Rostock. Der MSV Duisburg behauptet mit einem 2:1-Sieg in Rostock die Tabellenführung. Sorgen um Tim Albutat trüben die Freude.
Trainer Jens Härtel hatte der 2:1 (0:0)-Sieg des Fußball-Drittliga-Spitzenreiters aus Duisburg komplett genervt. Bei der Pressekonferenz ließ sich der Rostocker Fußballlehrer zu einem kleinen Seitenhieb hinreißen. Die Möglichkeiten zur Erholung während der Länderspielpause bedenkend, sagte Härtel: „Ich wünsche Duisburg für die kommenden Wochen viel Glück. Ihr habt ja keine Landespokalaufgabe mehr.“
Der MSV Duisburg war vor ein paar Wochen blamabel in diesem Wettbewerb ausgeschieden. Zur Aufarbeitung des am Samstag Erlebten, könnte sich Härtel mit Michael Schiele aus Würzburg und dem Uerdinger Daniel Steuernagel zu einer Selbsthilfegruppe zusammenschließen. Alle drei können dann zusammen nach der Antwort auf die Frage suchen: Wie konnte uns das denn gegen den MSV passieren?
Der Ablauf des inzwischen vierten Sieges in Folge für den Spielverein und der erfolgreich verteidigten Tabellenführung lässt sich in etwa so zusammenfassen: Der Gegner machte erst das Spiel, der MSV nachher die Tore. Hansa Rostock hatte lange viel im Griff, der MSV hatte alle Punkte. So war es auch gegen Würzburg und ebenfalls gegen den KFC. Das Geheimnis der Zebras lautet: Die Mannschaft ist so herrlich effizient.
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MSV-Trainer Torsten Lieberknecht räumte ein, dass man in der ersten Halbzeit vor den 13.732 Fans „fahrlässig“ gespielt habe. „Man hatte den Eindruck, jeder verlässt sich auf den nächsten und es wird schon gut gehen.“ Die Messe im Ostsee-Stadion hätte schon gelesen sein können, bevor die Zebras überhaupt das Gebetbuch aufgeschlagen hatten.
Scepanik trifft per Seitfallzieher
Torhüter Leo Weinkauf hielt freilich mit segensreichen Paraden den MSV im Spiel. Einen Schuss von Nico Neidhart wischte er übers Tor. Eine Doppelchance durch Pascal Breier und Nik Omladic (19.) vereitelte der Keeper doppelt bravourös. Dann stufte er ein Solo von Aaron Opoku (28.) zu einem Eckball herab. Den Kopfball von Max Reinthaler Sekunden später wehrte Weinkauf mit einem Reflex ab.
Gerade wollte der UN-Sicherheitsrat den MSV-Strafraum zu einem Krisengebiet erklären, da pfiff der Unparteiische zur Pause. Torsten Lieberknecht fand die richtigen Worte beim Teegespräch. Das sah auch Kapitän Moritz Stoppelkamp so: „Die erste Halbzeit war schlecht. Das hat der Trainer auch klar angesprochen.“
Lieberknecht traf zudem die richtige Entscheidung und betonte die Wichtigkeit der Auswechselungen. Lieberknecht sprach von „frischem Wind“. Zunächst kam für Lukas Daschner der lange verletzte Lukas Scepanik. Diese Maßnahme beurteilte Stoppelkamp anders als sein Chef: „Daschi spielt so eine überragende Saison. Ich denke, dann darf man Daschi nicht rausnehmen. Wir haben alle bis auf Leo schlecht gespielt.“
Lieberknecht gab zu, es hätte auch andere treffen können. Lukas Daschner nahm er raus, weil der gemeinhin überragende Liebling der Fans viele Bälle an den Schaltstellen für mögliche Konter verloren hatte. Zudem traf dann Lukas Scepanik mit einem Seitfallzieher nach einer Flanke von Moritz Stoppelkamp zum 1:0. Scepanik hatte Spaß: „Das erste Tor und dann noch so eine schönes.“
Die Freude über den Treffer hielt nur drei Minuten, dann glich Nathan Nartey mit einem wuchtigen Schuss aus elf Metern aus. Es folgten zwei weitere Schrecksekunden in einem Moment. Eine ohne Folgen, die andere mit. Bei einem Duell im Strafraum gingen Rostocks Omladic und Tim Albutat zu Boden. Da hätte man aus Hansa-Sicht Elfmeter pfeifen können. Tobias Reichel tat es nicht, ohne damit echt falsch zu liegen. Der sehr starke Albutat musste danach mit einer Blessur am Fußgelenk raus. „Er hat irgendwas knacken hören“, berichtete Lieberknecht.
Man muss hoffen, dass sich Albutat verhört hat. Bei Spielschluss sei Albutat optimistischer gewesen, als beim gestützten Gang in die Kabine. Eine längere Pause des Chefspielers würde schmerzen. Für Albutat kam Petar Sliskovic, dafür rückte Scepanik ein Stück zurück. Lieberknecht signalisierte, ein Punkt ist gut, ist aber angesichts der klar besseren zweiten Halbzeit nicht gut genug.
Engin bereitet 2:1 vor
Vincent Vermeij erfüllte den Wunsch. Nach einer Flanke des ebenfalls eingewechselten Ahmet Engin köpfte er den Ball gegen den Innenpfosten, die Kugel rollte dann in aller Seelenruhe die Torlinie entlang und auf der anderen Seite ins Netz. Vermeij hatte schon den Fluch über das vermeintliche Pech auf den Lippen, jubelte dann aber lieber. So ungläubig wie der Niederländer in diesem Moment des Glücks schaute, blickte Rostocks Trainer Jens Härtel noch lange angesichts den Ungemachs und suchte wortreich nach Erklärungen.
Aus Duisburger Sicht lässt sich die Partie auch so zusammenfassen, wie es Joshua Bitter auf dem Weg in die Kabine tat. Der Abwehrmann schlug mit der Hand gegen die Wand und rief laut: „Yeah!“ Die Fans fügen derzeit hinzu: „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“