Essen. Almuth Schult ist in der ARD authentisch, kompetent und amüsant. Die Torhüterin empfiehlt sich für weitere Einsätze als TV-Expertin.
Almuth Schult kann auch anders. Die 96. Minute lief im DFB-Pokalfinale, als Lara Prasnikar von Eintracht Frankfurt alleine auf die Torhüterin des VfL Wolfsburg zulief. Schult überlegte nicht lange – und räumte die gegnerische Stürmerin humorlos ab. Notbremse, Rote Karte. Kurz darauf ließ Schult sich auf den Betonstufen der Tribüne im Müngersdorfer Stadion in Köln nieder, zog die Handschuhe aus, fluchte und beobachtete mit Tränen in den Augen das weitere Geschehen. Kompromisslos, entscheidungsfreudig, ehrgeizig – so ist Almuth Schult, die Torhüterin.
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Knappe sieben Wochen ist das nun her, durch einen Treffer in der Nachspielzeit gewann Schult mit dem VfL Wolfsburg den Pokal schließlich zum siebten Mal in Folge. Derzeit erleben die deutschen TV-Zuschauer aber eine andere Almuth Schult: authentisch, kompetent, amüsant – so ist die 30-Jährige als TV-Expertin der ARD.
Almuth Schult: Lachanfall wegen Boateng
Sie liefert versierte Analysen, vertritt ihre Meinung klar, und immer wieder blitzte ihr Humor im Zusammenspiel mit Kevin-Prince Boateng auf. Eine Formulierung Boatengs zu Beginn der EM („Mats Hummels ist so lange im Game“) löste bei der Torhüterin einen Lachanfall aus, in den selbst Boateng einstimmte. Schult ist nicht nur in der Expertenriege des Ersten dabei, sie ist längst das Herz der Analyserunde. U21-Trainer Stefan Kuntz ist ohnehin ein zu großer Gentleman, um den Ausführungen der Torfrau zu widersprechen. Doch selbst Boateng nahm die Sätze der ersten TV-Expertin bei einem großen Männer-Turnier anerkennend nickend zur Kenntnis.
„Das Wichtigste ist, dass ich mich wohl fühle, und wenn es dann anderen gefällt – umso besser“, sagt Schult selbst. Wohlwissend, dass sie als Frau in einer Expertenrunde keine leichte Aufgabe übernahm. Nervös war sie vor der Premiere, „da war viel Druck drauf“, sagt Schult. Dennoch hoffte sie, „dass ich die leidige These ,Frauen haben keine Ahnung vom Fußball‘ ein bisschen widerlegen kann“. Was gelang: Negative Reaktionen in den Sozialen Medien blieben aus, Schult gilt als größter Gewinn der Berichterstattung.
64 Spiele für die DFB-Auswahl
Widerlegt hat Almuth Schult in ihrer Karriere ohnehin einiges. 64 Spiele hatte sie für die Frauen-Nationalmannschaft absolviert. Nach einer langwierigen Schulterverletzung und der Geburt ihrer Zwillinge im April 2020 hätten nicht viele damit gerechnet, dass die Torhüterin noch einmal an frühere Leistungen anknüpfen kann. Doch Almuth Schult beweist, dass sie eine Kämpferin ist. Beim VfL Wolfsburg visiert sie wieder einen Stammplatz an, durch den dann auch die Einsatzzahl in der Nationalmannschaft wieder steigen würde.
Es wäre ein weiteres Kapitel in einer beeindruckenden Karriere. Almuth Schult wuchs auf einem Bauernhof im niedersächsischen Dörfchen Lomitz auf. Noch heute versorgt sie ihre Mitspielerinnen mit Eiern und Milch, noch immer ist sie dort Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr und des Schützenvereins. Dort erlebte sie sportliche Höhenflüge mit dem VfL und der Nationalmannschaft, mit der sie 2016 Olympiasiegerin wurde. Tiefpunkte erlebte sie auch, wie im Februar 2019. Almuth Schult war an Masern erkrankt. Eine Kinderkrankheit, die für Erwachsene aber lebensgefährlich sein kann. Lange kämpfte die 1,80-Meter-Frau mit Entzündungen der Leber, der Bindehaut und der Ohren. Ihr WM-Einsatz 2019 stand auf dem Spiel – doch abschreiben und unterschätzen lassen wollte sich Almuth Schult schon damals nicht. Nicht als Torhüterin, und auch jetzt nicht als TV-Expertin.