Paderborn/Essen. Der 6. Spieltag der Fußball-Bundesliga: Am Samstagnachmittag schlug Borussia Mönchengladbach den SC Paderborn mit 2:1. Bayer Leverkusen und der SC Freiburg trennten sich 0:0. Der VfB Stuttgart feierte nach langer Durstsrecke einen Heimerfolg gegen Hannover 96.
Lucien Favre hüpfte fast wie ein Rumpelstilzchen an der Seitenlinie hin und her. Nur wenige Minuten waren im Spiel zwischen dem SC Paderborn und Borussia Mönchengladbach noch zu spielen als der Aufsteiger aus Ostwestfalen endgültig in die Offensive ging und die 2:1-Führung der Gäste in akute Gefahr geriet. Deshalb motivierte der Trainer des Fußball-Bundesligisten vom Niederrhein seine Spieler immer wieder aufs Neue. „Wir waren am Limit“, sagte Favre später erschöpft, „die Partie hätte auch 2:2 ausgehen können.“
Es blieb aber beim 2:1-Sieg der Mönchengladbacher, die somit das zehnte Pflichtspiel in Folge ungeschlagen beendeten und in der Tabelle mit nun zwölf Punkten den zweiten Platz hinter dem Spitzenreiter FC Bayern belegen. „Wir haben in der ersten Halbzeit hervorragend gespielt“, sagte Favre noch, „in der zweiten war weniger Bewegung in unserem Spiel und wir haben verpasst, das Tor zum 3:0 zu machen.“
Der Coach musste in der erneut mit 15000 Zuschauern ausverkauften Paderborner Benteler Arena bereits in der ersten Spielminute tief durchatmen. Nur weil SCP-Stürmer Stefan Kutschke den Ball im Strafraum der Gäste nicht unter Kontrolle bekam und Alvaro Dominguez die Situation elfmeterreif klärte, fiel die frühe Führung für den Außenseiter nicht. Allerdings bewiesen die Mönchengladbacher, bei denen Max Kruse und Andre Hahn erst auf der Ersatzbank Platz nehmen mussten, in der achten Minute ihre enorme Qualität im Umschaltspiel.
Nach einem Ballgewinn konterte die Elf wie aus dem Lehrbuch und Patrick Herrmann erzielte den Treffer zum 1:0. „Diesen Konter müssen wir durch ein Foul im Mittelfeld unterbinden“, sagte Andre Breitenreiter, Trainer des SCP, nach der Partie an die Adresse seines Spielers Jens Wemmer, der diese Möglichkeit hatte, sie aber nicht nutzte. Als Raffael in der 14. Minute nach einem weiteren Konter sogar zum 2:0 traf, drohte Paderborn die nächste hohe Niederlage nach dem 0:4 beim FC Bayern am Dienstagabend.
Paderborn beweist Moral
Doch der Aufsteiger bewies wieder eine große Moral und kämpfte sich in die Begegnung zurück. Patrick Herrmann ließ zwar eine weitere Chance ungenutzt (28.) und Branimir Hrgota setzte den Ball in der 64. Minute an den Pfosten – mit zunehmender Spielzeit bestimmte allerdings Paderborn den Takt der Begegnung. Und als Jens Wemmer in der 70. Minute den 1:2-Anschlusstreffer erzielte, entwickelte sich eine Zitterpartie für den Europa-League-Starter aus Mönchengladbach.
