Évian-les-Bains. . Vier Tage bis zum Turnierstart gegen die Ukraine. Der Trainer grübelt noch. Drei Positionen sind nicht besetzt. Ein Schalker darf sich Hoffnungen machen.

Die gute Laune saß nicht mit im Bus. Als das blaue Uefa-Gefährt die deutsche Nationalmannschaft am Dienstag um 16.59 Uhr vor das Vier-Sterne-Hotel Ermitage in Évian kutschierte und hinter hohen Zäunen ausspuckte, fehlte Lukas Podolski. Der gute Geist des Weltmeisters wurde zu Hause gebraucht.

Podolski ist zum zweiten Mal Vater geworden, ein Mädchen, und deshalb gab es von Joachim Löw einen Tag Sonderurlaub. Ansonsten hatte der Bundestrainer alle 22 Mann an Bord, als er im EM-Quartier am Genfer See eintraf. Spieler winkten den 50 Journalisten zu.

Sonst gab es nicht viel zu sehen.

Vor zwei Jahren noch, bei der Ankunft zur WM in Brasilien, blieb der Teambus beim Verlassen der Fähre stecken. Ein schlechtes Omen für den weiteren Turnierverlauf war dieser Fauxpas nicht. Diesmal verlief alles reibungslos, das Ziel jedoch soll das gleiche bleiben: der Titelgewinn. Nach dem vierten deutschen WM-Triumph (1954, 1974, 1990 und 2014) geht es nun um den vierten deutschen EM-Erfolg (bisher 1972, 1980 und 1996).

Vier Tage vor dem ersten Gruppenspiel der Deutschen gegen die Ukraine in Lille (21 Uhr/ARD) ist Löw dafür in seinen personellen Überlegungen fortgeschritten. So wird er gegen den 19. der Fifa-Weltrangliste auf eine sehr ähnliche Startelf wie bei der Generalprobe am Wochenende in Gelsenkirchen gegen Ungarn (2:0) setzen. Offen sind die Positionen rechts hinten, links vorne und die Besetzung des Sturmzentrums.

Noch ist unsicher, ob der lange verletzte Sami Khedira auch im ersten Gruppenspiel schon von Anfang an aufläuft. „Der Kampf um die Plätze ist da“, sagte Löw im „Kicker“.

Der 56 Jahre alte Fußballlehrer räumte offen ein, dass er nicht so starr an einer festen Stammelf während des Turniers festhalten wolle. „Früher, bei der EM 2008 und auch der WM 2010, hatte ich einen Masterplan und eine feste Mannschaft im Kopf, und diese Mannschaft musste durchs Turnier. Davon bin ich abgerückt“, sagte Löw, der betonte, sehr wohl auch für das gesamte Turnier in Frankreich eine genaue Idee im Hinterkopf zu haben: „Ich habe den Masterplan, was technisch-taktische Inhalte betrifft. Und es ist auch wichtig, dass man den durchzieht und alle Spieler vorbereitet werden auf die ihnen zugedachte Position und die verschiedenen Systeme. Aber personelle Entscheidungen treffe ich dann, wenn sie anstehen.“

Genauso hat es Löw auch schon bei der WM vor zwei Jahren gehandhabt, als die ganze Nation wochenlang über die Rolle Philipp Lahms debattierte. „Ständig bin ich auf Philipp Lahm angesprochen worden, ob er rechter Verteidiger oder im Mittelfeld spielen soll“, erinnerte sich Löw. „Diese öffentlichen Diskussionen kommen nicht mehr an mich ran.“

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Seinerzeit nutzte der Bundestrainer die Generalprobe gegen Armenien (6:1), um ein 4-3-3-System mit entsprechender Besetzung für das Auftaktspiel gegen Portugal (4:0) einzustudieren.

Beim WM-Auftakt setzte er auf nahezu die gleichen Feldspieler. Nur der verletzte Marco Reus wurde durch Mesut Özil ersetzt, Mario Götze durfte für André Schürrle ran.

Mario oder Mario - Götze oder Gomez?

Im Hier und Jetzt sind erneut die gleichen Positionen in der Offensive vakant: Während sich Julian Draxler einen Vorteil in den Tests gegen die Slowakei und gegen Ungarn im linken Mittelfeld erspielt zu haben scheint, bleibt es ganz vorne spannend. Mario oder Mario – Götze oder Gomez? Diese Fragen muss Löw in den kommenden vier Tagen beantworten.

Ähnlich kniffelig wird es hinten rechts werden, wo sich anbahnt, dass die neue eine alte Lösung wird: Wie schon in Brasilien könnte erneut Benedikt Höwedes das Rennen machen. „Zum Dani Alves werde ich nicht mehr“, gab er in aller Bescheidenheit nach seinem Heimspiel auf Schalke an, machte aber nicht weniger selbstbewusst deutlich, wie er seine Aufgabe als Rechtsverteidiger versteht: „Meine Kernaufgabe ist, den eigenen Strafraum sauber zu halten. Wenn ich darüber hinaus auch noch ab und an nach vorne komme, dann hat sicher keiner was dagegen.“