Duisburg. MSV-Sportdirektor Ivica Grlic zeigt sich im Interview zufrieden. Er sagt aber auch: „Dreimal Unentschieden in der Arena – das ist zu wenig.“
- Ivica Grlic ist mit der Art und Weise, wie sich der Duisburger Aufsteiger in der 2. Bundesliga präsentiert, sehr zufrieden
- Der Sportdirektor der Zebras betont: „Der Erfolg ist das A und O und nicht die B-Note für die künstlerische Ausführung“
- Veränderungen am Kader wird es in der Winterpause wohl nicht geben – es sei denn, Bröker und Özbek finden neue Klubs
Am Mittwoch wurde die Saison in der 2. Fußball-Bundesliga genau 100 Tage alt. Zeit für eine Zwischenbilanz beim Aufsteiger MSV Duisburg. Hermann Kewitz sprach auf dem Trainingsgelände in Meiderich mit dem Sportdirektor der Zebras, Ivica Grlic, über bereits Erreichtes, Lerneffekte und Ziele des Neulings.
Wie fällt Ihre Bilanz nach 100 Tagen in der Zweiten Liga aus?
Ivica Grlic: Ich glaube, dass man sehr zufrieden damit sein kann, wie sich die Mannschaft präsentiert. Mit ihr können wir unser Ziel, den Klassenerhalt, erreichen.
Was heißt, wie sich die Mannschaft präsentiert?
Grlic: Wir haben am Anfang der Saison sehr euphorisch mit viel Offensivfußball gespielt. Das beste Beispiel dafür ist das Nürnberg-Spiel. Das nackte Ergebnis 1:6 spiegelt die 90 Minuten überhaupt nicht wider. Da hat jeder gesehen, der im Stadion war: Wir waren auf keinen Fall die schlechtere Mannschaft. In Düsseldorf wäre nach einem 0:2 nach sechs Minuten manche Mannschaft untergegangen. Wir haben dem Spitzenreiter Paroli geboten und auch die besseren Tormöglichkeiten gehabt.
Allerdings gingen beide Spiele verloren . . .
Grlic: Wir haben in manchen Spielen die Defensivarbeit vergessen. Da hat die Mannschaft gelernt. In den letzten vier Spielen haben wir nur ein Gegentor bekommen.
War das Düsseldorf-Spiel ein heilsamer Schock?
Grlic: Ob Düsseldorf das Spiel war, das uns auf die richtige Bahn gebracht hat, das lasse ich mal dahingestellt. Wir analysieren jedes Spiel und versuchen, es besser zu machen. Wir waren zuletzt sehr effektiv und haben aus wenig Möglichkeiten fast das Maximum rausgeholt. Wenn wir jetzt die gesunde Mischung zwischen attraktivem Offensivfußball und guter Arbeit in der Defensive finden, dann ist es das, was unsere Mannschaft auszeichnet, wobei der Erfolg das A und O ist und nicht die B-Note für die künstlerische Ausführung.
Was ist mit dem Sturm? Der MSV hängt offensiv im Augenblick sehr von Moritz Stoppelkamp ab.
Grlic: Borys Tashchy war nach seiner Verletzung sehr lange nicht schmerzfrei. In Sandhausen war das erste Spiel, das er zu 99 Prozent ohne Schmerzen gespielt hat. Da hat man gesehen, dass er extrem wichtig ist, wie er spielt und wie er sich gibt.
Natürlich haben Stanislav Iljutcenko, Kingsley Onuegbu oder Simon Brandstetter weiter die Möglichkeit, sich zu zeigen. Stürmer werden an Toren gemessen – und sie arbeiten daran, die Quote zu verbessern. Dazu ist noch Zeit genug. Was ich sagen will: Alle vier haben unser vollstes Vertrauen.
Gibt es so etwas wie einen Marschplan und wie liegt der MSV da?
Grlic: Wir haben eine Art Jahresplan. Da schaut man schon, wo man einen Punkt holen könnte und wo es vielleicht schwerer wird. Man muss aber auch bedenken: Viel hängt von der Tagesform ab. Die Spieler sind ja keine Maschinen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind wir komplett im Plan. Wir wollen weiter stetig punkten, damit wir am Ende über dem Strich sind und am 34. Spieltag unser Ziel, den Klassenerhalt, erreicht haben.
Wirklich? Wollen Sie nicht noch ein bisschen höher klettern als Platz zwölf, den der MSV jetzt hat?
Grlic: In dieser Saison zählt nur der Klassenerhalt. Niemand hat was dagegen, wenn wir weiter oben stehen. Aber unser Ziel ist allein der Klassenerhalt. Wir müssen das erste Jahr überstehen, um dann den nächsten Step machen zu können.
Zurück zum Marschplan: Da steht sicher nicht drin, dass zu Hause ein Punkt reicht?
Grlic: Dreimal Unentschieden in der Arena – das ist zu wenig für uns. Jetzt gilt es gegen Aue den ersten Dreier einzufahren.
Woran liegt es, dass der MSV in sieben Heimspielen keinen vollen Erfolg landen konnte?
Grlic: Ich glaube, dass am Anfang der Saison die Mannschaft die Erwartungshaltung hatte, zu Hause mit Offensivfußball die eigenen Zuschauer begeistern zu wollen.
Wenn man dann ausgekontert wird, ist das nicht prickelnd. Man sieht: Auswärts haben wir 13 Punkte geholt. Da kommen wir mit einem Konterspiel gut zurecht. Ich denke, dass man auswärts und zu Hause fast dieselbe Taktik spielen kann.
Sind die beiden nächsten Heimspiele gegen Aue und Fürth leichter als zum Beispiel das Spiel gegen Union Berlin?
Grlic: Da täuscht man sich, auch wenn wir gegen direkte Konkurrenten spielen und die Mannschaften vielleicht von der Papierform anderes einzuschätzen sind als Union Berlin. Man darf nicht vergessen: Wir kommen aus der dritten Liga, Aue und Fürth nicht. Andererseits: Wenn der MSV einen sehr guten Tag hat, kann er jeden Gegner schlagen.
Wird sich der MSV zur Winterpause verstärken?
Grlic: Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit: Nein. Ich würde sagen 10 zu 90. Zum einen können wir uns das finanziell nicht leisten. Außerdem sage ich nicht unbedingt: Wir suchen für diese oder jene Position einen Spieler. Denn ich vertraue unserer Mannschaft komplett. Wenn es im Winter Abgänge geben sollte, dann sind wir bei den zehn Prozent angekommen.
Sie meinen Baris Özbek und Thomas Bröker, die keine Rolle mehr spielen . . .
Grlic: Das ist so. Ich kenne ja meinen Etat.
Wie wahrscheinlich ist es, dass sie neue Vereine finden?
Grlic: Das wird sehr schwierig. Es gab im Sommer einige Anfragen, die abgelehnt worden sind. Ich glaube aber, dass auch da jetzt ein Umdenken stattgefunden hat. Ich hoffe für die Spieler, dass sie im Winter was finden und sich zeigen können, damit sie wieder Fußball spielen können.
Könnte nicht der Präsident einen größeren finanziellen Spielraum geben?
Grlic: Nein, Ich bin nicht der Typ, der fordert, was unmöglich ist. Ich kenne unsere finanzielle Situation. Ich weiß, dass wir uns nicht neu verschulden dürfen. Deswegen bringt es nichts, Druck auszuüben. Ich habe immer gesagt: Ich arbeite mit dem, was wir zur Verfügung haben. Ich habe noch nie Ausreden, billige Entschuldigungen und Alibis gesucht – weder als Spieler noch jetzt als Sportdirektor.