Mönchengladbach. . Granit Xhaka verbringt den Jahreswechsel mit seiner Familie im Kosovo. Dort will der Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach das vergangene halbe Jahr vergessen und sich darauf besinnen, 2013 am Niederrhein hart zu arbeiten und durchzustarten. Im Interview spricht Xhaka über die hohe Ablösesumme, seine Zeit auf der Bank und Trainer Lucien Favre.

Herr Xhaka, Sie gehen als Bankdrücker in die Winterpause. Ist das nach Ihrer Erfolgszeit bei Basel ein Rückschlag für Sie?

Granit Xhaka: Das ist kein Rückschlag für mich. Mir tut das gut und ich sehe das positiv. Ich hatte zwei sehr schöne Jahre bei Basel, in denen es immer optimal lief. Die Sonne schien immer für mich. So hatte ich mir das natürlich auch in Gladbach vorgestellt. Ich habe zwar gespielt, aber konnte meine Leistung nicht hundert Prozent zeigen, weil wir auch als Mannschaft nicht so gut aufgetreten sind. Der Trainer hat reagiert und hat Spieler aus der ersten Elf genommen – unter anderem auch mich. Der Trainer ist der Chef und er entscheidet, wer spielt oder nicht. Ich arbeite intensiv und habe mich nicht hängen lassen. Ich werde auch in Zukunft hart im Training arbeiten, mich anbieten und dann 2013 hoffentlich wieder spielen.

Können Sie sich erklären, warum Sie sich nach acht Spieltagen auf der Bank wiedergefunden haben?

Xhaka: Ich habe mir vielleicht ein bisschen zu viel Druck gemacht. Ich wollte von Beginn an allen zeigen, dass ich kein Fehleinkauf bin. Vielleicht war das einer der Gründe dafür, dass ich meine Leistung nicht abrufen konnte. Und vielleicht haben die Zuschauer auch zu viel von mir erwartet. Ich bin keiner, der fünf Tore in einem Spiel macht. Aber die Leute, die mich nach Mönchengladbach geholt haben, wissen, welches Potenzial ich habe und das möchte ich bald auch zeigen.

Ist die Erwartungshaltung an Sie vielleicht auch wegen der hohen Ablösesumme, die Gladbach für Sie auf den Tisch geblättert hat, so groß?

WAZ-Redakteur David Nienhaus im Gespräch mit Granit Xhaka von Borussia Mönchengladbach
WAZ-Redakteur David Nienhaus im Gespräch mit Granit Xhaka von Borussia Mönchengladbach © David Nienhaus

Xhaka: Vielleicht für die Fans, ja. Das kann ich aber nicht sagen, weil ich nicht in die Köpfe der Fans gucken und nicht beeinflussen kann, was sie denken. Ich mache mir da überhaupt keinen Druck. Ich weiß, was ich kann und ich weiß, was ich noch lernen muss – deshalb habe ich auch den Schritt zur Borussia gemacht. Sonst hätte ich diesen Schritt nie gemacht.

Wie fällt denn Ihr Hinrunden-Fazit aus?

Xhaka: Wir haben nicht so gut angefangen und Spiele verloren, die wir nie im Leben hätten verlieren dürfen. Das waren dumme Spiele. Vor allem Zuhause haben wir viele Punkte liegen gelassen. Aber wir haben uns gefangen und noch die nötigen Punkte geholt, um auf dem achten Tabellenplatz zu überwintern. Damit können wir für diese Vorrunde zufrieden sein.

Xhaka nimmt Zeit auf der Gladbach-Bank "positiv" 

Sie waren zum Ende der Runde aber nur noch Ersatzspieler. Ihr persönliches Fazit muss sich doch komplett von dem der Mannschaft unterscheiden.

Xhaka: Nein, das fällt nur unwesentlich anders aus. Zu Saisonbeginn habe ich gespielt und später hatte ich nur Teileinsätze. Aber es tut auch mir ab und zu mal gut, auf der Bank zu sitzen (zögert). Ich nehme das positiv hin und werde dadurch auch mental stärker. Im Training gebe ich Gas. Ich bin bereit zu spielen, wann immer der Trainer das will. Das werde ich im kommenden Jahr auch zeigen.

Tony Jantschke, Havard Nordtveit und Martin Stranzl haben Ihre Verträge verlängert. Wächst am Niederrhein etwas zusammen?

Xhaka: Gladbach hatte in den vergangenen Jahren nicht so viel Erfolg und hat dann eine tolle Saison gespielt. Daran wollen wir anknüpfen, da wollen wir weitermachen. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, die aber auch sehr erfahrene Spieler in ihren Reihen hat und diese Mischung ist sehr gut. Das bringt uns weiter und ich bin überzeugt, dass wir auch um die internationalen Plätze spielen können.

Aber in Schweizer Medien war zu lesen, dass Sie eventuell Ihre Zelte in Mönchengladbach abbrechen wollten. Wollten Sie weglaufen?

Xhaka: Nein, ich laufe nicht weg. Ich habe mich schon bei Basel durchgesetzt und ich will mich auch hier durchsetzen. Ich weiß, dass ich das kann. Ich war nie jemand, der vor Problemen wegläuft und ich bin nicht nach Mönchengladbach gekommen, nur um ein halbes Jahr hier zu spielen. Ich habe einen Vertrag bis 2017 und den will ich auch erfüllen. Und ich will ihn erfüllen, indem ich spiele. Das ist mein Ziel für das kommende Jahr.

