Posen. . Wie so oft hat sich die Squadra Azzurra durch die Vorrunde eines großen Turniers gequält. Jetzt setzt die Mannschaft darauf, dass sie sich – wie so oft – rasant steigert. In der Runde der letzten Vier auf Deutschland treffen. Insofern wird auch der Stab von Joachim Löw sich von nun an etwas intensiver mit diesem Team befassen.

Cesare Prandelli ist ein empfindsamer Mensch, und sein kluger Umgang mit heiklen Themen ist eine sehr kostbare Qualität im von harten Männern geführten Italien. Die Einfühlsamkeit von Marcello Lippi, Prandellis Vorgänger, war längst nicht so ausgeprägt, und gerade schwierige Spieler wie Antonio Cassano und Mario Balotelli, die die beiden Tore zum 2:0 gegen Irland beitrugen, profitieren enorm von der Sensibilität ihres gegenwärtigen Trainers. Aber so viele Gefühle haben auch ihre Schattenseite, am Montagabend musste Prandelli sich selber schützen. „Ab der 75. Minute habe ich versucht, das alles nicht zu sehr an mich heran zu lassen, denn diese Partie wurde emotional ziemlich schwierig“, erzählte der 54-Jährige.

Dieser Mann bereichert Italiens Fußball vielleicht wirklich mit einer neuen Tiefe. Verehrer sagen, er sei dabei, die Squadra Azzurra neu zu erfinden, und der alte Catenaccio, der – wenn auch in einer modernen Ausprägung – immer wieder hervorschimmerte im Spiel dieser Mannschaft, ist tatsächlich kein prägendes Element mehr. Aber ein urtümlicher Wesenszug des alten Italien, wie man es kennt und fürchtet, ist doch noch übrig: Wie in fast allen Turnieren quälte das Team sich auch bei dieser EM mühevoll durch die Vorrunde, und musste bis ganz zum Schluss bangen. „So sind wir“, sagte der erfahrene Torhüter Gianluigi Buffon, „gegen die Besten der Welt spielen wir auf Augenhöhe, gegen die vermeintlich Kleinen haben wir unsere Probleme.“

Italien feiert ersten EM-Sieg

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Und an diesem Abend hatten sie nicht nur Schwierigkeiten gegen die tapferen Iren, sie waren auch auf die Hilfe der Spanier angewiesen. Als die eigene Partie gegen Irland mit Mühe und Not durch Balotellis 2:0 in der Nachspielzeit gewonnen war, mussten die Italiener noch einige lange Sekunden der Furcht überstehen. „Wir haben heute gelitten, sogar noch, als das Spiel zu Ende war“, sagte Claudio Marchisio. In Danzig wurde nämlich noch gespielt, als der Schlusspfiff in Posen ertönte, ein Ausgleichstor der Kroaten gegen Spanien hätte Italien doch noch aus dem Wettbewerb befördert.

Mal gut und mal nur so lala

So aber steht Italien im Viertelfinale und könnte in der Runde der letzten Vier auf Deutschland treffen. Insofern wird auch der Stab von Joachim Löw sich von nun an etwas intensiver mit diesem Team befassen, und wahrscheinlich werden aber auch die DFB-Experten das Rätsel dieser launischen Mannschaft nicht lösen können. Gegen Spanien spielten die Italiener Tempofußball auf Weltklasseniveau, gegen Kroatien waren sie eine Stunde lang dominant, um dann plötzlich massiv abzubauen, und gegen die Iren gab es ein merkwürdiges Wechselspiel zwischen italienischer Kontrolle und größter Unordnung. „Wir haben nicht mehr so brillant gespielt, wie gegen Kroatien und Spanien“, sagte Andrea Pirlo, der selbst einen schwachen Abend erwischt hatte. Die präziseste Zusammenfassung dieser italienischen Vorrunde lieferte aber Claudio Marchisio. „Das war eine Berg- und Talfahrt, die nur manchmal gut und manchmal so lala war“, sagte der Mittelfeldspieler. „Jetzt beginnt ein neues Turnier“, ergänzte er, die Zuhörer nickten zustimmend.

Seltsam nur, dass die Analyse des Trainers ganz anders klang, Prandelli lobte seine Mannschaft. „Ich bin sehr glücklich über unsere Leistung“, erklärte er, und wahrscheinlich war das Hauptmotiv für seine euphemistischen Erläuterungen der Vorsatz, das Selbstvertrauen seines Teams zu pflegen.