Fehldiagnose - Gladbachs Herrmann spielte mit Kreuzbandriss
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Mönchengladbach. Erst nach über einem Monat bemerkten die Mönchengladbacher Ärzte Patrick Herrmanns Kreuzbandriss. Warum fiel die schwere Verletzung so spät auf?
Patricks Herrmanns Verletzung beim 2:1-Testspielsieg von Borussia Mönchengladbach gegen den Schweizer Erstligisten FC Sion war nur eine Randnotiz. Natürlich reagierten die Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten besorgt, als sich der Flügelspieler am 4. September das linke Knie verdrehte. Die MRT-Untersuchung am Tag danach schien jedoch die schlimmsten Befürchtungen wegzuwischen: Wegen einer schweren Kapselreizung mit Sehnenansatzbeteiligung verpasste der 29-Jährige zwar die beiden folgenden Bundesligapartien und auch das Mönchengladbacher Champions-League-Debüt in Sevilla, doch bereits am 23. September kehrte Herrmann beim 4:2-Befreiungsschlag gegen Augsburg in die Startelf zurück. Wie sich nun herausstellte, spielte er seitdem mit einem gerissenen hinteren Kreuzband. Ein bitterer wie seltener Fall.
Herrmann habe bei maximaler Belastung noch über Restbeschwerden geklagt, sagte Borussias Mannschaftsarzt Dr. Stefan Hertl. Deshalb nutzte der Mediziner die derzeitige Länderspielpause für weitere Untersuchungen. Eine erneute Kernspintomographie zeigte schließlich den Riss des hinteren Kreuzbandes - über einen Monat, nachdem Herrmann in Sion ausgewechselt worden war. "Es ist davon auszugehen, dass sich bei der ersten Untersuchung Flüssigkeit im Knie gesammelt hat, die dafür gesorgt hat, dass man den Riss des hinteren Kreuzbandes nicht sehen konnte", erläuterte Hertl die erste Fehldiagnose.
Zweiwöchige Reha schlug an
Dr. Björn Stumpenhausen hält diese Erklärung für plausibel: "Bei frischen Knieverletzungen liefert auch die Kernspintomographie, zum Beispiel wegen Flüssigkeitseinlagerungen, nicht immer genaue Bilder", sagte der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie der Tageszeitung "Welt". Auf weitere diagnostische Maßnahmen verzichtete das Mönchengladbacher Medizinerteam wohl, weil die zweiwöchige Reha bei Herrmann anschlug und die Schmerzen fast vollständig verschwanden.
Dies ist bei Verletzungen des hinteren Kreuzbandes außergewöhnlich. Herrmanns Riss ist jedoch isoliert, zudem sind "sämtliche anderen Kniebinnenstrukturen zum Glück unverletzt geblieben", sagte Mannschaftsarzt Hertl. Deswegen flitzte der zweifache deutsche Nationalspieler bei den Siegen über Augsburg, Stuttgart und Wolfsburg sowie der Niederlage in der Champions League gegen Manchester City über den Rasen. Und deswegen erkannten die Ärzte die Schwere seiner Knieverletzung erst jetzt.
Mediziner rechnet nicht mit Spätfolgen
Dass die Einsätze die Blessur weiter verschlimmert haben, glaubt Stumpenhausen nicht: "Grundsätzlich kann jede Bandverletzung auch Spätfolgen nach sich ziehen. Zwei Wochen sportliche Betätigung haben für das Kniegelenk aber vermutlich keine negativen langfristigen Auswirkungen."
Nach Beratung mit den Knie-Spezialisten der Kölner Mediapark-Klinik und "in enger Absprache mit Patrick", wie Hertl sagte, "haben wir entschieden, dass er nun einige Wochen ein individuelles Rehaprogramm durchführen wird, um danach entscheiden zu können, ob eine absolute Beschwerdefreiheit vorliegt und Patrick wieder einsatzfähig ist."
Spätere Operation ist nicht ausgeschlossen
Gladbach siegt 2:0
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"Bei einem Riss des hinteren Kreuzbandes stehen die Erfolgschancen bei konservativer Behandlung durchaus gut. Bei erfolgreicher Reha sollte das Knie nach rund sechs Wochen wieder klinisch stabil sein" sagte Stumpenhausen. Herrmanns Comeback noch in der Hinrunde scheint dennoch ausgeschlossen, da sich der Mönchengladbacher anschließend mit muskulären und motorischen Übungen erst langsam wieder an sein altes Niveau herantasten kann. Das wäre der optimale Behandlungsverlauf. Begleiten die Schmerzen Herrmann allerdings auch nach der Reha, muss er wahrscheinlich doch noch operiert werden - und könnte in dieser Saison wohl nicht mehr das Borussia-Trikot tragen.
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