Mönchengladbach. Borussia Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre wollte sich nach dem 0:0 gegen den FC Augsburg nicht freuen - und auch nicht über seine Zukunft reden. “Ich konzentriere mich nur auf das letzte Saisonspiel. Was danach passiert, da habe ich keine Pläne“, sagte Favre.

Es war eine merkwürdige Stimmung in Gladbach. Die Spieler feierten auf dem Rasen, sie hüpften, winkten und sangen. Auf den Tribünen tobten die Anhänger und jubelten darüber, dass die Borussia, erstmals wieder seit 16 Jahren, an einem europäischen Wettbewerb teilnehmen dürfen, und zeitgleich stiefelte Lucien Favre durch die Katakomben der Arena, vorbei an Mikrofonen und beschied mit einem Schulterzucken: „Sorry, ich bin nicht begeistert.“

Nach dem eher müden 0:0 gegen den FC Augsburg war der Trainer die personifizierte Spaßbremse. Offenbar sauer, da sein Team die theoretische Möglichkeit, den FC Schalke 04 noch abzufangen und sich direkt für die Champions League zu qualifizieren, einfach liegen gelassen hatte. Bei Favre klingt das so: „Die technische Ballannahme, die Mitnahme, die richtige Bewegung, die Schnelligkeit, die Durchschlagskraft, all’ das hat heute gefehlt.“

Favre konzentriert sich "nur auf das letzte Saisonspiel"

Der Fußball-Lehrer, der von den Anhängern („Wir wollen den Trainer sehen“) lautstark gefeiert wurde, hat sich dann doch irgendwann noch bequemt und ist vor die feiernde Nordtribüne gegangen. Doch letztendlich war es nicht mehr als eine Aktion, für die der Begriff „pflichtschuldig“ erfunden wurde. Äußerungen zur Zukunft? Zur kommenden Saison? Oder nur zum Abend nach dem vollkommen bedeutungslosen Spiel nächste Woche bei Mainz?

Nicht mit Lucien Favre! „Ich konzentriere mich nur auf das letzte Saisonspiel“, antwortete der Trainer. „Was danach passiert, da habe ich keine Pläne.“ Wüsste man nicht, dass der Mann noch ein volles Jahr bei Borussia unter Vertrag steht, wüsste man nicht, dass Gladbach auf die Einhaltung dieser Vereinbarung pocht, man könnte den Eindruck gewinnen, dass da jemand mit seinem Abgang liebäugelt. Der Mann ist ein Rätsel.

Nüchtern betrachtet ist die Situation auch wirklich nicht einfach. Als der Schweizer im Februar 2011 den Job in Gladbach übernahm, war die Borussia so tief gefallen, dass es eigentlich nur aufwärts gehen konnte. Das ist jetzt anders. Die Abgänge von Roman Neustädter, Dante und vor allem Marco Reus sind eine richtige Hausnummer. Dem Klub bricht eine exakt funktionierende Achse weg.

Sportdirektor Eberl steht vor einer großen Herausforderung

Favre steht also vor der Aufgabe, in Blitzgeschwindigkeit ein Team formen zu müssen, das die Doppelbelastung Bundesliga und Europapokal meistern kann. Die Erwartungen sind hoch. Und nicht nur Trainer Favre, besonders Max Eberl steht vor einer großen Herausforderung. Vom Sportdirektor wird erwartet, aus gewaltigen Einnahmen eine unmittelbare Qualität zu zaubern.

Und weil das eigentlich unmöglich ist, wenn man, wie Gladbach, „nachhaltig und intelligent in die Zukunft investieren will“, wirbt der Sportdirektor mittlerweile schon um Nachsicht. „Wir werden nicht aus dem Nichts heraus eine Mannschaft auf dem Platz haben, die in Europa auftrumpfen kann.“

Geduld ist also gefragt, langfristig bei der Entwicklung eines neuen Teams, und kurzfristig bei der Zusammenstellung des künftigen Kaders. Er sei, so der Sportdirektor, in diesen Tagen „sehr viel unterwegs“, doch einen Neuzugang werde es so schnell, vor allem nicht auf der Jahreshauptversammlung am Dienstag, zu vermelden geben.

Gladbacher Abschlussparty am Fan-Haus

„Wir wollen logische Entscheidungen und eine Mannschaft basteln, die eine stabile Saison spielt“, lautet Eberls bekanntes Credo. Der Sportdirektor hat klare Vorstellungen, und er scheut sich nicht davor, sie klar zu formulieren. „Wir waren 16 Jahre nicht mehr auf internationaler Bühne vertreten und jetzt haben wir es geschafft“, stellte er fest. „Deswegen sollte man den eventuellen Missmut, den der eine oder andere vielleicht noch verspürt, sofort beiseiteschieben.“

Die Botschaft ist offenbar angekommen. Bei der Abschlussparty am Fan-Haus war jedwede Enttäuschung wie weggeblasen. Igor de Camargo tanzte mit Marco Reus, Dante, Roman Neustädter, Mike Hanke und Tony Jantschke den Nummer eins-Hit „Ai Se Eu Te Pego“, Amin Younes stimmte „Die Elf vom Niederrhein“ an, und, man höre und staune, Lucien Favre startete die Feier mit einer La-Ola-Welle.