„Du weißt, dass du bei einer 2:0-Führung noch in Gefahr bist“, erklärte Lucien Favre, „und nach dem Gegentor kehrte die Euphorie wie erwartet wieder bei Paderborn.“ Nur ein Treffer gelang den Ostwestfalen nicht mehr. „Wir hätten es verdient gehabt, den Ausgleich noch zu erzielen“, sagte Breitenreiter. „Aber ich ziehe alle Hüte vor meiner Mannschaft. Sie hat klasse Fußball gespielt.“
Paderborner Fans sind erstklassig
Viel Lob kassierte zudem Paderborns Stefan Kutschke von beiden Trainern. Er ging nach einem vermeintlichen Foul von Christoph Kramer an ihm, für das der Gladbacher von Schiedsrichter Marco Fritz die Gelbe Karte sah, zum Referee und erklärte, nicht gefoult worden zu sein. Daraufhin nahm Fritz die Gelbe Karte gegen Kramer zurück. „Wir möchten sympathisch auftreten in der Bundesliga und deshalb finde ich das super, was Stefan gemacht hat“, sagte Andre Breitenreiter zur Szene in der 39. Minute. (Falk Blesken)
Keeper Bürki rettet Freiburg das 0:0 gegen Bayer Leverkusen
Der Schweizer Torhüter Roman Bürki hat Bayer Leverkusen beim Angriff auf das Spitzenduo der Fußball-Bundesliga zwei Punkte geklaut. Der 23-Jährige war beim 0:0 seines SC Freiburg am Samstag gegen die Werkself der überragende Mann und hatte mit 87 Ballkontakten sogar die meisten Aktionen aller Profis. Leverkusen war allerdings durch die Gelb-Rote Karte für Emir Spahic in der 28. Minute früh dezimiert.
Gegen die auch nach sechs Spieltagen sieglosen Breisgauer hatte die Bayer-Elf vier Tage vor der Champions-League-Parte gegen Benfica Lissabon Pech mit zwei Lattenschüssen. "Ich glaube, viel besser kann man die Unterzahl nicht wegstecken", meinte Bayer-Trainer Roger Schmidt dennoch. "Wir fahren mit einem sehr guten Gefühl hier weg."
Auf Freiburger Seite flog Pavel Krmas in der 78. Minute ebenfalls mit der Ampelkarte vom Platz. Vor 23 500 Zuschauern im Stadion an der Schwarzwaldstraße - darunter Joachim Löws neuer Assistent Thomas Schneider - bestritt Leverkusen seine 1200. Erstliga-Partie ohne Fortune. Die Freiburger gingen unbeirrt von den bitteren Last-Minute-Ausgleichstoren gegen Hertha BSC (2:2) und bei 1899 Hoffenheim (3:3) zu Werke. Mit Forchecking machten sie der Bayer-Elf das Leben schwer, in der Offensive gelang dagegen kaum etwas.
Das verwunderte allerdings nicht, da nicht nur die Angreifer Admir Mehmedi und Dani Schahin verletzt fehlten und Vladimir Darida gesperrt war, sondern auch noch Mike Frantz ausfiel: Der Ex-Nürnberger, in Hoffenheim noch Doppel-Torschütze, bekam beim Aufwärmen Kreislaufprobleme und musste durch Nicolas Höfler ersetzt werden. "Wir hatten einen sehr guten Torwart. Wir haben heute Glück gehabt, das muss man sagen. Aber wir sind zufrieden, wir haben wenigstens einen Punkt", meinte SC-Chefcoach Christian Streich.
Bei Leverkusen, das ohne Simon Rolfes, Julian Brandt, Kyriakos Papadopoulos und Gonzalo Castro antreten musste, versuchte Hakan Calhanoglu das Spiel zu gestalten. Aber auch der frühere Hamburger hatte seine liebe Not mit den aggressiven Freiburgern, die wie Irrwische dazwischenfegten.
Da sich die Gäste nach dem unfreiwilligen Abgang von Spahic oft weit zurückzogen, blieben Chancen in der ersten Halbzeit Mangelware: Heung-Min Son vertändelte in der 19. Minute vor Freiburgs Torhüter Roman Bürki. Felix Klaus war auf der Gegenseite mit einer Direktabnahme aus spitzem Winkel überfordert (37.).
Die Leverkusener erwischten nach der Pause den besseren Start: Torhüter Bürki musste sich mächtig strecken, als der bis dahin unauffällige Stefan Kießling einen Calhanoglu-Freistoß verlängerte. Der Standardspezialist hätte dann mit einem Fernschuss kurz hinter der Mittellinie beinahe Bürki kalt erwischt. Der starke Schweizer Nationalkeeper rettete in der 64. Minute auch gegen Karim Bellarabi und hatte Glück, dass kurz darauf dessen Knaller nur an der Unterkante der Latte landete. Sonn traf in der 88. Minute mit einem Freistoß ebenfalls die Querstange.
