Mönchengladbach. Vor dem Niederrhein-Duell gegen Düsseldorf steht Gladbachs Mittelfeldtalent im Blickpunkt. Neuhaus hatte großen Anteil am Fortuna-Aufstieg.
Es ist nur etwas mehr als ein Jahr her, da wurde Florian Neuhaus von den Nutzern des Internet-Portals transfermarkt.de auf einen Marktwert von übersichtlichen 250 000 Euro geschätzt. Dann kam eine starke Saison als Leiharbeiter bei Zweitliga-Meister Fortuna Düsseldorf, danach der Einstieg bei Arbeitgeber Borussia Mönchengladbach. Zehn Millionen Euro sind nun für Neuhaus aufgerufen. Das freut Gladbachs Sportdirektor Max Eberl, der den 21-Jährigen vom damaligen Zweitliga-Absteiger 1860 München an den Niederrhein holte. Das freut aber auch Düsseldorfs Trainer Friedhelm Funkel, der auch dank Neuhaus im Mai seinen sechsten Bundesliga-Aufstieg der Karriere feiern durfte.
Die Wege kreuzen sich am Sonntag (15.30 Uhr/Sky) im Borussia-Park. Neuhaus spielt mit Gladbach gegen die Fortuna. „Ich freue mich auf das Wiedersehen, auch wenn es sich ein wenig merkwürdig anfühlt“, gibt der U21-Nationalspieler zu. Und das münzt er nicht nur auf die ungünstige Voraussetzung eines frischen 0:5-Debakels im DFB-Pokalheimspiel gegen Bayer Leverkusen, das es gegen Bundesliga-Schlusslicht Düsseldorf zügig auszubaden gilt.
Fortuna als Sprungbrett
Der Niederrhein-Rivale entpuppte sich für Neuhaus im Sommer 2017 ein unerwartet großes Sprungbrett. Mit 1860 München, seinem familiären Stammverein seit der frühen Jugend, war er aus der Zweiten Liga abgestiegen. Die Ausschreitungen im Relegationsspiel gegen Jahn Regensburg, das Neuhaus übrigens die U20-WM in Südkorea kostete, die Trennung der Löwen vom umstrittenen Hauptsponsor Hasan Ismaik aus Jordanien, der Sturz in die viertklassige Regionalliga machte einen Tapetenwechsel nötig. Raus aus dem Münchener Freudes- und Familienzirkel mit gerade einmal 20 Jahren.
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„Die Zeit damals ist ein gutes Beispiel dafür, warum man als Profi nicht zu weit nach vorn schauen sollte“, sagt Neuhaus. Das Unerwartete ist immer möglich. Gladbach griff zu, verlieh das Talent aber sogleich an den Nachbarn. Im Stahlbad Zweite Liga ragte einer wie der spielstarke Neuhaus heraus. Auch deshalb erklärte Sportdirektor Max Eberl die Rückkehr Neuhaus‘ nach Gladbach für unverhandelbar. Das schmeckte Fortuna natürlich nicht.
Die Lobeshymnen schmeicheln dem Youngster, der Bescheidenheit markigen Worten vorzieht. „Florian ist schnell im Kopf und hat auf dem Platz eine herausragende Antizipation“, sagt beispielsweise Max Eberl. „Er hat sofort sportliche Ansprüche bei uns angemeldet, das hatte ich ihm mit auf den Weg gegeben, und das freut mich natürlich sehr“, hebt Trainer Dieter Hecking hervor.
"Entscheidender Faktor für den Aufstieg"
Heckings Sonntagsgegner Friedhelm Funkel vermisst indes einen spielstarken Dynamiker wie Neuhaus im defensiven Mittelfeld: „Bei uns war Florian einer der entscheidenden Faktoren für den Aufstieg.“ Allein seiner drei Treffer in den ersten Heimspielen der vergangenen Saison gegen Braunschwieg, Kaiserslautern und Union Berlin wegen, die die Spielzeit für Fortuna von Beginn an Richtung Aufstiegschance gelenkt hatten.
Neuhaus‘ ehemaliger Coach bei 1860 München, der frühere Duisburger Kosta Runjaic (jetzt Pogon Stettin/Polen), ahnte vor anderthalb Jahren schon, dass sein Mittelfeldspieler nicht bei den Löwen bleiben würde: „Flori ist eine coole Sau, unbekümmert, frech und dynamisch. Er kann es in der Bundesliga weit bringen.“
Zumindest mal bis ins weiß-grüne Gladbacher Dress. Die Farben stehen auch für Neuhaus‘ erste Fußball-Berührung. Sein Onkel schenkte ihm 2004 ein grünes Trikot mit dem Namen des einstigen Bremer Torjägers Ailton auf der Schulter. „Mein Onkel war Bremen-Fan, ich habe sogar in Werder-Bettwäsche geschlafen als Siebenjähriger“, sagt Neuhaus schmunzelnd. Dass er, wie Ailton, bei Gladbach die 32 auf dem Rücken trägt, sei aber purer Zufall.
Die einstige Kaltschnäuzigkeit des Bremer Kugelblitzes bewundert Neuhaus bis heute. Dazu die nahezu perfekten Spiele von Positionskollege Toni Kroos bei Real Madrid. In seinem Kinderzimmer hing aber früher nicht das Poster von Ailton oder Kroos, sondern eines von Mesut Özil an der Wand. Die freche Leichtigkeit des gebürtigen Gelsenkircheners kann Neuhaus auch auf den Rasen bringen. Sein Gladbacher Trainer Dieter Hecking ließ den Jungspund direkt von der Leine. „Das ist immer eine gute Voraussetzung, um sich zu beweisen“, so Neuhaus. Die Düsseldorfer werden ihrem Helden der vergangenen Saison am Sonntag trotzdem keinen schönen Fußballtag wünschen.