400.000 Euro würde jeder der 26 deutschen EM-Spieler im Fall eines Titelgewinns erhalten. Ein verheerendes Signal in Corona-Zeiten. Ein Kommentar
Die deutsche Nationalmannschaft hat bei dieser EM einiges gutzumachen. Die letzte WM war eine verkorkste, das demütigende 0:6 im November 2020 in Spanien ist ebenso noch nicht vergessen wie das peinliche 1:2 im März in Duisburg gegen Nordmazedonien. Die Popularitätswerte waren schon mal deutlich höher.
In einer Gruppe mit Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal wird inzwischen sogar allgemein erwartet, dass sich das deutsche Team schwertun wird. Auch deshalb wirkt es besonders befremdlich, dass der DFB im Fall eines Titelgewinns jedem der 26 Spieler eine Rekordprämie in Höhe von 400.000 Euro auszahlen wird.
Eine Bestätigung des Vorwurfs, der Profifußball habe den Kontakt zur Basis verloren
Haben die ohnehin hochbezahlten Herrschaften eine solche zusätzliche monetäre Motivation so dringend nötig? Wieder wird ein verheerendes Signal gesendet. Durch die Corona-Pandemie sind Menschen in ihrer Existenz bedroht worden. Der Profifußball durfte sich glücklich schätzen, dass sein Betrieb fortgeführt werden konnte. Trotz finanzieller Verluste konnte er den Vorwurf, dass er den Kontakt zur Basis längst verloren habe, nie entkräften. Und nun das. Eine Superprämie nach all dem Gefasel von Demut.
Früher war es nicht besser: 1974 drohten die Spieler beim Feilschen sogar mit Abreise
Man muss den Nationalspielern allerdings attestieren, dass sie geräuschlos verhandelt haben. Der Streit ums große Geld gefährdete früher Turnier-Teilnahmen. Heute denken wir schwärmerisch an die Weltmeister von 1974 zurück, damals fetzten die sich mit dem DFB bis zum Äußersten. Ein von Paul Breitner angeführter großer Teil der Mannschaft drohte mit der Abreise aus dem Trainingslager in Malente, weil der Verband nur 30.000 Mark pro Mann für den Gewinn der Heim-WM zahlen wollte. Bundestrainer Helmut Schön rief erzürnt, er wolle „mit diesem Sauhaufen nichts mehr zu tun haben“. Erst bei 70.000 Mark beendeten die Spieler ihren Aufstand. Früher war die Gier also auch nicht geringer.
Und dennoch: Was hätte das für ein grandioses Zeichen sein können, wenn sich DFB und Nationalspieler in diesem Jahr darauf geeinigt hätten, das Prämiengeld den Amateurvereinen zukommen zu lassen. Imagegewinn ist dann wohl doch nicht so wichtig.