Duisburg. Der MSV Duisburg hat den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga geschafft. Im Interview verrät MSV-Sportdirektor Ivica Grlic das Ziel der Zebras.
Trotz des guten Saison, die Aufsteiger MSV Duisburg mit dem siebten Tabellenplatz in der 2. Liga erreicht hat, bleiben die Verantwortlichen auf dem Boden der Realität. Zum Angriff auf die Spitzenplätze sieht Manager Ivica Grlic (42) keinen Ansatz. „Das machen wir nicht“, sagt der ehemalige Nationalspieler von Bosnien-Herzegowina. Was Grlic mit dem MSV Duisburg vorhat, verrät er im RevierSport-Interview.
Herr Grlic, hatten Sie zwischendurch Zweifel, dass es ähnlich wie beim Relegations-K.o. gegen Würzburg vor zwei Jahren auch diesmal sportlich nicht reichen könnte?
Ivica Grlic: Nein. Ich habe vorher immer gesagt: Wenn wir es am letzten Spieltag aus eigener Kraft schaffen können, den Klassenerhalt zu schaffen, dann haben wir alles richtig gemacht. Was man nicht vergessen darf: Unser Etat von 7,5 Millionen Euro zählt mit zu den kleinsten in der 2. Liga. Andere Vereine, die in der Tabelle hinter uns gelandet sind, hatten ein deutlich höheres, teils mehr als das doppelte an Budget.
Also der 1. FC Kaiserslautern…
Grlic: Zum Beispiel. Oder Eintracht Braunschweig. Da sprechen wir über ganz andere Summen und Möglichkeiten. Wir haben es geschafft, mit unseren überschaubaren finanziellen Mitteln eine Mannschaft zu formen, die sich a.) mit dem Verein identifiziert und b.) auch schönen Fußball spielen kann. Wir haben natürlich Spiele wie das 1:0 in Sandhausen gehabt, in denen es nur über den Kampf ging, und es gab auch einige extrem hohe Niederlagen. Aber unter dem Strich hat es die Mannschaft hervorragend gemacht. Gerade Ende April war der Druck vor dem Spiel bei Mitkonkurrent Aue sehr hoch. Unsere Leistung war beim 3:1-Sieg sehr souverän. Aus den letzten vier Spielen haben wir noch einmal zehn Punkte geholt. Das war beachtlich.
Was haben Sie besser gemacht als vor zwei Jahren?
Grlic: Natürlich spielt es eine ganz große Rolle, dass wir diesmal von großen Verletzungen verschont geblieben sind. Als wir 2016 abgestiegen sind, hatten wir fast die gesamte Vorrunde über sieben, acht Spieler, die dauerhaft ausgefallen sind. Wir haben seinerzeit eine starke Rückrunde gespielt, hatten aber zu spät alle Mann an Bord. In dieser Saison hatten wir auch das Quäntchen Glück, dass es keine großen personellen Rückschläge gab. Dazu kommt: Wir haben vielen Spielern das Vertrauen geschenkt, die mit uns den Aufstieg geschafft und die sich dann auch weiterentwickelt haben.
Mit dem aus Karlsruhe geholten Offensivspieler Moritz Stoppelkamp haben Sie zudem einen wichtigen Mosaikstein eingesetzt.
Grlic: Stoppel ist der einzige Profi bei uns im Kader, der extrem viel Zweitliga-Erfahrung hat und auch schon in der ersten Liga gespielt hat. Er spielt eine wichtige Rolle. Aber wir haben mit Cauly Souza, Gerrit Nauber, Lukas Fröde und Borys Tachchy auch neue Spieler dabei, die sich hier extrem weiterentwickelt und den nächsten Step gemacht haben.
Folgt in der Saison 2018/2019 wieder ein neuer Schritt in der Entwicklung?
Grlic: Es geht für jeden Einzelnen und uns als Team darum, die gebrachte Leistung auch in der kommenden Serie zu bestätigen. Es ist einfach, nach oben zu kommen. Sich dann aber oben festzubeißen, das ist die eigentliche Herausforderung. Es gibt ja die Fußball-Weisheit, dass die zweite Saison für einen Aufsteiger die schwierigste ist. Ich denke, da ist etwas dran. Deswegen wird unser Ziel erneut Klassenerhalt sein.
Also kein Angriff auf die Spitzengruppe?
Grlic: Wir machen das nicht. Unser Ziel ist es, dass wir uns in der 2. Liga etablieren. Alles andere wäre für uns utopisch.
Der Schulden-Abbau kann dem MSV nur in der 2. Liga gelingen, oder?
Grlic: In der 3. Liga kannst du keine Verbindlichkeiten abbauen. Wir müssen und wollen weiterhin Schulden tilgen, sind da auf einem sehr, sehr guten Weg, auch, was die Außendarstellung des MSV angeht. Der Verkauf von Torwart Mark Flekken zum SC Freiburg bringt uns zum einen Geld ein und ist gleichzeitig Bestätigung für unsere Arbeit im Sport, im Vorstand, den Gremien und der Geschäftsführung – und damit auch Werbung für uns.
Quillt Ihr E-Mail-Fach in der Sommerpause vor lauter Spieler-Angeboten über?
Grlic: Es ist immer gleich. Das zieht sich durch das ganze Jahr und beschränkt sich nicht nur auf die Transferperiode. Was mich jetzt nach dem Wechsel von Mark Flekken ein Stück weit überrascht hat: Ich wusste gar nicht, dass so viele Torhüter auf dem Markt sind. Da wirst du jeden Tag mit 20 bis 30 Angeboten bombardiert.
Wie ist der Stand bei der Torwart-Suche?
Grlic: Wir haben da keine Kopfschmerzen, sondern sind ganz entspannt und befinden uns in Gesprächen. Ich glaube zudem, dass wir mit Daniel Davari auch einen Torwart im Kader haben, der die Nummer eins werden könnte.
Sie sind im Sommer 2004 als Spieler aus Aachen nach Duisburg gekommen und biegen jetzt in ihr 15. Jahr beim MSV ein. Wie hat sich der Verein in dem Zeitraum verändert?
Grlic: Der damalige Präsident Walter Hellmich hat mich aus Aachen geholt. Er war sehr hartnäckig und hat sich über ein Jahr um mich bemüht. Damals war die schauinsland-reisen-Arena zu Saisonbeginn noch in der Bauphase und wurde dann während der Spielzeit fertiggestellt. Es ist schwierig, meine aktive Zeit mit der jetzigen Zeit zu vergleichen. Wir haben früher oben mitgespielt und auch zwei Bundesliga-Aufstiege geschafft. 2011 habe ich den Posten des Sport-Direktors übernommen. Da war die finanzielle Situation schon nicht ganz so einfach. 2013 kam dann der Lizenzentzug, der sehr vieles verändert hat.
Es gibt leichtere Starts in eine Manager-Laufbahn.
Grlic: Im Prinzip war das learning by doing, was ich da gemacht habe. Kollegen konnten mir seinerzeit nicht helfen oder Tipps geben, weil niemand im deutschen Profi-Fußball so eine Situation zuvor schon einmal erlebt hatte. Ohne den Mut und den Willen unserer Fans und Sponsoren sowie den Verzicht unserer Gläubiger hätten wir es nicht geschafft. Dafür sind wir auch heute noch sehr dankbar. Wir haben damals viel gelernt, was uns heute hilft: Auch, wenn es mal eine Krise gibt, schmeißt einen das nicht um. Weil man immer einordnen kann, dass es noch weitaus schlimmere Situationen gibt.