Mönchengladbach. . Thorgan Hazard stemmt sich mit Mönchengladbach gegen die sportliche Krise. Doch der Belgier ist in Europa begehrt. Nach der WM scheint ein Wechsel möglich.

Thorgan Hazard (24) stammt aus einer belgischen Fußball-Familie. Papa Thierry war Zweitliga-Spieler bei La Louviere und ist Berater seiner Söhne, Mama Carine ging in Belgiens erster Liga sechs Jahre auf Torejagd. Thorgans Bruder Eden (27) ist einer der Chelsea-Stars, Kylian (22) spielt nach seinem Engagement bei Újpest Budapest nun für die Chelsea-Reserve. Da stützt Thorgan Hazard bei Borussia Mönchengladbach, mit 20 Millionen Euro Markwert wertvollstes Fohlen, die familiäre Tradition. Der belgische Nationalspieler und seine Kollegen stecken allerdings vor dem Bundesligaspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen die TSG Hoffenheim im sportlichen Tief.

Herr Hazard, hätte es eigentlich auch einen anderen Beruf als Fußballprofi für Sie geben können?

Thorgan Hazard: Fußball ist das, was ich mit Abstand am besten kann. Ich spiele dazu gern Tennis. Und ein wenig Golf, wofür mir aber etwas Zielgenauigkeit fehlt. In der Jugend habe ich auch Judo gelernt.

Was ist hängen geblieben?

Thorgan Hazard: Judo war eine gute Schule, um Körperbeherrschung und Durchsetzungsvermögen zu erlangen.

Letzteres fehlt der Borussia derzeit. Der Angriff wartet seit 630 Spielminuten auf ein Tor.

Thorgan Hazard: Wir müssen diese Statistik schnell verbessern, wenn wir Platz sieben noch holen wollen. Hoffenheim wird am Samstag für uns ein Schlüsselspiel werden. Da können wir trotz der vielen Punktverluste zuletzt noch einmal ins Europa-Rennen zurückfinden. Wir brauchen endlich auch mal Spielglück. Und wir müssen clever sein und Kampfgeist zeigen – wie beim Judo.

Trainer Dieter Hecking bemerkte nach dem 0:2 in Leverkusen, dass einige Spieler eine Pause bräuchten. Er nannte dabei Lars Stindl und auch Ihren Namen. Hat er recht?

Thorgan Hazard: Grundsätzlich will ich keine Spielminute verpassen . . .

. . . aber?

Thorgan Hazard: Frische Spieler von der Bank sorgen nun mal für Entlastung bei denen, die immer spielen. Wir sind alle keine Maschinen. Wer immer viel rennt und kämpft, wie Lars und ich es tun, der wird auch mal müde. Deshalb spielt die andauernd lange Verletztenliste bei uns eine große Rolle. Wir sind derzeit nicht so gut, wie die Aufstellung auf dem Papier es aussagt. Das ist nicht nur eine Frage der Kraft, sondern auch eine des Selbstvertrauens.

Raffael ist wieder im Training und könnte Samstag gegen Hoffenheim helfen.

Thorgan Hazard: Das wäre für uns ein großer Vorteil. Raffael ist ein Faktor im Offensivspiel, will immer den Ball, schafft Platz für die Mitspieler und ist für den Gegner wegen seiner spielerischen Stärke eine echte Gefahr.

Viele Borussia-Fans fragen sich, ob Thorgan Hazard über den Sommer hinaus trotz Vertrags bis 2020 bleibt, wenn Gladbach erneut nicht international spielen sollte.

Thorgan Hazard: Vor dem Ende der laufenden Saison ist das für mich kein Thema. Gladbach braucht einen kompletten Thorgan, auch gedanklich, damit es mit Europa noch klappen kann. Dass ich wie alle bei Borussia gern wieder international spielen würde, ist doch klar.

Beeinflussen Sie denn trotzdem die andauernden Gerüchte, dass Spitzenklubs an Ihnen interessiert sind – wie der FC Chelsea, Leicester City, Atlético Madrid oder FC Sevilla?

Thorgan Hazard: Nein. Wie gesagt, damit beschäftige ich mich während der laufenden Saison nicht. Ich spiele in Gladbach bei einem Topteam der Bundesliga und habe mich hier in den vergangenen dreieinhalb Jahren sehr gut entwickelt. Aber ich kann noch mehr. Wir stecken aktuell in einer schwierigen Phase, die müssen wir beenden.

In der vergangenen Saison haben Sie mal gesagt, Sie seien noch nicht bereit für die Premier League oder die Primera Division. Hat sich Ihre Einschätzung verändert?

Thorgan Hazard: Das Niveau der Bundesliga ist ebenfalls extrem hoch. Wenn ein Spieler bei einem Topteam der Bundesliga permanent spielt, hat er auch England oder Spanien drauf.

Als Außenangreifer oder als Zehner im offensiven Mittelfeld?

Thorgan Hazard: Ich denke, dass ich als Zehner am stärksten bin. Ich habe als Fußballer gerne Freiheiten. Die Position habe ich beim SV Zulte Waregem in Belgien gespielt. In unserer 4-4-2-Spieltaktik kommt der Zehner ja nicht vor, das muss ich respektieren. Auf der linken oder rechten Außenbahn bin ich aber auch zu gebrauchen und kann rochieren (lacht).

Die Weltmeisterschaft im Juni und Juli in Russland wird sicher ein Jahreshöhepunkt – auch für Sie, sofern Sie Nationaltrainer Roberto Martínez nominiert. Was ist von Belgien zu erwarten?

Thorgan Hazard: Wir haben in der Qualifikation kein Spiel verloren und mit England, Tunesien und Panama nicht die schwerste WM-Gruppe erwischt. Sollten wir in voller Stärke spielen, können wir weit kommen.

Belgien gilt auch diesmal als Geheimtipp. Berechtigt?

Thorgan Hazard: Das denke ich schon. Natürlich sind Brasilien, Argentinien, Weltmeister Deutschland und auch Frankreich favorisiert. An einem sehr guten Tag können wir sie aber auch alle schlagen.