Warschau. . Mit der Nummer 11 auf dem Rücken, die lange Jahre WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose trug, feierte Karim Bellarabi sein DFB-Debüt. Der Leverkusener lieferte trotz der 0:2-Niederlage in Polen das vielversprechendste Debüt der jüngsten DFB-Vergangenheit - auch weil er Fußballerleben neu geordnet hat.

Karim Bellarabi trug ein schwarzes Käppi auf dem Kopf, als der Flieger die Nationalmannschaft am Sonntagmittag wieder nach Hause brachte und der 24-Jährige nach der Landung in Düsseldorf die Maschine verließ. Die Schirmmütze war nicht so tief ins Gesicht gezogen, wie es andere bedröppelte Weltmeister bevorzugten angesichts der schmerzhaften 0:2-Pleite in Polen. Bellarabi hatte gar keinen Grund, sich verstecken zu müssen. Zwar war der vorherige Abend für die deutschen Kicker ergebnisbedingt nicht vergnügungssteuerpflichtig, doch mit dem Leverkusener blickte wenigstens einer von ihnen auf einen individuell gelungenen Abend zurück.

73. Neuling unter Löw

Trotz der Niederlage „ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagte Bellarabi stolz im Bauch des Warschauer Nationalstadions. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines marokkanischen Vaters, der einen großen Teil seiner Jugend bei seinem ghanaischen Stiefvater aufwuchs, hatte als 73. Spieler in der zehn Jahre währenden Amtszeit von Bundestrainer Joachim Löw erstmals das DFB-Trikot übergezogen. Diese Zahl wird ein wenig relativiert, wenn man jenes WM-Vorbereitungsspiel im Mai gegen Polen (0:0) in Erinnerung ruft, bei dem zwölf Neulinge aufliefen. Zugegeben, aus diesem Dutzend haben es zwei Monate später Christoph Kramer und Shkodran Mustafi zu weltmeisterlichen Ehren gebracht – aber spielerisch ist in jüngster Vergangenheit kein Debütant so prägnant in Erinnerung geblieben wie eben jetzt Bellarabi.

Und er trat ein großes Erbe an, schließlich übernahm Bellarabi jene Nummer elf auf dem Rücken, die zuvor Miroslav Klose 137 Mal so erfolgreich trug. Dies erwies sich allerdings nicht als Last auf den schmalen Schultern des Offensivspielers. „Die Aufregung hatte sich schnell gelegt“, erzählte Bellarabi, der zunächst mit vielen Ballgewinnen auf sich aufmerksam machte, sich anschließend auch druckvoll in die Offensive einschaltete. „Ich hatte sehr viele Chancen, muss eigentlich zwei Tore machen. So bin ich schon ein wenig traurig.“

Bellarabi hat dazugelernt

Es gab Zeiten in seiner noch jungen Karriere, da hätte Bellarabi nach einer Pleite wohl anders reagiert auf seine ansprechende Darbietung. So wie im März 2012, als er seinen Champions-League-Treffer gegen den FC Barcelona als „großen Moment für mich“ bezeichnet hatte. Das Leverkusener Umfeld war angesichts der 1:7-Demütigung wenig begeistert von dieser Aussage. Ihm eilte der Ruf nach, mit seinem Talent verschwenderisch umzugehen und nicht dem gängigen Verhaltensmuster eines Profis zu entsprechen. Menschlich und sportlich entwickelte sich Bellarabi aber in der letzten Spielzeit, als Eintracht Braunschweig ihn ein zweites Mal auslieh, enorm weiter.

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So honorierten viele Mitspieler dies am Samstag gegen Mitternacht mit lobenden Sätzen, die sich in der Enttäuschung über das 0:2 im Wortlaut sehr ähnelten. Joachim Löws Einschätzung war da schon differenzierter: „Er war ständig präsent, hatte einige gute Aktionen und ist zu Abschlüssen gekommen.“ Aber zu Bellarabi fielen auch Worte, die sich erst beim zweiten Hinhören als Kompliment herausstellten. „Leider hat auch er das Tor nicht getroffen – wie wir alle da vorne“, sagte Thomas Müller über den Neuling. Nicht besser, vor allem aber nicht schlechter als die Weltmeister. Gar nicht übel fürs erste Mal.