Danzig. Thomas Müller ließ zwei Tage vor dem Viertelfinale gegen Griechenland seinem Frust freien Lauf. „Ich finde es ein wenig komisch, dass von den Medien so auf die Euphoriebremse gedrückt und nach Fehlern gesucht wird“, sagte der Nationalspieler. Im DFB-Team steigt die Nervosität wieder an.
Das Wetter war trist, die Stimmung leicht gereizt. Thomas Müller ließ zwei Tage vor dem Viertelfinale gegen Griechenland seinem Frust freien Lauf. Die deutsche Nationalmannschaft, sagte der Mittelfeldspieler, würde von den Medien unter Wert beurteilt. „Im Moment kommt einem das so vor, dass wenn man den EM-Titel holen würde, man sich dafür schämen müsste", sagte der WM-Torschützenkönig von 2010. Das deutsche Team holt das Optimum, drei Siege aus drei Spielen, aber dennoch würde genörgelt, führte der Münchner aus.
Nach dem Viertelfinale, falls am Freitag in Danzig (20.45 Uhr/live im ZDF und im DerWesten-Ticker) ein Sieg eingefahren wird, folgt ein Halbfinale gegen England oder Italien. Es sind nur noch zwei Partien bis Kiew, aber ihre Leistung fühlen die Nationalspieler nicht gewürdigt. „Ich finde es ein wenig komisch, dass von den Medien so auf die Euphoriebremse gedrückt und nach Fehlern gesucht wird, obwohl wir mit neun Punkten die Erwartungen übertroffen haben“, sagte Müller. Der 22-Jährige las in dem weißen Medienzelt, auf das der Regen prasselte, den Journalisten die Leviten, womit er seinen Teamkollegen und wohl auch Bundestrainer Joachim Löw aus der Seele sprach.
DFB-Spieler erwarten große Unterstützung
„Die Euphorie kommt noch nicht so an“, sagte Müller. „Wenn ich die Bilder aus Deutschland mit dem Public Viewing sehe, dann ist da bisher sehr viel Begeisterung. Gerade über die Medien wird da noch nicht so viel transportiert.“ In Danzig, ohne vorher Reisestress überstehen zu müssen, erwarten die Spieler dafür große Unterstützung von den deutschen und auch polnischen Fans. „Sie war schon in Lemberg sensationell. Wir freuen uns auf Danzig, da kommen noch mehr Fans.“ 9.000 bis 13.000 wären aus Deutschland jeweils bei den Gruppenspielen dabei gewesen, gab der vom DFB geleitete „Fanclub Nationalmannschaft“ bekannt.
Im Team steigt die Nervosität nach zwei ruhigen Tagen wieder an. Die Europameisterschaft geht mit den letzten sieben Spielen in die entscheidende Phase. „Wir haben einen Erfolgsgedanken im Team, da kommt ein Ausscheiden nicht vor", sagte Müller. Echte Freude herrscht darüber, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Spiel gegen die Griechen kommt, nachdem sie die Gruppenbegegnungen in der Ukraine gemieden hat. Sie wäre ein Edelfan, meinte Khedira. „Und wir sind auch ein Fan von ihr: Sie scheint uns Glück zu bringen, sie ist eine sympathische und offene Frau.“
Hummels befürchtet defensive Spielweise der Griechen
Die Kanzlerin hielt sich am Mittwoch in Berlin in der Finanzkrisendebatte über ein Entgegenkommen an Griechenland bedeckt, die Nationalspieler waren etwas deutlicher: Sie wollen dem Europameister von 2004 eine EM-Pleite zufügen. In der Mannschaft wird die Großwetterlage am Rande thematisiert. „Sicher wird die politische Situation die griechischen Spieler zusätzlich motivieren, sie werden umso mehr kämpfen“, sagte Verteidiger Mats Hummels im Magazin „ZEIT“. Er befürchtete, dass die Griechen noch defensiver agieren könnten als bei den drei Gruppenspielen gegen Polen (1:1), Tschechien (1:2) und Russland (1:0). Wie das Bollwerk der Hellenen geknackt werden kann, wird im Training geübt.
„Wir müssen es intelligenter anstellen“, sagte Khedira und übte damit Kritik an der bisherigen Spielweise in einigen Phasen. Aber der Mittelfeldspieler von Real Madrid betonte auch, dass seine Voraussage, die Mannschaft sei besser als bei der WM 2010, eingetreten sein. „Wir spielen viel ruhiger und cleverer. Dass wir aus der schweren Gruppe jedes Spiel gewonnen haben, ist ein Fortschritt.“
Die Gegner seien aber besser vorbereitet auf die Spielweise der deutschen Nationalmannschaft. Auch die Griechen würden einer defensiven Strategie folgen, sagte Khedira. „Die Portugiesen habe ich noch nie so defensiv spielen sehen wie gegen uns.“ Die Griechen, gegen die die deutsche Elf noch nie verloren hat, werden nicht unterschätzt. „Sie spielen sehr aggressiv gegen den Mann, sie können sehr schnell kontern. Sie hatten bei der EM nur drei, vier Chancen und machen fast immer ein Tor“, sagte Khedira. Löw prüfte derweil, wie seine Aufstellung aussehen könnte. Wahrscheinlich kehrt Jerome Boateng nach abgesessener Sperre anstelle von Lars Bender in die Startelf zurück. (dapd)