Danzig. . Der Start in die EM 2012 rückt für das deutsche Team näher, der Druck steigt. Co-Trainer Hansi Flick verleitete dies zu zweifelhaften Aussagen: Gegen Freistöße von Cristiano Ronaldo helfe den Deutschen nur der “Stahlhelm“. Er hat sich bereits entschuldigt.
Mit dem Duell gegen Portugal in Lwiw an diesem Samstag (Anstoß 20.45 Uhr) schlägt die Stunde Null für die deutsche Nationalmannschaft. Die Mannschaft wird sich auf dem Spielfeld kurz vor dem Anpfiff zu einem Kreis zusammenfinden, die Arme über ihre Schultern verschränken, die Köpfe nach vorne neigen und ihren Schlachtruf brüllen: "Wir sind ein Team."
Aber gerade als Team muss sich die deutsche Mannschaft beweisen, fordert Löw. Im Brennpunkt steht beim Gegner Cristiano Ronaldo, der zweifellos einer der weltbesten Stürmer ist. Besonders seine unglaublich hart und zugleich voller Effet geschossenen Freistöße sind brandgefährlich.
"Stahlhelm auf und groß machen"
Deswegen wurde eine Freistoß-Warnung ausgerufen. Fouls in Tornähe sind untersagt. Der Druck auf Team und Trainer ist immens. In diesem Zusammenhang äußerte Löw-Assistent Hansi Flick sich äußerst kritisch: "Stahlhelm auf und groß machen", sagte er. Es war ein typischer Fußballer-Spruch, martialisch und militaristisch im Ton, aber unbedarft und ohne Hintergedanken ausgesprochen. Er wurde Flick aber vorgehalten, weil er wegen der furchtbaren deutschen Vergangenheit in Lwiw, dem früheren Lemberg, politisch inkorrekt war.
Mittlerweile hat sich Flick für seine Aussagen entschuldigt: "Es tut mir leid, wenn Irritationen durch eine unglückliche Bemerkung von mir entstanden sind. Es war ein Versprecher, der keine falschen Eindrücke aufkommen lassen sollte. Es ist sonst nicht meine Art, mich mit militärischem Vokabular zu sportlichen Sachverhalten zu äußern", wurde Flick auf der Internetseite des DFB zitiert. Weiter hieß es dort: Mit Blick auf die Gruppe B und den weiteren Gruppengegnern Niederlande (Mittwoch) und Dänemark (Sonntag, 17. Juni) formulierte Flick zudem: "Wir sind in einer Gruppe, von der man sagt, dass sie Todesgruppe ist, weil sie die schwerste ist." Im Nachhinein steht er auch zu dieser sehr selbstkritisch. "Ich entschuldige mich für meine Ausdrucksweise bei der Pressekonferenz und ärgere mich selbst am meisten darüber, weil ich weiß, wie sensibel wir mit dieser Thematik umgehen", sagte Flick.
Es wird deutlich: Die Anspannung im deutschen Lager ist enorm, der Fokus auf das Spielerische ist gesetzt, die Konzentration gilt längst keinen Randgeschichten mehr.
In dieser Konzentration sprach auch Bundeslkanzlerin Angela Merkel, die die Mannschaft am Mittwoch im Quartier "Dwor Oliwski" in Danzig besuchte, der Mannschaft Mut zu. Wie zuletzt solle die Mannschaft mit Gelassenheit und Freude ins Turnier gehen. "Wir sind bereit, die Republik glaubt an uns", sagte der Kapitän Philipp Lahm. "Wir haben zwei dritte Plätze bei der WM und einen zweiten Platz bei der EM geholt. Das heißt nicht, dass man den Titel diesmal automatisch gewinnt", sagte Lahm.
Löw benennt seine Elf erst am Mittag vor dem Spiel
Zwei Jahre Vorbereitung auf die EM sind abgeschlossen, mit zehn Siegen in zehn Spielen wurde die beste Qualifikation in der Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gemeistert, Bundestrainer Joachim Löw hat das Team im Vergleich zur WM 2010 weiter verjüngt und neun Turnier-Neulinge berufen. "Natürlich wollen wir gewinnen, aber erst einmal müssen wir kleine Brötchen backen und mit einem Sieg gut in die EM kommen", sagte Torwart Manuel Neuer. Alles wird auf Null gestellt mit der Partie gegen die Portugiesen, die wegen ihrer technischen Fertigkeiten als die "Brasilianer Europas" gelten.
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Es zählt nicht mehr, dass der DFB wegen seiner insgesamt sechs Welt- und Europameistertitel der erfolgreichste Verband Europas ist. "Wir haben uns seit 2010 weiter entwickelt, aber die Eingespieltheit muss sich erst wieder zeigen. Man kennt sich, das ist nicht alles in Vergessenheit geraten", sagte Per Mertesacker nach den insgesamt recht enttäuschenden Testspielen gegen die Schweiz (3:5) und Israel (2:0). Auch Löw hat diesmal erfahren müssen, dass eine Auswahlmannschaft wirklich viel schwieriger auf eine Linie zu trimmen ist als ein Vereinsteam, das über Monate täglich miteinander trainiert.
Etwa zehn Stunden vor dem Spiel wird die deutsche Mannschaft ihr Quartier in Lwiw zum "Anschwitzen" verlassen, dem Morgentraining vor einem Spiel. Vorher werden die Kollegen Miroslav Klose ein Ständchen zum 34. Geburtstag gesungen haben. "Er hat gezeigt, dass er auf einem guten Weg ist und bereit für einen Einsatz", kündigte Flick an, dass Klose als Stürmer vorgesehen ist. Neuer wird im Tor stehen, im Mittelfeld gelten Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Thomas Müller, Mesut Özil und Lukas Podolski als gesetzt. Die Vierer-Abwehr wird Per Mertesacker wohl zusammen mit Jerome Boateng, Holger Badstuber und Lahm bilden, auch wenn nach seinem Zusammenprall mit Boateng beim Training zunächst ernsthafte Sorgen über seinen Einsatz aufkamen. Aber die elf Auserwählten werden es selbst erst spät erfahren, am Mittag vor dem Spiel, im Besprechungsraum des Hotel Dnister in Lwiw. Wenn die Mannschaft dort in einer Woche wieder ist, vor dem Spiel gegen die Dänen, soll schon das Viertelfinale fix sein.
(dapd)