Essen. Tobias Escher ist einer der Köpfe hinter dem EM-Sonderheft des Blogs spielverlagerung.de. Im Interview spricht der Blogger über das Heft, den Arbeitsaufwand und seinen wöchentlichen Fußballkonsum.

Die Idee klingt verrückt: Ohne Verlag oder Geldgeber im Rücken, nur in der eigenen Freizeit ein Sonderheft zur Fußball-Europameisterschaft zu produzieren, das sich ausschließlich mit Taktik beschäftigt. Tobias Escher, freier Journalist und Sportstudent aus Hannover, hat es mit einigen Mitstreitern gewagt - und würde es jederzeit wieder tun.

Herr Escher, sie betreiben mit einigen anderen Autoren den Blog spielverlagerung.de und haben jetzt vor der Europameisterschaft ein 203 Seiten starkes Sonderheft veröffentlicht. Wieviel Zeit kostet dieses Hobby?

Tobias Escher: In Stunden ist das immer schwer zu sagen. Kurz vor der EM ist es fast ein Fulltime-Job, ansonsten hält es sich aber in Grenzen. Wenn man pro Woche zwei Spiele analysiert, sind es etwa zehn Stunden die Woche. Für das Sonderheft war es in der Endphase deutlich mehr, in den letzten ein bis zwei Wochen vor dem Erscheinungsdatum waren es ungefähr 12 Stunden am Tag.

Das ist ja schon nicht wenig, außerdem mussten Sie ja im Vorfeld intensives Videostunden betreiben. Können Sie überhaupt noch Fußballspiele sehen?

Escher: Ich mache das ja gerne, sonst würde ich es nicht machen. Auch sonst gucke ich ungefähr zehn Spiele pro Woche. Außerdem ist das ganze Heft ja kein Schnellschuss, sondern die Idee hatten wir ja schon letzten Herbst. Und dann haben wir eben schon bei allen Testspielen geguckt, wo die übertragen werden und haben uns die angesehen, außerdem immer die Zusammenfassungen bei ARD und ZDF aufgenommen. Wenn man die Arbeit so über das Jahr verteilt, dann ist es nicht so viel. Außerdem sind nicht alle Texte gleich aufwändig. Meine Analyse zu Irland etwa war nicht so schwer zu schreiben, weil Irland seit vier Jahren nahezu gleich, auch mit den gleichen Spielern, spielt.

Jetzt ist das Heft schon eine Weile zu kaufen, wie viele Exemplare haben Sie denn bisher verkauft?

Escher: Um die 2000 Stück.

Und entspricht das Ihren Erwartungen?

Escher: Das übertrifft alle unsere Erwartungen. Wir hatten auf etwa 1000 Stück gehofft, konnten das aber überhaupt nicht einschätzen, weil es ja gar keine Erfahrungen mit so einem Heft, dass nur als E-Book erscheint, gibt.

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Trotzdem bleibt das Ganze doch eher ein Hobby als etwas zum Geldverdienen, oder?

Escher: Na ja, wir haben ja jetzt schon etwas Geld damit verdient. Aber als wir mit spielverlagerung.de gestartet haben, haben wir das ja nicht gemacht, um bekannt zu werden. Wir waren einfach eine Gruppe von Leuten, die Spaß daran hatte, Fußballspiele zu analysieren und haben uns gesagt, wenn jemand Lust hat, kann er einen Text schreiben und wenn nicht, dann lässt er es eben. Wir waren überrascht, wie erfolgreich das läuft und wie viele Leser wir inzwischen haben.

Hinter diesem Erfolg steckt ja, wie Sie schon sagten, eine Menge Aufwand, gerade auch für das Sonderheft. Würden Sie das trotzdem noch einmal machen oder sparen Sie sich derartige Anstrengungen künftig?

Escher: Na, wenn man Geld verdienen will, muss man schon etwas dafür tun. Außerdem ist das Produkt ja so, dass wir darauf stolz sein können. Klar gibt es noch Dinge zu optimieren, das Sprachliche etwa. Es gibt ja immer etwas zu verbessern, aber insgesamt kann ich mich mit dem Ergebnis voll identifizieren und bin stolz darauf.