Mönchengladbach. Angesprochen auf die Leistung seiner Elf beim Auftaktsieg über die TSG Hoffenheim lässt Lucien Favre, Trainer von Mönchengladbach, vor allem eines durchblicken: Seine Mannschaft ist noch lange nicht so weit, wie es sich der Gladbacher Übungsleiter vorstellt.

"O là là", fällt Lucien Favre bei den Fragen der Journalisten in seine französische Muttersprache zurück, lächelt und schüttelt unbewusst den Kopf. "Viel Zeit, viel, viel Arbeit" warte noch auf ihn und Borussia Mönchengladbach und bei dem Gedanken daran entfleucht ihm ein weiteres "Oje".

Auch wenn der Schweizer nach dem 2:1-Sieg seiner Mannschaft gegen die TSG 1899 Hoffenheim sichtlich erleichtert ist, zufrieden ist er noch lange nicht. Kann er auch nicht sein. Denn wie zuletzt in Aachen und vor allem gegen Dynamo Kiew offenbarte seine Mannschaft etliche Schwächen, die dem Perfektionisten nicht gefallen können. Favre weiß, was auf ihn und sein Team zukommt. Während die Borussia-Offensive in der vergangenen Saison fast vom Fleck weg wie geschmiert lief, stottert der Motor der Gladbacher noch gewaltig nach der Spielzeit, in der sie ihr "Rückgrat verloren haben."

Das Umschaltspiel ist ohne Reus langsamer

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Das Spiel der Fohlen hat sich vor allem nach dem Verlust des Fußballers des Jahres Marco Reus verändert. Das Umschaltspiel ist langsamer, die Durchschlagskraft geringer und das hohe Tempo beim Zug zum gegnerischen Tor nicht mehr zu vergleichen. Reus sei nicht zu ersetzen, sagte Favre vor der Saison, und die bisherigen Begegnungen unterstreichen diese Aussage.

"Zum Glück" sei Juan Arango in einer bestechenden Frühform, freut sich Favre. Der Freistoß zum 2:1-Siegtreffer war "von der Bank aus eigentlich unmöglich." Aber die anderen müssen nun auch langsam mal Torchancen kreieren, mahnt der Schweizer, der aber vor allem aus der Schlussphase einige Erkenntnisse zog. "Am Ende war es nicht schlecht", analysiert der Trainer. Da habe seine Mannschaft mit mehr Bewegung gespielt und besser zum Tor gearbeitet - Patrick Herrmann und Branimir Hgrota waren kurz vorher in die Partie gekommen und sorgten für frischen Wind in Gladbachs zuvor wenig durchschlagskräftiger Offensive.

"Man sieht seine Qualität", lobt der 54-Jährige den jungen Schweden Hrgota, rudert aber prompt zurück und ergänzt: "Glauben sie mir, er hat noch enorm viel zu tun", er komme schließlich aus der zweiten schwedischen Liga und müsse noch viel an sich arbeiten. Das trifft aber auf "viele Spieler" zu, wird im Gespräch mit Favre deutlich. "Ein Roman Neustädter hat auch zwei Jahre gebraucht, bis er gespielt hat."

Xhaka hat noch viel zu tun

Die Frage nach Granit Xhaka entlockt dem Coach wieder ein langes "O là là là là - viel, viel, viel zu tun" habe der Neuzugang vom FC Basel. Er sei ein guter Spieler, aber er weiß, "und das habe ich ihm erklärt", dass er viel zu tun hat. "Ich wollte heute meinen Fehler aus dem Spiel gegen Kiew wieder gut machen", erklärte Xhaka nach dem Spiel. Beide Freistöße, die zu den Gladbacher Toren führten, hatte der 19-Jährige herausgeholt. Allerdings unterliefen Xhaka erneut haarige Fehlpässe im Mittelfeld. "Wenn ich perfekt wäre, würde ich schon jetzt beim FC Barcelona spielen", sagt der Sechser angesprochen auf jene Fehler.

Aller Voraussicht nach wird sich Borussia Mönchengladbach in naher Zukunft nicht mit Barca messen dürfen, zu hoch ist die Bürde der 1:3-Heimniederlage gegen Dynamo Kiew. Am Mittwoch hat der Bundesligist dennoch die Chance, das Wunder zu schaffen und in die Gruppenphase der Champions League einzuziehen. " Man weiß nie", sagt Trainer Lucien Favre. Ein "O là là" kommt ihm dabei nicht mehr über die Lippen.