Mönchengladbach/Köln. . Die Bundesliga-Partien zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln sorgten in den letzten Jahren wegen gewalttätiger Übergriffe für Schlagzeilen. Die Gründe für die gegenseitige Abneigung liegen weit in der Vergangenheit zurück.

Die Brisanz im rheinischen Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln steht dem Ruhrgebietsderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund in Nichts nach. Die Bundesligaduelle der Traditionsklubs vom Rhein gerieten in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus, weil am Rande der Spiele die Gewalt eskalierte. Dabei liegt die Ursache für die gegenseitige Abneigung weit zurück. Eine Trainer-Ikone spielte in der gegenseitigen Antipathie eine große Rolle. Ein Rückblick.

Die Rivalität zwischen den rheinischen Klubs war in den 50er Jahren kaum ausgeprägt. Damals war Borussia Mönchengladbach sogar die erste Mannschaft, die am neu erbauten Geißbockheim, dem Klubhaus des 1. FC Köln, zu Gast war. Mit Preußen Dellbrück wähnten die „Geißböcke“ zu dieser Zeit noch den größten rheinischen Rivalen innerhalb der eigenen Stadtgrenzen. Die Verhältnisse waren klar geregelt. In der Oberliga West hatte der FC meist die Nase vorn, wenn es gegen die Niederrheinelf ging. Jedoch wendete sich mit dem Aufstieg der Mönchengladbacher in die Bundesliga in den 60er Jahren allmählich das Blatt. Der kölsche Trainer Hennes Weisweiler hatte den Verein aus der Regional- in die deutsche Eliteliga geführt.

„Fohlen-Elf“ stürmte in die Bundesliga

Hennes Weiseweiler wurde mit Borussia Mönchengladbach 1970 Deutscher Meister. Foto: imago
Hennes Weiseweiler wurde mit Borussia Mönchengladbach 1970 Deutscher Meister. Foto: imago

Weisweiler, ein Urgestein des FC, war in den Spielen gegen seinen Stammklub immer besonders motiviert. Dirk Unschuld, der sich intensiv mit der Historie der „Geißböcke“ beschäftigt hat, sagt: „Für ihn war es wichtig, in Köln zu gewinnen.“ Weisweiler war Gründungsmitglied des 1948 aus der Taufe gehobenen 1. FC Köln und einige Zeit Spielertrainer des Vereins. In den 50er Jahren jedoch hatte er sich mit dem damaligen Klub-Präsidenten Franz Kremer überworfen und verließ seinen Klub. „Mit einem weinenden Auge“, wie Unschuld schildert. Weisweiler, der weiterhin in Köln wohnte, nahm fortan die Spiele gegen seinen Ex-Klub ernst und stichelte im Vorfeld der Derbys gegen seine alten Weggefährten.

Mit der Borussia, die später als „Fohlen-Elf“ in den 70er Jahren den Bundesligafußball maßgeblich prägte, gelangen Weisweiler zum Ärger der FC-Fans zahlreiche Siege gegen Köln. Für das Selbstverständnis der Fans ein Unding und für die Spieler des 1. FC Köln kaum begreifbar. Sie betrachteten den Gladbacher Fußballverein als „Provinzklub“ und die Spieler als „Buure“ (Bauern). Andersherum polarisierte der FC seinerzeit ähnlich wie Bayern München. „Der FC wurde damals als feiner Verein wahrgenommen“, erklärt Unschuld. Das barg Zündstoff. Verbale Auseinandersetzungen auf und neben dem Platz waren bei den Duellen zwischen den beiden rheinischen Klubs die Regel.

Mannschaftsbus gestohlen

Obwohl Wolfgang Overath (l.) und Günter Netzer Konkurrenten auf dem Platz und in der Nationalmannschaft waren, verstanden sie sich gut. Foto: imago
Obwohl Wolfgang Overath (l.) und Günter Netzer Konkurrenten auf dem Platz und in der Nationalmannschaft waren, verstanden sie sich gut. Foto: imago

Und ungewöhnliche Aktionen der Fans sorgten für Schlagzeilen. Wie etwa 1971 vor dem Gastspiel von Mönchengladbach in Köln. Der Mannschaftsbus samt Ausrüstung der Spieler war vom Hotelparkplatz verschwunden. In Windeseile beschaffte der Verein Ersatzschuhe und -trikots, doch in der ungewohnten Ausrüstung verloren die Gladbacher das Auswärtsspiel. Das Gefährt wurde nach Abpfiff übrigens wiedergefunden. Neben solchen Foppereien entlud sich die Rivalität damals jedoch bereits in Gewalt. „Schon in den 70er Jahren flogen Flaschen“, erklärt Unschuld. Schlägereien zwischen den unterschiedlichen Fangruppierungen seien am Rande der Derbys keine Seltenheit gewesen.

Auf dem Platz zeigten Weisweilers Borussen den ehedem dominanten Domstädtern mit ihrem schnellen Konterfußall ihre Grenzen auf. So steckten die „Geißböcke“ im Müngersdorfer Stadion häufig schmerzhafte Niederlagen ein. Das verlorene DFB-Pokalfinale 1973 in Düsseldorf aber war aus Kölner Sicht wohl eine der dunkelsten Stunden dieser Ära, als sich Günter Netzer in der Nachspielzeit selbst einwechselte und den Gladbacher Siegtreffer erzielte. Auch im UEFA-Cup hatten die Kölner das Nachsehen.