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Trotzdem stehen Sie, Xherdan Shaqiri und Ricardo Rodriguez sehr im Fokus der Schweizer Medien und es wird sehr viel über Sie geschrieben.

Xhaka: Wir sind alle drei Nationalspieler und das nicht in der U15, sondern in der A-Mannschaft. Man wird nicht einfach so in die Nationalmannschaft berufen, auch wenn wir nur sieben Millionen Einwohner haben (lacht). Das kann man nicht mit Deutschland vergleichen. Aber Ottmar Hitzfeld ist ein Trainer, der schon große Erfolge gefeiert hat und deshalb nominiert er nur Spieler, die gut sind. Deshalb stehen wir auch alle drei im Fokus in der Schweiz – auch wenn wir zurzeit nicht Stammspieler bei unseren Vereinen sind. Aber das kann sich im Fußball sehr schnell ändern. Unsere Chance wird kommen und dann werden wir sie packen. Das gilt für Shaqiri, für Rodriguez und für mich.

Haben sie denn mit dem Schweizer Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld über Ihre Situation in Gladbach gesprochen?

Xhaka: Wir stehen in Kontakt und er hat mir gesagt, dass ich mich durchbeißen muss. Es gibt immer solche Phasen für junge Spieler und in diesen darf man nicht aufgeben. Kein Spieler der Welt bleibt gerne auf der Bank. Egal ob alt oder jung. Es bringt nichts, den Kopf hängen zu lassen. Man muss sich im Training zeigen. Jeden Tag aufs Neue. Aber am Ende entscheidet der Trainer.

Eben dieser Trainer, Lucien Favre, hat kritisiert, Sie hätten Probleme bei der Ballannahme und mit dem Tempo in der Bundesliga.

Xhaka: Er ist der Trainer, und der Trainer hat immer Recht.

Wo sehen Sie denn die Baustellen in Ihrem Spiel?

Xhaka: Ich fühle mich pudelwohl. Ich habe kein Problem mit der Physis, der Technik oder dem Tempo. Ich bin nach Mönchengladbach gekommen, weil ich vorher so viel über Lucien Favre gehört habe. Der Trainer kann aus einem jungen Spieler noch viel mehr rausholen und er sieht viele Kleinigkeiten. Ich bin kein perfekter Mensch, niemand ist perfekt – der Trainer weiß, was mir fehlt und daran arbeiten wir jeden Tag gemeinsam.

Beim FC Basel haben Sie mit Benjamin Huggel im defensiven Mittelfeld für Stabilität gesorgt. Warum klappt das mit Ihnen und Nordtveit in Gladbach nicht?

Xhaka: In Basel hatten wir ein komplett anderes System und eine andere Philosophie. Das kann man eigentlich gar nicht vergleichen mit Gladbach.

Welche Philosophie?

Xhaka: Wir haben mehr Fußball gespielt. Wir haben schon hinten angefangen und mit mehr Risiko gespielt. Das machen wir bei Gladbach nicht. Wir wollten das. Aber das gelingt uns noch nicht so oft.

Das dominante Spiel war Gladbachs Problem 

Die Borussia wollte nach der Erfolgssaison in der Liga nicht nur als Kontermannschaft auftreten, sondern auch Spiele dominant gestalten können.

Xhaka: Vielleicht war genau das das Problem zu Beginn der Saison. Wir wollten das umsetzen, es ist uns aber nicht gelungen. Auch deshalb haben wir die Spiele verloren. Nachdem der Trainer entschieden hat, defensiv besser geordnet zu stehen und nicht mehr dominant zu agieren, haben wir die Punkte geholt. Ich glaube, der Trainer weiß, dass so eine Entwicklung nicht von heute auf morgen funktioniert. Für uns ist es besser, kompakt und defensiv sicher zu stehen und dann als Kontermannschaft zu agieren.

Das trainierten Sie sogar noch unter der Woche vor Weihnachten, fehlt einem nicht die Motivation, wenn es um nichts mehr geht?

Xhaka: Dafür sind wir Profis. Natürlich war die Spannung im Training eine andere, wenn man mitten in der Halbserie steht. Wir trainieren hart, und jetzt kann zwischendurch auch mal der Spaß im Vordergrund stehen. Das gehört auch dazu.

Und als Weihnachtsgeschenk gab es Uhren und ein schmuckes Bauchband?

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Xhaka: (lacht) Wir bekommen eine E-Mail mit dem Plan, was wir in der Winterpause machen müssen. Damit der Trainer das kontrollieren kann, haben wir eine Pulsuhr bekommen und müssen damit unser Programm absolvieren. Am Dienstag wurden noch unsere Laktatwerte ermittelt. Wir stehen alle voll im Saft, aber wir dürfen trotzdem nicht untätig sein während der Feiertage. Eine Woche ruhen wir uns aus, und dann geht es weiter.

Sie feiern als Muslim kein Weihnachtsfest - wünschen Sie sich trotzdem was zum Neujahr?

Xhaka: Wichtig ist, dass ich gesund bleibe. Für die Mannschaft wünsche ich mir, dass wir eine gute, vielleicht sogar eine besser Runde spielen, als die Hinrunde. Und natürlich möchte ich spielen. Damit meine ich nicht zehn Minuten nach einer Einwechslung, sondern ich möchte bei Anpfiff auf dem Feld stehen. Dafür werde ich alles tun.

Das ist eine Kampfansage?

Xhaka: Ich schaue nicht zurück, sondern nur nach vorne. Am 3. Januar beginnen wir wieder mit dem Training und ab dann werden die Karten neu gemischt. Es wird ein harter Konkurrenzkampf und das ist auch gut so.