Danzig.. Miroslav Klose hat von seinem Wechsel nach Rom profitiert. Aber noch weiß niemand, ob er am Donnerstag im EM-Halbfinale gegen Italien spielen wird. Denn in vorderster Linie hat Bundestrainer Joachim Löw weiterhin zwei bestechende Stürmer zur Verfügung, von denen aber nur einer spielen kann.
Der Gesichtsausdruck ist immer der gleiche geblieben. Der Mensch zu diesem Gesicht aber hat sich verändert. Früher war Miroslav Klose in den Reihen der Nationalmannschaft ein junger Kerl, der kaum einen Satz hervorbrachte und schnell als spröde galt. Mittlerweile ist er der Senior Chef des spielenden Personals, seit Beginn dieser EM ist er 34 Jahre alt. Sein Wort zählt etwas. „Italien“, sagt er also und schaut so harmlos wie eh und je: „Italien kann kommen.“
Es ist nicht die Botschaft an sich, die im Land des Halbfinal-Gegners vom kommenden Donnerstag Sorge auslöst, sondern der Überbringer. Denn diesen Miroslav Klose haben die Italiener im Trikot von Lazio Rom nun ein Jahr lang in ihrer Liga hautnah erlebt. Deswegen genießt er höchste Wertschätzung, deswegen fürchten sie ihn, den Torjäger.
Er traf in seinem ersten Pflichtspiel für Lazio, er traf im ersten Ligaspiel für Lazio, er traf insgesamt 13 Mal in der Liga für Lazio, ehe ihn eine Verletzung jäh stoppte. Aber da hatten die italienischen Medien schon längst Blumenkränze aus Worten für den in Polen geborenen deutschen Nationalspieler geflochten. Klose sei „derart gewohnt, bei jeder Gelegenheit zu treffen, dass ihn ein weiteres Erfolgserlebnis nicht zu berühren scheint. Er trifft und ändert nicht einmal seinen Gesichtsausdruck“, stellte La Repubblica fest.
Große Zuneigung der Lazio-Fans
Er sei „ein Tor-Hai“, „ein Mythos“ und damit „der wahre König Roms“, wetteiferten die anderen italienischen Zeitungen spätestens nach seinem Tor zum lang ersehnten Derbysieg gegen den AS Rom. Tage später stand ein Briefträger vor Kloses Tür und wollte ihm vor Glück die Füße küssen.
Der Stürmer genießt die Zuneigung. „Die Fans unterstützen mich riesig“, sagt er. Mit seiner Frau Sylwia und den Zwillingen ist er vor einem Jahr nach Italien gezogen. Er weiß jetzt, dass es die richtige Entscheidung war. Noch einmal ein anderes Land erleben, eine andere Kultur, eine andere Einstellung zum Leben. Das gefällt ihm. „Italien hat uns und hat mir als Fußballer viel gegeben“, sagt er. „Professionalität, Genauigkeit, Pünktlichkeit – das ist wichtig in Deutschland. In Italien nehmen sie alles lockerer, gelassener.“
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Er brauchte Zeit, um sich ein wenig daran zu gewöhnen. Die Uhrzeit zur Abfahrt zum Spiel wird von den meisten seiner Kollegen bei Lazio eher als grober Richtwert verstanden. Es stört auch niemanden, wenn ein Mitspieler ein bisschen zu spät erscheint. Gehört halt dazu. Es ist ganz lustig, sich Klose in diesem Szenario vorzustellen, den preußisch groß gewordenen Voll-Profi, der einmal in seiner langen und erfolgreichen Karriere zu spät gekommen war, weil die Autobahn vor Kaiserslautern gesperrt war. Es müsste ihn eigentlich wahnsinnig machen. Aber er mag es, sich nicht immer zwanghaft wie ein Profi benehmen zu müssen. „Diese Einstellung“, sagt er, „könnte ein Vorteil sein für die Italiener.“
Klose oder der Drei-Tore-Mann Mario Gomez?
Noch ist auch nicht klar, ob Miro d’Italia das Vergnügen haben wird, im Halbfinale von Anfang an mitzuspielen. Denn in vorderster Linie hat Bundestrainer Joachim Löw weiterhin zwei bestechende Stürmer zur Verfügung, von denen aber nur einer spielen kann: Klose oder der Drei-Tore-Mann Mario Gomez, der vor dem Viertelfinale aus der Mannschaft rotiert wurde. Löws Entscheidung gilt als offen, wenngleich Klose gegen Griechenland einen starken Auftritt hinlegte, in dem er mit seiner Beweglichkeit und Spielfreude auch den bis dato eher zurückhaltenden Spielmacher Mesut Özil deutlich besser machte, weil er ihm mehr Möglichkeiten bot.
„Der Trainer hat das Glück, dass er den aufstellen kann, bei dem er für dieses Spiel ein gutes Gefühl hat“, sagt Klose. Aber sicher ist, dass Miroslav Klose in diesem Spiel ein gutes Gefühl hätte. Gegen Italien zu spielen, das Land seines Arbeitgebers, in dem er neue Facetten an sich kennen lernen durfte, das würde ihm gefallen. „Die Italiener“, sagt Klose noch, „versuchen auch immer alles zu geben. Zumindest machen sie einen entsprechenden Gesichtsausdruck.“ Ein breites Lächeln ziert nun kurz das Gesicht von Miroslav Klose.