Mönchengladbach. Bundesliga-Rückkehrer Kevin-Prince Boateng schoss Eintracht Frankfurt in Mönchengladbach zum 1:0-Sieg. Die Gladbacher liefen nur hinterher.

Aussprechen mochte es niemand bei Borussia Mönchengladbach nach der ersten Saisonniederlage im vierten Pflichtspiel, einem ernüchternden 0:1 (0:1) gegen Pokalhalbfinal-Trauma Eintracht Frankfurt. Aber ein Reißer, einer der Marke Kevin-Prince Boateng, genau so einer hatte dem Team von Cheftrainer Dieter Hecking schlicht gefehlt. Ein zweibeiniger Bulldozer, der die störrische gegnerische Doppelkette beiseite schaufelt. Per Solo, im Zweikampf, rustikal, mit der nötigen Portion Wut im Schuh. Wenigstens einmal in 90 plus acht Bundesliga-Minuten.

Boateng brachte die Frankfurter in die Spur

Boateng, der defensives und offensives Mittelfeld ebenso beherrscht wie Angriffsspitze, besitzt all jene Fähigkeit. Physisch und mental. Der Allrounder ist einer, über den sein ehemaliger BVB-Trainer Jürgen Klopp einst 2009 gesagt hat, er habe hundert Arten der Ballannahme drauf. Die Gladbacher Anhänger bekamen davon 51 Minuten lang eine Ahnung. Bis Boateng nach einem Schlag an die Schläfe ausgewechselt werden musste.

“Mir war schwindelig, ich konnte so der Mannschaft nicht mehr helfen”, betonte er hinterher. Dabei hatte Boateng die zwei Spiele lang torlosen Frankfurter längst in die Spur gebracht.

Zwei Jahre und drei Monate, nachdem der Deutsch-Ghanaer beim FC Schalke 04 wegen kontraproduktiver Stimmungsmache in der Umkleide suspendiert worden war, meldete sich der 30-Jährige mit einem Siegtreffer in der Bundesliga zurück.

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Bei UD Las Palmas in der starken spanischen Primera Division lief es für den Allrounder zuvor auch recht gut: zehn Tore in 28 Spielen auf exzellentem Niveau. Doch Boateng wollte lieber wieder seiner Familie nahe sein, im heimischen Berlin.

Dem August-Wechsel von den Kanaren nach Mainhattan sollen sportliche Großtaten folgen. Gladbach, der Siegtreffer, die Selbstgeißelung für ein verschuldetes Abseitstor dürften erst der Anfang gewesen sein.

“Ich wollte mir das einfachste Tor meiner Karriere klauen, das war ein blöder Fehler”, so gab Boateng zu. Was für einen, der sein Selbstbewusstsein nicht gerade im Kleiderschrank versteckt, erstaunlich ist. Das sichere 1:0 durch Mijat Gacinovic nach nur 50 Spielsekunden hatte der Neu-Frankfurter unnötig über die Torlinie gedrückt - aus einer Abseitsposition heraus. Wenig später sein erster Treffer im Eintracht-Dress aber dann doch amtlich. Und spielentscheidend.

Im Jubel wurde Boateng eine ungewöhnliche Botschaft los. Sein zum Vorschein kommendes T-Shirt unter dem roten Trikot erinnerte an Fußballprofi Abdelhak Nouri und dessen Rückennummer, die 34. Der 20-jährige Mittelfeldspieler von Ajax Amsterdam hatte beim Sommertest gegen Werder Bremen in Österreich auf den Platz einen Herzstillstand erlitten. “Das ist eine Tragödie, die mich ganz schön mitgenommen hat. Ich kenne Nouri und seine Familie nicht, wollte ihnen aber so alles Beste wünschen.” Was nicht einmalig bleiben soll. Boateng: “Ich werde das T-Shirt bei jedem Spiel in dieser Saison tragen und es nach jedem Tor zeigen.”

Trainer Niko Kovac wäre es nur recht: “Ich kenne Kevin noch als 17-Jährigen. Er ist gradeaus, hat Emotionen, kann eine Mannschaft führen - auch ohne Kapitänsbinde.”

Was auf Schalke so nicht funktionierte. Boateng glaubte im Mai 2015 nicht mehr daran, dass noch königsblauer Teamgeist herrschte. Seine öffentlich gemachte Kritik, auch an der mittlerweile gestürzten Kapitäns-Ikone Benedikt Höwedes, endete in der Suspendierung. Die Bundesliga schien für den gebürtigen Berliner damit Geschichte. Über den AC Mailand und UD Las Palmas ist Boateng nun zurück. Und propagiert wieder Teamgeist. Bei der Eintracht. “Wir haben elf Neuzugänge und 480 Sprachen in der Kabine. Das darf man nicht vergessen. Wir müssen erst noch einen Teamgeist kreieren, um erfolgreich zu sein.” Bulldozer Boateng wird vornweg gehen. Wie am Samstag in Gladbach. Das ist sein Auftrag.