Duisburg. Der MSV Duisburg will sich in der 2. Bundesliga festigen. Zum zweiten Mal. Im Interview erklärt Trainer Ilia Gruev, wie das funktionieren soll.

Ilia Gruev, welchen Eindruck haben Sie nach der Vorbereitung von Ihrer Mannschaft?

Ilia Gruev: Wir haben in den Bereichen Fitness, Technik und Taktik das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Hinter meinen Spielern liegt ein sehr hartes Programm, aber das haben sie gut absolviert. Sie sind sehr belastbar. Was für uns natürlich nicht positiv ist: Zlatko Janjic und Tim Albutat haben sich verletzt. Das waren Rückschläge für die Spieler und für uns als Mannschaft insgesamt.

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Wie kann man diese beiden Spieler ersetzen?

Gruev: Das ist schwierig, da jeder seine besonderen Fähigkeiten hat. Tim Albutat ist im Mittelfeld als Sechser oder Achter einsetzbar, Zlatko Janjic ist derjenige, der auf dem Flügel und als Hängende Spitze spielen kann. Wenn sich ein Spieler, der in guter Verfassung ist, verletzt, ist es besonders schwierig, ihn zu ersetzen. Tim war zum Beispiel zuletzt im Trainingslager in einer super Verfassung, Zlatko hat sich leider schon früh verletzt.

Welchen Eindruck haben Sie von den neuen Spielern?

Gruev: Wir haben bei der Verpflichtung neuer Spieler darauf Wert gelegt, dass sie bewusst zum MSV wollen. Wir wollten nicht zweite Wahl sein, sondern das erklärte Ziel. Das ist uns auch bei allen gelungen. Das war allerdings nur einer von zwei Aspekten. Der zweite war, dass wir Spieler holen, die in den letzten Jahren immer gespielt und nicht auf der Bank gesessen haben, nicht verletzt waren. Demnach haben wir meiner Meinung nach gute Leute hinzubekommen. Dass sie sich für uns entschieden haben, spricht natürlich für uns.

Welche Erkenntnisse haben Sie im Trainingslager in Österreich gewonnen?

Gruev: In St. Johann haben wir sehr intensiv trainiert, die Zeit dort aber auch für viele Gespräche mit den Spielern genutzt – sowohl mit den neuen als auch mit den vorhandenen Spielern. Mein Trainerteam und ich stehen für eine ausgeprägte Kommunikation, daher war diese Zeit für uns sehr wichtig. Die Jungs haben mitgezogen und das umgesetzt, was ich wollte. Das hat mir sehr gut gefallen.

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Mit welcher taktischen Ausrichtung planen Sie?

Gruev: Wir wollen vor allem flexibel sein. Das bedeutet aber nicht, dass wir fünf verschiedene Systeme beherrschen müssen. Mir reichen zwei bis drei. In den Testspielen haben wir in einem 4-4-2, teilweise auch im 4-2-3-1 gespielt. Außerdem haben wir einige Male mit einem 5-4-1 gespielt. Es hat bisher gut geklappt.

Sie verwenden in Zusammenhang mit dem Auftreten Ihrer Mannschaft oft das Wort „seriös“.

Gruev: Ja. Das Wort verwenden auch meine Spieler öfter. Sie wissen, dass ich es gern höre und sage. Das hat sich bei den Ansprachen ergeben und sich dann verfestigt. Wir haben in der vergangenen Saison in der Liga und im Pokal bewiesen, dass wir es verstehen, so aufzutreten, wie wir es uns selbst vorgenommen haben. Seriös eben – unabhängig von der Qualität des Gegners. Dadurch sind wir in der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen worden. Das ist in meinen Augen eine gute Sache und zeigt mir, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.

Zuletzt lief der Wechsel der Kapitänsbinde von Branimir Bajic zu Kevin Wolze geräuschlos ab. Das hat man bei anderen Vereinen schon anders erlebt...

Gruev: Ich weiß nicht genau, wie es in anderen Mannschaften funktioniert. Aber ich kann sagen, dass es wohl selten eine Beziehung zwischen dem Trainer und einem Spieler gab wie zwischen Branimir und mir. Wir kennen uns sehr gut und können über viele Sachen offen sprechen. Dafür ist er genau der richtige Typ. Wir haben sehr oft darüber gesprochen, dass er die Kapitänsbinde abgibt. Er wollte unbedingt einen neuen Impuls für die Mannschaft geben und hat gesagt, dass dafür jetzt die Zeit gekommen ist.

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Und warum jetzt?

