Essen. Die Uefa rückt trotz Corona nicht von den EM-Plänen ab. Es sollen noch mehr Fans kommen. Karl Lauterbach findet drastische Worte.

Blendet man die Corona-Pandemie aus, dann beglückten die Bilder der tobenden englischen Fans im Londoner Wembley-Stadion beim 2:0-Erfolg über Deutschland das Fußball-Herz. Nur verschwindet das Virus nicht einfach, während die Europäische Fußball-Union (Uefa) einen neuen Europameister sucht. Und so mahnen Kritiker immer lauter die Gefahr an, die von dem Turnier ausgehe.

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Beim EM-Achtelfinale durften in London knapp 42.000 Zuschauer ins Stadion pilgern, bei den beiden Halbfinal-Duellen und dem Finale sollen es in der kommenden Woche 60.000 werden. Obwohl im Vereinigten Königreich gerade die Delta-Variante die Infektionszahlen wieder in die Höhe schießen lässt.

„Das Spiel hat nochmal gezeigt, wie eng die Fans stehen, wie oft sie sich umarmen und anschreien. Es haben sich sicherlich Hunderte infiziert und diese infizieren jetzt wiederum Tausende“, schrieb SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach in den sozialen Medien. „Die Uefa ist für den Tod von vielen Menschen verantwortlich“, ergänzte er in drastischen Worten.

2000 Infizierte in Schottland in Verbindung mit der EM 2021

Schwierig bleibt bei all den statistischen Unwägbarkeiten, genaue Daten über die Folgen der bisherigen EM-Partien zu erheben. Einige Zahlen belegen aber die Befürchtungen der Kritiker. So lassen sich etwa in Schottland knapp 2000 Corona-Fälle nach offiziellen Angaben in Verbindung mit Spielen der Fußball-Europameisterschaft bringen.

Zwei Drittel von 1991 positiv Getesteten seien Fans, die entgegen der Ratschläge aus dem Norden zu Spielen nach London gereist seien, teilte die Gesundheitsbehörde Public Health Scotland am Mittwoch mit. Am 18. Juni hatten die Schotten in London gegen England gespielt (0:0). Finnland berichtet von rund 300 Fans, die infiziert von einer EM-Reise nach Russland zurückgekehrt seien. Aus Schweden kommen ähnliche Klagen.

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Die Viertelfinalspiele sollen trotzdem weiter Fans bestaunen dürfen. Selbst im russischen St. Petersburg, in dem die Pandemie wieder verschreckende Dimensionen annimmt, wird das Stadion beim Spiel zwischen der Schweiz und Spanien zur Hälfte gefüllt sein.

In Rom misst sich England am Samstag mit der Ukraine. Englische Fans müssen in eine fünftägige Quarantäne, wollen sie nach Italien reisen. Italien werde sich streng an die Verordnung halten und keine Ausnahmen erlauben, hieß es aus dem Innenministerium in Rom. Die britische Staatssekretärin Anne-Marie Trevelyan rief ihre Landsleute in einem Interview bei Sky News dazu auf, nicht zu reisen. „Die Bitte ist wirklich, das Spiel von zuhause aus anzuschauen und das Team so laut wie möglich anzufeuern“, sagte die konservative Politikerin. Untersagt wird der Ausflug jedoch nicht.

London lässt bei der EM 2021 Ausnahmen zu

Englands Torjäger Harry Kane bejubelt das 2:0 gegen Deutschland. Matthias Ginter ist enttäuscht.
Englands Torjäger Harry Kane bejubelt das 2:0 gegen Deutschland. Matthias Ginter ist enttäuscht. © AFP

Beim Achtelfinale in London durften hingegen keine deutschen Unterstützer auf die Insel. Die rund 2000 Deutschland-Anhänger, die auf der Tribüne saßen, leben in Großbritannien. Allerdings erlaubt die britische Regierung der Uefa für das Halbfinale und das Endspiel in London Ausnahmen von den Einreisebeschränkungen. Wichtige Gäste der Uefa wie Funktionäre oder Sponsoren dürfen die Quarantäne brechen und zu den Spielen kommen, jeweils 1.000 Fans der teilnehmenden Teams sollen dasselbe dürfen. Und bislang hat die Fußball-Union nicht vor, von diesen Plänen abzuweichen.