Mönchengladbach. . Borussia Mönchengladbach ist im freien Fall. Sieben sieglose Spiele, in 2014 noch kein Dreier, vor dem Spiel in Braunschweig ist die Stimmung bei den Fans angespannt, das Team steht plötzlich unter großem Druck - eine Situationsbeschreibung.
An Karneval kommt in Mönchengladbach niemand vorbei. Nicht einmal die Borussia, die auf ihrer Startseite im Internet einen Ball zeigt, der neben einer Clownsnase und Perücke auch noch einen albernen Hut trägt. „All Rheydt“ steht unter anderem in großer Schrift auf der Seite, und dieses Motto des Stadtteils dürfte die aktuelle Stimmungslage nur unzutreffend wiedergeben: „All right“ ist in diesen Tagen gar nichts. Und man stelle sich nur einmal vor, was am Veilchendienstag in der Stadt passiert, wenn die Fußballer am Samstag bei Eintracht Braunschweig verlieren.
Sehen wir dann Lucien Favre als Trauerklos kostümiert? Max Eberl als Wüterich? Max Kruse als Sündenbock? Nach dem unnötigen 2:2 gegen die TSG Hoffenheim am vergangenen Wochenende ist einiges denkbar, weil die Pfiffe im Stadion überdeutlich gemacht haben, dass die Fans nicht mehr gewillt sind, jede Entscheidung mitzutragen. Was vor wenigen Wochen noch undenkbar erschien, zeichnet sich mehr und mehr ab: Nicht einmal Favre, der Retter, ist noch sakrosant.
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Weil die Anhänger wissen, wie detailversessen sich der Trainer auf wichtige Spiele vorbereitet, erstaunt es sie offenbar umso mehr, wie wenig der Mann auf die Geschehnisse auf dem Rasen reagiert. Tatsächlich ist es so: Wenn es irgendwie geht, schickt der Coach die immergleiche Formation auf den Rasen, und wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, verzichtet er auf frühzeitige Wechsel.
So wird kein Gegner überrascht, so wird jeder Konkurrenzkampf entschärft, klagen die Fans im Internet, um zu rechtfertigen, dass sie es wagten, gegen den eigenen Trainer zu pfeifen. Ob eine frühzeitigere Umstellung gegen Hoffenheim etwas gebracht hätte? Gegen Hoffenheim, das taktisch umstellte und in der zweiten Halbzeit im Mittelfeld plötzlich mit Raute spielte?
„In Deutschland wird immer nur das Ergebnis analysiert"
Für Lucien Favre stellt sich die Frage nicht wirklich. Der Trainer sieht natürlich, dass Max Kruse, Patrick Herrmann, Juan Arango und Raffael, die phantastischen Vier der Vorrunde, an plötzlicher Schussschwäche leiden, aber er widerspricht, wenn behauptet wird, dass seine Borussen spielerisch eingebrochen seien.
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„In Deutschland wird immer nur das Ergebnis analysiert, nicht aber die Spielweise“, findet der Schweizer. „Wir erarbeiten uns viele Chancen, aber unser Problem ist, dass wir nicht treffen und dumme Tore kriegen.“ Nicht einmal vor einer Konfrontation mit den eigenen Anhängern scheut der Coach zurück: „Die Fans hatten zu viel Kaviar, sie wollen wohl etwas zu viel“, meckerte er gegenüber der Bild-Zeitung.
Ähnlich äußerte sich auch Sportdirektor Max Eberl, als er in der TV-Sendung „Doppelpass“ von einem „Fluch der guten Tage“ sprach. Tatsächlich ist es wie abgeschnitten. Sieben sieglose Spiele, in 2014 noch kein Erfolgserlebnis - der Druck ist plötzlich gewaltig, weil unbedingt verhindert werden soll, dass die Stimmung weiter kippt.
Beim letzten Gladbacher Bundesligaspiel in Braunschweig, vor 29 Jahren 1985, siegten die Borussen mit 4:0. Gegen eine Wiederholung hätten die Fohlen gewiss nichts einzuwenden. Schon wegen der Stimmung unmittelbar vor dem Veilchendienstag. Das Karnevalsmotto lautet übrigens: „Gladbach – die Perle vom Niederrhein!“