Köln. . Im DFB-Pokalfinale der Frauen setzt sich die neue starke Kraft VfL Wolfsburg gegen Turbine Potsdam mit 3:2 (1:0) durch. Die Wolfsburgerinnen haben die Hackordnung eines Jahrzehnts gründlich aufgebrochen.

Bernd Schröder ist jetzt 71 Jahre alt, er hat im Laufe der vergangenen zehn Jahre sechs Mal mit seiner Mannschaft im Pokalfinale gestanden, er hat dreimal gewonnen und dreimal verloren, und an diesem Pfingstsonntag in Köln schüttelt der ewige Trainer des Frauenfußball-Bundesligisten Turbine Potsdam seinem vierten Bundespräsidenten die Hand. Soll also keiner glauben, dass Bernd Schröder nach dem 2:3 (0:1) gegen den VfL Wolfsburg sonderlich aufgeregt gewesen wäre. Das gelassene Gemüt des Verlierers passte zum gebremsten Schaum des Siegers: Wolfsburgs Trainer Ralf Kellermann und seine Spielerinnen haben ja noch etwas vor.

Denn im Frauenfußball ist dem VfL Wolfsburg mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln gelungen, was bei den Männern nicht klappen will: Der Verein verkörpert die nationale Spitze. Vor einer Woche sackte der VfL souverän seine erste Meisterschaft ein, nun also der Sieg im DFB-Pokal. Am Donnerstag steht in London noch das Finale der Champions League an, in dem Wolfsburg auf Olympique Lyon trifft. „Wir haben nichts zu verlieren, wir spielen ohne jeden Druck“, sagt Kellermann, und was üblicherweise Ablenkungsmanöver ist, darf man diesmal glauben, weil Lyon als turmhoher Favorit antritt. Die Französinnen sind nicht nur Titelverteidiger, sie sind seit 118 Pflichtspielen unbesiegt – nein, kein Druckfehler: 118!

Der Traum vom Triple

Der Traum vom Triple wird sich für den FC Bayern des Frauenfußballs also vermutlich nicht erfüllen. Aber in Deutschland hat das Team die Hackordnung eines Jahrzehnts gründlich aufgebrochen: Vorbei ist die Zeit, in der zwei Vereine sich den Kuchen aufgeteilt haben. Turbine Potsdam, das ist immer noch der große Ausbildungsverein aus dem Osten mit dem großen Grantler Schröder an der Seitenlinie. Der FFC Frankfurt war mit seinem umtriebigen Manager Siggi Dietrich der Gegenpol aus dem Westen, der alles kaufte, was gut und teuer war, und wird diese Rolle weiter spielen.

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Nun aber etabliert sich Wolfsburg als ernstzunehmende Kraft. In Köln schauten Sportdirektor Klaus Allofs, Herren-Trainer Dieter Hecking und VW-Vorstand und VfL-Aufsichtsratschef Javier Francisco Garcia Sanz zu, was Ralf Kellermann sichtlich stolz und der Konkurrenz Sorgen machte, weil es andeutet, welches Potenzial in Wolfsburg noch schlummert. Dahinter steckt Volkswagen, natürlich. Aber nicht ausschließlich: Die ehemalige Duisburgerin Alexandra Popp sagte beim VfL zu, als der Verein ihr die gewünschte Ausbildungsstelle zur Tierpflegerin besorgt hatte.

Popp, die verletzt fehlte und bis Donnerstag fit sein soll, sah ein Spiel, das leicht hätte anders ausgehen können. Eine Halbzeit lang war’s Frauenfußball auf überschaubarem Niveau, dann hatte Wolfsburg nach drei schnell aufeinander folgenden Toren kurz vor und kurz nach der Pause schon beide Hände am Pokal, ehe Potsdam Unterhaltungswert ins Spiel brachte.

Am Ende aber hielt Wolfsburg ein knappes 3:2, und Bernd Schröder war es, der ein Fazit mit der Gelassenheit aus vielen Endspielen und noch mehr Lebensjahren zog: „Sie waren heute um das eine Tor besser.“