Rotterdam. Toptorjäger Klaas-Jan Huntelaar droht bei der Europameisterschaft nur die Zuschauerrolle. Der Torschützenkönig der Bundesliga kommt an Robin van Persie vom FC Arsenal nicht vorbei. Das Spielsystem von Bondscoach Bert van Marwijk hält kaum eine Option für den Schalker bereit.

Zwei Könige sind einer zu viel: Dass diese eiserne Regel auch im Königreich Niederlande gilt, ist wohl das große Pech von Klaas-Jan Huntelaar. Der Bundesliga-Torschützenkönig des Bundesligadritten Schalke 04 wird bei den Fußball-EM nämlich mit ziemlicher Sicherheit die Bank drücken müssen. An seiner Stelle wird Robin van Persie den einzigen Platz im Sturm einnehmen - der Torschützenkönig aus England.

"Ende der nationalen Diskussion, wir können zur Tagesordnung übergehen", schrieb das Fachportal www.nusport.nl nach dem 2:0 (1:0) des Vize-Weltmeisters gegen die Slowakei. Wie schlecht seine Chancen auf einen Stammplatz stehen, musste Huntelaar am Mittwoch in Rotterdam gleich mehrfach bitter erkennen. Auf dem Spielberichtsbogen wurde er der Schalker ignorant als Spieler der VfB Stuttgart aufgeführt. Ins Spiel kam er nicht zur Pause, sondern erst in der 68. Minute. Und während der Pressesprecher Huntelaar an den Journalisten vorbei in den Bus lotste, erklärte sich van Persie mehr als eine halbe Stunde lang - auf ausdrücklichen Wunsch des Verbandes.

Niederländische Fußball-Presse wittert Spielchen mit Huntelaar

Nusport unterstellt Nationaltrainer Bert van Marwijk nun gar "ein Spielchen mit Huntelaar". Als er die beiden bei der 1:2-Pleite gegen Bulgarien vier Tage zuvor gemeinsam habe auflaufen lassen, habe er den Schalker nämlich in eine Falle laufen lassen. Weil auf den offensiven Außen Rivale van Persie und der normal im Zentrum spielende Rafael van der Vaart agierten, sei klar: "Van Marwijk wusste, dass Huntelaar nahezu keine brauchbaren Bälle erhalten sollte. Das war fast ausgeschlossen. Huntelaar musste versagen. Dann war der Trainer von dem Gequengel befreit."

48 Tore in 48 Pflichtspielen, die drittmeisten in Europa nach Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, mit 29 Treffern erfolgreichster ausländischer Torschützenkönig der Bundesliga-Geschichte, mit 10 Toren zweitbester Schütze der Europa League - all diese beeindruckenden Zahlen werden dem 'Hunter' wohl nicht reichen, um in den Gruppenspielen gegen Dänemark (9. Juni), den Erzrivalen Deutschland (13. Juni) und Portugal (17. Juni) von Beginn an auf dem Platz zu stehen. 'Ich glaube nicht, dass beide zusammen in der Mannschaft stehen werden', hatte van der Vaart schon im Trainingslager geäußert.

Van Persie will nicht aus dem Sturmzentrum weichen

Der im übrigen genau sechs Tage ältere van Persie (beide sind 28) wurde mit 30 Toren bester Torschütze der besten Liga der Welt. Er weigert sich beharrlich, auf die linke Außenbahn auszuweichen, wodurch beide ihren Platz finden könnten - und wenn er dort spielen muss, verweigert er Huntelaar die Unterstützung. Als vorderste Spitze am Mittwoch in einer Heimatstadt ging er plötzlich weite Wege, wich auch mal auf den Flügel aus und holte sich sogar die Bälle im Mittelfeld.

Huntelaar ließ seine Chance dagegen in den letzten 22 Minuten gänzlich ungenutzt. Ob er ihm erklärt habe, warum er ihn so spät gebracht und nicht jedem eine Halbzeit gegönnt habe, wurde van Marwijk gefragt. "Nein", antwortete der früherer Dortmunder: "Und das muss ich auch nicht."

Die Prognose ist also nicht gewagt: Den Kampf der Könige hat Huntelaar offenbar schon vor dem letzten Vorbereitungsspiel gegen Nordirland am Samstag verloren. Zur EM sollte er sich ein gut gepolstertes Sitzkissen mitnehmen. (sid)