Köln. Im Rhein-Derby nutzt die Mönchengladbach die Fehler des Aufsteigers Köln. Ein Tor reicht. Jetzt freut sich Gladbach auf die Europa League.
Eine Minute der regulären Spielzeit fehlte, und das rheinische Derby zwischen den Traditionsklubs 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach wäre als vergleichsweise friedlich in die Annalen eingegangen. Dann aber zerstörte ein explosiver Böllerwurf die bis dahin stimmungsvolle Atmosphäre im mit 50.000 Zuschauern ausverkauften Kölner Stadion. Ein 35 Jahre alter Knallkopp auf der Hans-Schäfer-Südtribüne, wo die Ultras und weitere Hardcore-Fans des FC zuhause sind, richtete mit seiner ohrenbetäubenden Attacke einen erheblichen Schaden an. Zwölf Verletzte mussten danach in ein Krankenhaus gebracht werden, während der Täter umgehend von der am Samstag in der ganzen Stadt präsenten Kölner Polizei festgenommen worden war.
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1800 Ordnungshüter, vier Wasserwerfer und eine Reiterstaffel standen bereit, versuchten Gewalt-Akte im Keim zu ersticken. Was auch nötig war, nachdem die Polizisten rund sechshundert Problemfans in beiden Lagern ausfindig gemacht hatten, von denen einige vorsorglich in Gewahrsam genommen wurden. Im Stadion ging es bis zu dem finalen Kanonenschlag einigermaßen zivil zu, nachdem die von Kölner Gladbach-Hassern verteilte Buttersäure vor dem Borussen-Fanblock entfernt worden war und sich eine üble Duftnote rund um dieses brisante Derby in Luft aufgelöst hatte.
Borussias Sieg fällt zu knapp aus
Rein sportlich gesehen kochten die Emotionen nicht allzu hoch, war doch der durch Alassane Pléas Treffer eigentlich zu knapp ausgefallene 1:0-Erfolg der Borussen nur in wenigen Momenten der zweiten Halbzeit gefährdet.
Dass diese Kraftprobe zwischen dem Wiederaufsteiger und dem etablierten und ambitionierten Rivalen keine tiefen Spuren hinterließ, hatte mit dem von seiner Vollendung noch weit entfernten Aufbauwerk der beiden neuen Trainer Achim Beierlorzer und Marco Rose zu tun. Rose, zu Saisonbeginn vom österreichischen Meister Red Bull Salzburg gekommen, ist in Mönchengladbach seiner Wunschvorstellung schon einen Schritt näher gekommen. Auch in der Tabelle haben sich die Gladbacher fürs Erste wieder da eingereiht, wo sie die vergangene Spielzeit beendeten: im Bereich hinter den Spitzenklubs. Entsprechend vorfreudig sehen die Gladbacher ihrer ersten Europa-League-Prüfung in dieser Saison am Donnerstag gegen den Wolfsberger AC aus Österreich entgegen.
Gladbach nicht konsequent genug
Rose lobte vor allem die erste Halbzeit in Köln, als nur die fehlende Abschlussqualität seiner Spieler eine deutlichere Führung verhinderte. „Meine Mannschaft ist mutig rangegangen und hat das Spiel bestimmt“, lautete der Befund des Fußballlehrers, der zu Trainer Jürgen Klopps Zeiten in Mainz als Bundesligaprofi sozialisiert wurde und sich dessen Stil eines aggressiven Offensivfußballs mit vielen Pressing-Elementen angeeignet hat. Was Rose verbessern muss, ist die Umsetzung seiner Grundidee über die gesamte Spielzeit. Zu Recht beklagte er, dass seine Spieler im zweiten Durchgang „die Konsequenz verloren“ hätten.
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So weit wie der Kollege wäre Achim Beierlorzer, im Vorjahr noch Trainer des Zweitligisten Jahn Regensburg, gern. Seine Spieler, von denen sieben aus der Startelf vor dieser Saison keinerlei Bundesliga-Erfahrung hatten, tasten sich noch voran auf das Fußball-Neuland. Das war den nach drei Niederlagen und einem Sieg vorerst im Hinterland der Tabelle platzierten Kölnern am Samstag anzusehen. „Wir haben den Gegner durch unsere Fehler gerade im Passspiel stark gemacht“, beklagte Nationalspieler und Kapitän Jonas Hector ein deutlich sichtbares Defizit. „Dazu hatten wir in der zweiten Halbzeit nicht die Entschlossenheit vor dem Tor, die es braucht.“ Mit anderen Worten: Der 1. FC Köln ist noch dabei, sich eine neue Reife, Cleverness und Abgebrühtheit anzueignen, die für einen dauerhaft erstklassigen Part unerlässlich sind.
Trainer Beierlorzer ist da optimistisch und furchtlos – auch angesichts der bevorstehenden Reise zum Auswärtsspiel beim Meister Bayern München. „Die Bundesliga“, sagt er, „bietet uns Herausforderungen, wie wir sie im letzten Jahr gern gehabt hätten“. Der Franke gab sogleich die Losung für die nächsten Prüfungen aus: „Aufrichten und weitermachen.“ Wohin das genau führt, ist im Moment noch nicht absehbar.