Mönchengladbach. Gladbach stolpert durch die Saison, die Liga ist fassungslos. Auch Trainer Adi Hütter scheint vor dem Spiel gegen Union Berlin ratlos.

Seine Arbeitsverhältnisse als Fußballlehrer in Salzburg, Altach, Grödig, wieder Salzburg, Bern und Frankfurt sind Adi Hütter noch so geläufig, dass er nach einem halben Jahr als Trainer in Mönchengladbach eine glasklare Bestandsaufnahme vorlegen konnte. „Es ist die schwierigste Situation in meiner 13-jährigen Tätigkeit“, stellte der 51-Jährige am Freitag fest. 40 Stunden nachdem seine Mannschaft von Hannover 96, in der Zweiten Liga ein Vertreter der unteren Mittelklasse, hochkant aus dem Pokalwettbewerb geschleudert worden war. Und 27 Stunden bevor die Borussia den frischgebackenen Viertelfinalisten Union Berlin empfängt.

Gladbach nur vier Punkte vom Abstiegsrang entfernt

Dabei schafften die Köpenicker am Mittwochabend im Stadtduell bei Hertha BSC nicht nur den Sprung unter die letzten Acht im nationalen Cup, sondern avancierten unter Coach Urs Fischer, seit Sommer 2018 im Amt, nach und nach zu einem ernstzunehmenden Kandidaten für die Champions League. Für jenen kontinentalen Top-Wettbewerb, in dem sich die Gladbacher vor zehn Monaten noch als stolzer Achtelfinalist tummelten – und seither einen derart rasanten Abwärtstrend hinlegten, dass einem Hören und Sehen vergeht.

So trat Hütter, für die stattliche Ablösesumme von 7,5 Millionen Euro von Liga-Konkurrent Frankfurt geholt, Anfang Juli letzten Jahres mit dem Ziel an, die Borussen zurück in den Europapokal zu führen. Nun trennen den Übungsleiter aus Österreich und sein Team nach 19 Spieltagen nur vier Punkte von einem direkten Abstiegsplatz. „Natürlich habe ich so etwas nicht erwartet, ich habe etwas ganz anderes erwartet. Aber manchmal läuft es eben anders“, seufzt Hütter, erwähnt zugleich das wohltuende große Vertrauen, das er innerhalb des Vereins spüre, sagt aber auch: „Wir wissen, dass wir die Situation sehr schnell verändern müssen.“

Nationalspieler Matthias Ginter soll Gladbach noch im Januar verlassen, damit der Klub noch eine Ablösesumme kassieren kann.
Nationalspieler Matthias Ginter soll Gladbach noch im Januar verlassen, damit der Klub noch eine Ablösesumme kassieren kann. © Firo

Ginter soll nach dem Willen des Klubs im Januar wechseln

Mögliche Fragen nach der Arbeitsplatzsicherheit des gebürtigen Vorarlbergers beantwortete Max Eberl am Freitag nicht, der Sportdirektor fehlte bei der turnusmäßigen Pressekonferenz vor dem Duell mit den Eisernen krankheitsbedingt. Klar aber ist, dass die Niederrheinischen vor der anstehenden Länderspielpause dringend die Kurve nach oben kriegen sollten. Ansonsten dürfte die Stimmung rund um den Borussia-Park bis zu den Partien gegen die direkten Klassenkampfkonkurrenten Bielefeld und Augsburg in der ersten Februarhälfte noch explosiver werden als ohnehin schon.

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Definitiv entschieden sein wird bis zum Gastspiel bei der Arminia am 5. Februar, ob die im Sommer ablösefreien Profis Matthias Ginter und Denis Zakaria doch bereits im Winter wechseln und so frisches Geld auf das Konto des Rautenklubs fließt. Auch für die formschwachen Angreifer und einstigen Leistungsträger Marcus Thuram und Alassane Plea könnten sich kurzfristig neue Vereine finden. Bei der Pokal-Blamage in Hannover nahm Hütter das Duo zur Pause vom Feld – und macht sich nun grundsätzliche Gedanken über das fehleranfällige Spiel seines Ensembles.

Mittelfeldakteur Jonas Hofmann kehrt ins Team zurück

„Es ist zu einfach, gegen uns ein Tor zu erzielen. Wenn wir vorne nicht gut draufgehen, dann wird es schwer. Mit einem langen Ball wird es gegen uns relativ einfach“, hat der Coach eine Ursache für die bereits 35 Gegentreffer – drittschlechtester Wert in der Liga – ausgemacht. Und deshalb sinniert der überzeugte Vertreter des Offensivfußballs nun: „Die Frage ist, ob wir der Mannschaft mehr Sicherheit geben müssen. Ich bin da nicht stur, vielleicht muss auch ich umdenken.“

Einen positiven Effekt auf das Teamgefüge könnte die Rückkehr des zuletzt verletzten Mittelfeldakteurs Jonas Hofmann haben. Adi Hütter warnte jedoch davor, den Nationalspieler gleich als Heilsbringer zu betrachten. Denn, so die Botschaft des Borussen-Trainers angesichts des brisanten Tabellenstands: „Ohne Zweikampf, Laufverhalten und Tiefgang wird es schwer. Wenn wir das aber hinbekommen, können wir auch wieder Spiele gewinnen.“