Amsterdam. Georginio Wijnaldum führte die Niederlande zum Auftaktsieg. Wie sonst beim FC Liverpool stehen aber andere im Fokus.

Das Spiel zwischen den Niederlanden und der Ukraine bildete so gut wie alles ab, was man über den Fußballer Georginio Wijnaldum wissen muss. Der 30 Jahre alte Mittelfeldspieler traf einmal selbst, organisierte das Spiel, setzte seine Angreifer in Szene. Und am Ende stand Flügelflitzer Denzel Dumfries im Mittelpunkt, weil er den 3:2-Siegtreffer für Oranje erzielte und sich schließlich noch mit der Trophäe für den Spieler des Spiels schmücken durfte. Und Wijnaldum? Der gratulierte: „Eine tolle Nacht für ihn.“ Wichtiger als Einzelaktionen sei ja sowieso, dass die Elftal gut in diese Europameisterschaft gestartet ist.

Das Scheinwerferlicht gehörte also wieder mal den Anderen. Es passt zu den vergangenen Jahren, in denen sich Wijnaldum still und zu einem der stärksten Mittelfeldspieler der Welt mauserte. Bei seinem Klub FC Liverpool war seine Nebenrolle ja noch irgendwie nachzuvollziehen. Mohamed Salah, Sadio Mané, Roberto Firmino. Alles klangvolle Namen, die viel Aufmerksamkeit generieren. In der Nationalmannschaft sind die großen Stars Memphis Depay und Frenkie de Jong oder der verletzte Virgil van Dijk. Auch da fällt Wijnaldums Name nicht sofort, wenn es um die Ausnahmekönner dieses Teams geht.

Auch interessant

Doch das könnte sich im Laufe dieses Turniers noch ändern. Mit dem ebenso ballsicheren de Jong orchestrierte er im Auftaktmatch gegen die Ukraine das niederländische Spiel. „Wijnaldum ergreift die Protagonistenrolle und kann in dieser EM noch viel leisten“, schwärmte die italienische Gazzetta dello Sport. Heute kann er das im zweiten Gruppenspiel gegen Österreich (21 Uhr/ZDF) bestätigen.

Neue Herausforderung für Wijnaldum in der Premier League

In den vergangenen Jahren in Liverpool hat er sich schon immer weiter in den Fokus gespielt. Bis dahin war seine Karriere nämlich nicht unbedingt die steile Erfolgsgeschichte. Wijnaldum, aufgewachsen in einem Armenviertel von Rotterdam, spielte in der Heimat für Feyenoord und die PSV Eindhoven. Mit Eindhoven holte er 2015 die niederländische Meisterschaft, suchte anschließend eine neue Herausforderung – und stieg gleich mit Newcastle United aus der Premier League ab.

Auch interessant

Timo Werner (l) und Leroy Sané vor ihren kurzen Einsätzen gegen Frankreich. Lässt Bundestrainer Joachim Löw (r) sie gegen Portugal starten?
Von Kai Schiller und Sebastian Weßling

Jürgen Klopp lotste den zurückhaltenden, aber fleißigen Niederländer nach Liverpool. Aus dem Flügelspieler wurde ein Spielmacher, der etwas Anlaufzeit benötigte, um zum unumstrittenen Stammspieler zu reifen. Inzwischen widmen die Liverpooler Fans ihrem Regisseur eigene Lieder – kein Wunder, er hat den Traditionsverein schließlich zur langersehnten Meisterschaft und zum Champions-League-Triumph verholfen. „Vom ersten Moment an klickte es zwischen uns, er ist sehr freundlich, sehr schlau, eine offene Person und das hat sich nie verändert, sondern nur verbessert seitdem“, erzählt Klopp.

Jürgen Klopp lobt Wijnaldum

In der abgelaufenen Saison stand er in allen Partien auf dem Platz. Seine magere Bilanz von nur zwei eigenen Toren täuscht. „Er war nicht nur immer verfügbar, er spielte 90 Prozent dieser Zeit wirklich, wirklich gut“, so Klopp. „Die Leute wissen vielleicht nicht genau, was ich mit gut meine, weil es manchmal nicht spektakulär ist.“ Wijnaldum spielt eben die Pässe, die in den Statistiken nicht auftauchen und schafft dem Angriffstrio aus Salah, Mané und Firmino so die nötigen Räume.

Auch interessant

In der Elftal ist das anders. Noch ein Tor fehlt Wijnaldum, um mit Stürmer-Idol Marco van Basten gleichzuziehen. In der kommenden Saison wird Wijnaldum das Trikot von Paris Saint-Germain tragen. Sein Vertrag auf der Insel lief aus. Auch der FC Barcelona mit dem früheren Bondscoach Ronald Koeman und der FC Bayern waren interessiert.

Vorher aber hat er noch etwas mit Oranje gutzumachen. Er gehört ja zur niederländischen Generation, die 2016 und 2018 die großen Turniere verpasst hatte. Wirbelt Wijnaldum weiter so mit de Jong, dürfte sein Name demnächst schneller fallen, wenn es um die herausragenden Künstler dieser EM geht.