Rückkehr ans Geißbockheim

Trainer Hennes Weisweiler (r.) und Heinz Flohe holten 1978 den DFB-Pokal und die  Meisterschale nach Köln. Foto: imago
Trainer Hennes Weisweiler (r.) und Heinz Flohe holten 1978 den DFB-Pokal und die Meisterschale nach Köln. Foto: imago

Seitens des FC gab es immer wieder Versuche den Erfolgstrainer Weisweiler zurück ans Geißbockheim zu holen. Ohne Erfolg. Erst nachdem er in Barcelona scheiterte, ergab sich eine neue Chance für den FC. 1976 kehrte das Urgestein schließlich zurück und gewann mit Köln gleich den DFB-Pokal. Eine Saison später kam es zum großen Showdown zwischen den Klubs, denen er jahrelang seinen Stempel aufgedrückt hatte. Bis zum letzten Spieltag lagen Gladbach und Köln gleichauf in der Tabelle. Der FC hatte das deutlich bessere Torverhältnis. Beinahe hätte dies nicht ausgereicht, um Meister zu werden. Denn in Düsseldorf hagelte es Tore. Dorthin war Gladbach im letzten Meisterschaftsspiel gegen Borussia Dortmund ausgewichen. Hätte das Kölner Team nicht mit 5:0 gegen den FC St. Pauli gewonnen, wären die Borussen im Saisonfinale noch am rheinischen Rivalen vorbeigezogen.

Ein Rekordergebnis - die Anzeigetafel im Düsseldorfer Rheinstadion zeigt den deutlichen 12:0 Sieg der Gladbacher gegen die Dortmunder an. Foto: imago
Ein Rekordergebnis - die Anzeigetafel im Düsseldorfer Rheinstadion zeigt den deutlichen 12:0 Sieg der Gladbacher gegen die Dortmunder an. Foto: imago

In den 80er Jahren erregten die Duelle der Rheinländer nicht mehr so viel Aufsehen wie noch im Jahrzehnt zuvor. „Allgemein war der Fußball nicht mehr so Blickpunkt“, erklärt Unschuld. Auch die 90er Jahre gerieten im Vergleich zu 70ern eher ruhig. Legendäre Spiel gab es in der Bundesliga dennoch zu sehen. Meistens hatte dabei Mönchengladbach das bessere Ende für sich. Mittelfeldspieler Peter Wynhoff schwang sich dabei zum Köln-Schreck auf. Ihm gelangen vor allem in den Begegnungen in Köln entscheidende Treffer. Und Toni Polsters Treffer mit dem Allerwertesten zum 3:2-Sieg ist vielen Fans noch in Erinnerung. Sportlich ging es für beide Teams jedoch bergab. Bis auf einen Triumph für die Borussia im DFB-Pokal gelangen den Klubs kaum noch gute Ergebnisse und sie stiegen in die Zweite Bundesliga ab.

Rivalität zwischen Gladbach und Köln verschärft sich

„Köln-Schreck“ Peter Wynhoff (l.) setzte sich hier gegen Alfons Higl  durcn. Foto: imago
„Köln-Schreck“ Peter Wynhoff (l.) setzte sich hier gegen Alfons Higl durcn. Foto: imago

Zu Spitzen-Klubs entwickelten sich die rheinischen Rivalen auch in den Nuller Jahren nicht. Einzig die Rivalität blieb eine Konstante. Furore erregten die Klubs und insbesondere deren Anhänger erst wieder mit Aktionen am Rande des Spiels. So entwendeten unbekannte Täter die Fahne der Gladbacher Ultra-Gruppierung aus dem Borussia-Park. Im Derby tauchte kurz vor Ende der Partie das gestohlene Banner im Kölner Fanblock auf. Zum Entsetzen der Gladbach-Fans zerstörten die Kölner diese Fahne. Daraufhin gab es Krawalle im Gästeblock. Das Spiel musste beim Stand von 0:1 für Gladbach unterbrochen werden. In der dadurch zustande gekommenen Nachspielzeit bekamen die Domstädter einen Elfmeter zugesprochen, der dem FC den Ausgleich und damit einen entscheidenden Punkt zum Aufstieg bescherte.

Seither ist die Situation vor den Derbys angespannt. Im Vorfeld der Spiele gab es von beiden Seiten gewalttätige Über- und Angriffe auf Fanbusse oder Straßenbahnen. Ein Großaufgebot der Polizei versucht jedes Mal, die Lage in den Griff zu bekommen, indem die Fan-Gruppierungen voneinander abgeschirmt werden. Rund ums Stadion herrscht Alkoholverbot. Und um bekannte Störenfriede von vorneherein von den brisanten Duellen fernzuhalten gibt es für so genannte Problemfans nicht nur Stadion-, sondern ein Stadtverbot.

Patrick Helmes erzielte per Elfmeter den Siegtreffer im Zweitliga-Derby. Foto: imago
Patrick Helmes erzielte per Elfmeter den Siegtreffer im Zweitliga-Derby. Foto: imago

Im letzten Derby schaffte das abstiegsbedrohte Gladbach als Tabellenschlusslicht einen fulminanten Sieg gegen den ungeliebten Rivalen. Dadurch erreichten die Fohlen unter anderem noch den Relegationsplatz.