Die Freiburger wehrten sich nach Leibeskräften gegen den immer stärkeren Gegner, blieben aber nach vorne weiter harmlos. Da fehlten einfach die Anspielstationen. In der zuletzt so folgenschweren Nachspielzeit hielten zwar die SC-Fans den Atem an, doch diesmal ließ sich der Sportclub nicht überrumpeln. Zumal WM-Schiedsrichter Felix Brych nicht einmal zwei Minuten nachholen ließ. "Jetzt hatten wir auch mal Glück", sagte Bürki.
VfB gelingt erster Heimsieg seit fünf Monaten: 1:0 gegen Hannover
Mit einem 1:0 (0:0) gegen Hannover 96 ist dem VfB Stuttgart der erste Saisonsieg in der Fußball-Bundesliga gelungen. Am 6. Spieltag war es zugleich der erste Heimsieg seit mehr als fünf Monaten für den schwäbischen Traditionsclub, der sich am Mittwoch von Sportvorstand Fredi Bobic getrennt hatte. In einer insgesamt schwachen Partie mit wenig Tempo gelang Innenverteidiger Daniel Schwaab nach 69 Minuten das 1:0.
Die 40 500 Zuschauer in der nur zu zwei Drittel gefüllten Mercedes-Benz Arena sahen sonst kaum Gelegenheiten. Den Gästen gelang auch im dritten Anlauf dieser Saison auswärts kein Treffer, der Kontakt zur Tabellenspitze ist erst einmal verloren.
Im ersten Heimspiel nach der Entlassung von Bobic vollzog Trainer Armin Veh einen Torwartwechsel. Stammkeeper Sven Ulreich musste nach seinem Fehler zum späten Ausgleich in Dortmund (2:2) auf die Bank. Thorsten Kirschbaum, der im Sommer 2013 aus Cottbus zum VfB gewechselt war, kam so zu seinem vierten Bundesliga-Spiel. Bitter: Der 26 Jahre alte Ulreich musste schon zum dritten Mal das VfB-Tor räumen.
Kapitän Christian Schulz musste sich in seinem 200. Bundesliga-Spiel für Hannover 96 im Vergleich zum 1:0 gegen Köln nur an einen neuen Mitspieler gewöhnen. Der defensivere Manuel Schmiedebach ersetzte Stürmer Jimmy Briand und reagierte mit der gesamten Gäste-Elf abwartend und kompakt auf die vielen Pässe des VfB. Fast 20 Minuten lang spielten sich die Schwaben über viele Stationen den Ball zu, ohne je in die Nähe von Nationaltorwart Ron-Robert Zieler zu kommen. Versuche von Moritz Leitner, der in der ersten Hälfte häufig mit Kapitän Christian Gentner die Seiten wechselte, und Gotoku Sakai verpufften.
Nach 37 Minuten kam Stuttgart dank des umtriebigen Daniel Didavdi erstmals mit Tempo in den 96-Strafraum, prompt wurde es gefährlich. Leitner und Gentner konnten die scharfe Hereingabe aber nicht verwerten. Die VfB-Fans beklatschten die Chance dankbar. Auf der Gegenseite hatten die mitgereisten Anhänger aus Hannover nicht mal dazu eine Gelegenheit - die Elf von Tayfun Korkut erspielte sich keine. Bis zur 43. Minute, als Schmiedebach aus 35 Metern abzog und nur knapp daneben zielte.
Mit Filip Kostic als neuem Mann entwickelte der VfB nach dem Seitenwechsel mehr Zug zum Tor. Gentner und Timo Werner, der erneut anstelle von Vedad Ibisevic von Beginn an spielte, verpassten aber den schnellen Treffer nach Wiederanpfiff. Erneut Werner rutschte nach 53 Minuten an einer Kostic-Hereingabe vorbei. Viel passierte sonst nicht - bis Gentner eine Ecke verlängerte und Schwaab in seinem 134. Bundesliga-Spiel sein erstes Tor gelang. Danach tat Hannover mehr für die Offensive, weder Joselu (78.) noch Leon Andreasen (80.) kamen aber an Keeper Kirschbaum vorbei. (dpa)