Gruev: Wir haben ihm angeboten, dass er in der nächsten Saison Kapitän bleibt. Er hat uns aber zu verstehen gegeben, dass er den Wechsel jetzt vollziehen möchte. Er will erreichen, dass andere Spieler Verantwortung übernehmen und dabei im Hintergrund unterstützen. Damit hat er auch mich überzeugt. Ich finde das richtig gut von ihm. Das ist für mich nachhaltige Führungsarbeit.

Welche Führungsqualitäten bringen Kevin Wolze und sein Stellvertreter Fabian Schnellhardt mit?

Gruev: Kevin ist schon lange beim MSV und genießt im ganzen Verein eine hohe Wertschätzung. Er kennt hier alles, ist eine Identifikationsfigur. Dementsprechend ist er jetzt reif dafür. Er wird diese Rolle gut ausführen. Das kann ich deshalb voller Überzeugung sagen, weil ich auch in der Vorbereitung wieder gesehen habe, wie er sich verhält. Bei Schnelli (Fabian Schnellhardt, Anm. d. Red.) ist es etwas anderes. Er ist noch jung, hat aber eine zentrale Position im Spiel. In der Mannschaft genießt er eine hohe Wertschätzung und ist ein Führungsspieler. Aber ein anderer Typ.

Wie meinen Sie das?

Gruev: Es gibt Spieler, die durch ihr Auftreten Führungsspieler sind. So einer ist Fabian Schnellhardt. Er hat uns signalisiert, dass er sich persönlich weiterentwickeln will. Das bedeutet für ihn, dass er zur Führungspersönlichkeit reifen möchte. Dazu gehört auch, dass er noch mehr spricht, sich selbst noch mehr hervorhebt. Ich bin überzeugt, dass ihm das gelingen wird.

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Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Mannschaft in der kommenden Saison zu führen. Es geht schließlich um ein ganz anderes Ziel. Wie schwierig ist das?

Gruev: Ich sehe das etwas anders. Schauen Sie: In der letzten Saison waren wir lange Tabellenführer. Ich habe meine Spieler gefragt, wer schon einmal mit einer Männermannschaft Erster war. Es waren zwei. Also war es für fast alle eine komplett neue Situation. Und eine besondere noch dazu. Wir waren zwar Erster, aber sobald wir mal unentschieden gespielt haben, kam sofort Unruhe auf. Dann haben die Jungs sich schon gefragt, was da los ist. Jetzt ergibt sich die Situation, die nicht viel anders ist als die in der vergangenen Spielzeit. Das gilt für uns, ganz gleich ob wir um den Aufstieg oder gegen den Abstieg spielen: Wir wollen seriös auftreten.

Wie sehen Sie die Chancen für Ihre Mannschaft, den Klassenerhalt zu schaffen?

Gruev: Wir müssen uns auf keinen Fall verstecken. Wir sind dank einer konstanten Leistung aufgestiegen. Klar, jetzt kommen wir in eine höhere Liga, die Mannschaften haben eine höhere Qualität. Fakt ist auch, dass wir im Vergleich zu den anderen einen eher kleinen Etat haben. Wir müssen daher umso mehr kämpfen. Aber das musste der MSV eigentlich immer, das nehmen wir alle an. Dementsprechend wollen wir uns präsentieren – ganz nach unserem Motto: Brust raus für Duisburg.

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Es hat trotz der Konstanz in der letzten Saison einige Störgeräusche seitens der Fans gegeben. Nämlich dann, wenn es kleine Rückschläge gab. Wie hat die Mannschaft das verarbeitet und welche Rolle können die Zuschauer in der kommenden Saison spielen?

Gruev: Am Ende wird es wichtig sein, dass die Fans zufrieden sind. In der letzten Saison haben wir es geschafft und konnten den Mai in vollen Zügen genießen. Davor gab es auch mal kritische Stimmen. Es kann und wird immer passieren, dass Ergebnisse, die für uns nicht so toll sind, von den Fans viel emotionaler aufgenommen werden. Das muss uns bewusst sein, und davon dürfen wir uns nicht beeinflussen lassen. Aber klar ist auch: Wir brauchen die Unterstützung der Fans, sie sind immer ein ganz entscheidender Faktor - und darauf setzen wir.

Was halten Sie vom ersten Gegner?

Gruev: Dynamo Dresden hat eine sehr gute Mannschaft. Ich habe sie mir einige Male angesehen. Sie waren in der letzten Saison schon bekannt für guten Fußball und sind es immer noch. Im Testspiel gegen Wolfsburg haben sie drei Tore geschossen. Das ist für einen Zweitligisten beachtlich. Wir wissen also, was auf uns zukommt – auch im Dresdner Stadion, wo 30.000 Zuschauer warten.