Charkow. . Superstar Christiano Ronaldo hat sich gegen Holland nicht nur selbst inszeniert. Er half der portugiesischen Mannschaft mit all seiner Klasse. Wenn er so weitermacht, kann er bei der EM in Polen und der Ukraine auch seine persönlichen Ziele verwirklichen.
Es gibt noch immer eine Menge Leute, die Cristiano Ronaldo für weit weniger begnadet halten als Lionel Messi. Seine Bewegungsabläufe seien nicht so geschmeidig wie die des Argentiniers, sein Stil keine Kunst, sondern auf phantasielose Athletik beschränkt. Man kann das so sehen. Doch bei Portugals 2:1 gegen die Niederlande durfte man auch feststellen: Ronaldo kann an einem guten Abend auch so herausragend kicken wie der Weltfußballer Messi. Vielleicht sogar besser, weil Ronaldo zwar nicht der kreativere, aber der komplettere Spieler ist.
Sein ganzes Repertoire hatte er aufgeführt, nicht allein seinen Hang zur Theatralik und Inszenierung. Der 27-Jährige zeigte alles, was von einem Weltklassespieler erwartet werden darf, und was er bei dieser EM bisher nur angedeutet hatte. Er kombinierte Dribblings, schnelle Pässe, wuchtige Distanzschüsse genauso wie Abschlüsse mit Effet und Feingefühl. Hinzu kamen gefährliche Kopfbälle und Freistöße, gutes Zweikampfverhalten und Stellungsspiel – und ein Auge für die Mitspieler. Vor allem aber seine beiden Toren in der 28. und 74. Minute, mit denen er den Rückstand durch Rafael van der Vaart (11.) in den zweiten Sieg nacheinander verkehrte. Bei zwei Pfostentreffern hatte Ronaldo zudem Pech.
Mit solchen Leistungen darf Ronaldo vom Titel träumen
Später kam der kickende Popstar wie ein Pennäler mit einem Rucksack aus der Kabine und holte sich die merkwürdige Trophäe für den Mann des Spiels ab. „Ohne das Team hätte ich diesen Preis nicht gewonnen“, sagte er artig nach seinen beiden ersten Toren dieser EM und seiner wohl besten Leistung überhaupt auf den großen Turnierbühnen.
Wenn es nun ähnlich weitergehen sollte, könnten sich die Debatten um seine Rolle im Nationalteam bald erschöpft haben. Und wenn es sehr gut läuft, könnte sich Ronaldo auch jenen beiden Zielen nähern, mit denen er zur EM gereist war: Endlich einen Titel mit Portugal gewinnen – und, aus seiner Sicht wohl ebenso wichtig, Weltfußballer vor dem Argentinier Messi werden, der ihm auch voraus hat, nicht in erster Linie von pubertierenden Mädchen, sondern von Fußballfans in der ganzen Welt verehrt zu werden.
Während Ronaldo das Halbfinale im Visier hat, sitzt Messi nur vor dem Fernseher
Die Chancen gegen Tschechien taxierte Ronaldo auf „50:50“, doch das war natürlich eine betont zurückhaltende Prognose. Denn gestärkt geht nicht nur die Mannschaft aus der komplizierten Gruppe B hervor, sondern auch ihr medienwirksamer Ausnahmeprofi. Und Messi sitzt gerade nur vor dem Fernseher.