Hamburg. Borussia Mönchengladbach hat gegen den Hamburger SV 2:1 gewonnen. Jetzt wollen die Gladbacher nach Berlin. Hecking lobt die Mannschaft.
Mönchengladbach darf weiterhin vom ersten wichtigen Titel seit dem DFB-Pokalsieg 1995 träumen: Zwei Elfmetertore reichten Borussia zum 2:1 (0:0) im Viertelfinale beim Hamburger SV, um zum ersten Mal seit 2012 wieder das Pokal-Halbfinale zu erreichen. Die zwei Strafstöße verwandelten in der zweiten Halbzeit Lars Stindl (53.) und Raffael (60.) vor 53.000 Zuschauern. Die nächste Pokalrunde findet am 25./26. April statt. Auch wenn es Elfmeter waren: Verdient war der Sieg allemal. Der Anschlusstreffer durch Bobby Wood in der Schlussminute war nur Kosmetik.
Übermütig sang der Borussen-Anhang: „Wir fahren nach Berlin!“ Sogar Trainer Dieter Hecking war euphorisiert: „Im DFB-Pokal will man natürlich immer nach Berlin. Wir müssen nur noch einen Schritt tun.“ Das Pokalfinale ist am 27. Mai. Dass Borussia Mönchengladbach überhaupt noch in der Verlosung ist, grenzt an ein Wunder. Kurz vor Weihnachten hatte Hecking einen Abstiegskandiaten übernommen. Die Spieler sind heute kaum wiederzuerkennen.
Hecking lobt die Mannschaft
Hecking: „Ich muss der Mannschaft ein Riesenkompliment machen. Nach dem Trainerwechsel sah sie sich selbst in der Verantwortung, dass man anders auftreten muss.“ Das ist gelungen: Jetzt steht Mönchengladbach in der Europa League im Achtelfinale und im DFB-Pokal im Halbfinale. Hecking weiter: „Wir sind sehr froh, dass wir in Hamburg die Hürde genommen, die sehr hoch war. Wir begannen nicht gut. Es ist bewundernswert, woher die Mannschaft die zweite Luft holte.“
Verwunderlich war eher, dass Mönchengladbach zwei Elfmeter brauchte, um den taumelnden Gegner zu besiegen. Hecking wusste ja, wo Hamburg verwundbar ist. Nicht zuletzt das 0:8 bei Bayern offenbarte die Abwehrschwäche beim HSV: 45 Gegentore in der Liga — schlechter ist aktuell keine andere Mannschaft. Hecking: „Wir haben uns sehr schwer getan. Und waren froh, dass der HSV Kraft verloren hat, damit wir Räume bekamen und das Spiel im Griff hatten.“
Zuerst hatte der HSV-Verteidiger Mavraj den Rechtsaußen Patrick Herrmann von den Beinen geholt, dann Ostrzolek den ebenso agilen Jonas Hofmann. Beide Strafstöße waren berechtigt, so sehr die Hamburger auch bei Schiedsrichter Marco Fritz protestierten. Stindl und Raffael verwandelten sicher und entschieden vorzeitig eine Partie, die schnell in einer Peinlichkeit hätte enden können. Fast eine Stunde lang konnte Gladbach die höheren Spielanteile nicht nutzen.
Stindl als Spieler des Spiels ausgezeichnet
Nach der Diskussion um sein Handtor beim 2:0 in Ingolstadt beschäftigte Stindl noch ein zweiter Gedanke: In der Bundesliga-Hinrunde hatte er seinen Elfmeter gegen den HSV verschossen. Stindl: „Natürlich hatte ich das im Hinterkopf. Glücklicherweise ging der Ball ins Tor. Das Handtor auszublenden, war schwierig.“ Schön für ihn: DFB-Präsident Grindel zeichnete ihn nach Schlusspfiff zum „Spieler des Spiels“ aus.
Die Statistik hatte vor dem Pokalspiel die Vermutung aufkommen lassen, dass ein torloses Viertelfinale drohen könnte. Sowohl der Hamburger SV als auch Borussia Mönchengladbach waren ohne Gegentor in dieses Duell gelangt. Die Gladbacher hatten ihre Aufgaben pflichtgemäß mit dem 1:0 in Drochtersen, dem 2:0 gegen den VfB Stuttgart und dem 2:0 zuletzt in Fürth erfüllt. Der Hamburger SV aber trat mit der Reputation eines angeschlagenen Boxers auf.
Auf fünf Positionen hatte HSV-Trainer Markus Gisdol seine Mannschaft nach dem 0:8 geändert. Volksheld Papadopoulos (zwei Tore in der Bundesliga) mit dem erklärten Pokalschreck Wood (drei Tore im Pokal) in der Startelf: Da wollte der Abstiegskandidat offenbar mit einem Lucky Punch die verkorkste Saison retten. Kollege Hecking aber war nicht einzuschüchtern: Zum Europacup-Helden Lars Stindl stellte er nominell eine zweite Sturmspitze: den genesenen Raffael.
Ein mutiges wie zunächst ertragloses Manöver. Von Beginn an diktierte der Europacup-Teilnehmer zwar das Tempo, aber ohne gefährlich vor das Tor zu kommen. Die ersten Torchancen hatte Hamburg. Zuerst scheiterte Wood an Torwart Sommer (18.), kurz darauf Papadopoulos mit seinem Kopfball (19.). Erst nach 37 Minuten die erste Großchance: Kramer setzt sich im Gewusel rechts im Strafraum durch, den Stindl-Schuss aber blockt Papadopoulos zur Ecke. Mehr kam nicht.
Der HSV war selbst schuld
So schien es lange Zeit fast logisch zu sein, dass die Partie entweder in die Verlängerung geht — oder durch Standardsituationen entschieden wird. Der HSV war selbst schuld: Viel zu ungestüm ging Mavraj (wie schon gegen Thomas Müller beim Desaster in München) in den Zweikampf mit Herrmann. Stindl versetzte Torwart Adler sehr gekonnt mit dem Schuss rechts unten. Ostrzoleks Vergehen gegen Hofmann ahndete Raffael spektakulärer: Der Elfer schlug oben links ein.
Es waren die einzigen Höhepunkte eines Pokalspiels, dieses 2:1 wird man schneller vergessen als das 0:8 in Hamburg oder das 4:2 in Florenz eine Woche vorher.
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