Siegtreffer zelebriert hatte, indem er die Fans mit rudernden Armen anpeitschte. Der Flügelspieler war in der ersten Phase nach Pause der einzige Spieler, der „Sturm und Drang“ auf dem Platz auslebte.
Trainer Boris Schommers verteidigte später seine Marschroute: Die Passivität nach dem Wechsel war offenbar gewollt. „Das war meine Idee. Und da bin ich sehr froh, dass meine Mannschaft diese Thematik auch umgesetzt hat“, sagte der 45-Jährige nach der Partie. Er wollte auf Kompaktheit setzen, nicht ins offene Messer laufen und ab der 60. Minute schrittweise die Schlagzahl erhöhen. Ein offenes Visier war beim Stand von 0:2 also zunächst nicht gefragt. Aber auch in den letzten 36 Minuten inklusive Nachspielzeit mussten sich die Arminen nicht mehr fürchten. Der einzige Abschluss ging auf das Konto des unermüdlich kämpfenden Thomas Pledl, der aus 18 Metern allerdings weit über das Tor traf.
Das Duisburger Feuer war schnell erloschen
Das Feuer im Spiel war früh erloschen. In den ersten Minuten ging es auf dem Rasen noch turbulent zu. Erst bewahrte Torwart Vincent Müller sein Team mit zwei starken Paraden vor einem frühen Rückstand. Danach verpassten Daniel Ginczek per Kopf und Ahmet Engin per Nachschuss die Duisburger Führung. Damit ist die Geschichte der Duisburger Tormöglichkeiten auf der Alm an dieser Stelle auch schon erzählt. Bielefeld riss das Spiel an sich und lebte den Abstiegskampf. „Für Bielefeld ging es um alles“, sagte der Coach nach der Partie. Vor dem Hintergrund der Tabellensituation – der MSV lag vor dem Anpfiff vier Punkte hinter den Ostwestfalen – hätte es für die Meidericher indes um deutlich mehr gehen müssen.
Im richtungsweisenden Match erreichte der MSV die vom Trainer geforderte Kompaktheit erst, als es schon zu spät war. Santiago Castaneda brach früh im defensiven Mittelfeld weg. Der US-Boy ging zu ungestüm seiner Arbeit nach und war mit einer gelben Karte schnell angezählt. Castaneda hatte Glück, dass er erst im Zuge einen Wechsels – in der 40. Minute kam Erik Zenga für ihn in die Partie – den Platz verließ. Schiedsrichter Robert Kampka war da unlängst beim Platzverweis gegen Joshua Bitter in Münster deutlich härter gewesen.
Vor dem 1:0 durch Leon Schneider hatte Castaneda schon das Kopfballduell gegen Fabian Klos verloren. Beim 2:0 gegen Klos kamen Tobias Fleckstein und Marvin Senger, der den Vorzug gegenüber Ex-Doppel-Rotsünder Bitter erhalten hatte, zu spät. Als Bielefeld 2:0 führte, ließ der Druck der Gastgeber nach – warum auch nicht. Der MSV brachte im Angriff aber zu wenig Power auf die Platte. Nach seiner Torchance konnte Daniel Ginczek nichts mehr bewegen. Alexander Esswein war auf das triste Hinrunden-Niveau zurückgekehrt. Thomas Pledl arbeitete viel, aber ohne Effizienz. Schienenspieler Niklas Kölle war auf der linken Seite abgemeldet. Kolja Pusch, Tim Köther und Robin Müller brachten als Einwechselspieler mit Fachwissen im Offensivbereich keinen nachhaltigen Schwung.
So sehr Boris Schommers, der die Duisburger Leistung in Bielefeld als „gut“ bezeichnete, seine taktische Marschroute nach der Pause verteidigte, so versuchte der Fußball-Lehrer nach der Partie auch die Hoffnung auf den Klassenerhalt aufrecht zu erhalten. Der Rückstand zu Platz 16, den nun der in Dortmund siegreiche SV Waldhof Mannheim (2:1) belegt, beträgt sieben Spieltage vor dem Saisonende fünf Punkte. „Ich sehe immer noch den absoluten Glauben und die Hoffnung, dass wir den Klassenerhalt schaffen werden“, so Schommers. 21 Punkte seien noch zu vergeben. Schommers: „Das sind mehr als genug, die wir noch brauchen.“