Berlin. Trainer Dieter Hecking vom VfL Wolfsburg zog sich nach dem Pokalsieg in Berlin die King-Kappe auf und läutete eine Ära ein, in der auch Herz steckt.
So ganz klar wird nicht, wie er das eigentlich gemeint hatte. Der Typ, der nicht aussah wie Dieter Hecking, weil der für gewöhnlich keine weißen T-Shirts trägt, die zu groß sind, die nicht sorgsam in den Hosenbund geschoben sind. Und vor allem keine Kappe, die sich trendbewusste Jugendliche aufs Haar setzen und nicht Trainer eines Spitzenteams aus der Fußball-Bundesliga.
Aber was war an diesem Tag schon gewöhnlich? – Nichts.
Der VfL Wolfsburg hatte den DFB-Pokal gewonnen, 3:1 gegen Borussia Dortmund im Finale von Berlin. Aber für Hecking bedeutete dieser Tag noch so viel mehr. Es war der erste Titel in seiner Karriere. Wenn er 50 wäre, das hatte er sich einst versprochen, würde er die erste Trophäe in den Händen halten. Hecking ist 50. „Das fühlt sich wahnsinnig bekloppt an“, sagte er nach der Partie und sah in seinem weißen Pokalsiegerhemdchen und der Kappe auch irgendwie wahnsinnig bekloppt aus.
Sympathisch bekloppt.
„Meine beiden Söhne liefen den ganzen Tag mit diesen Kappen herum. Einer von beiden hat dann zu mir gesagt: ,Wenn du den Pokal holst, musst du die Kappe tragen’. Seinem Sohn kann man ja keinen Wunsch ausschlagen.“ Hecking lachte, als er das erzählte, weil er weiß, dass das lustig aussieht, wenn einer wie er solche Kappen trägt, auf denen auch noch groß das Wort „King“ zu lesen ist. „Sie passt“, sagte er noch, aber Zweifel bleiben, ob er fand, dass sie nur gut saß, oder ob er das Wort auf der Kappe gut gewählt fand. Vermutlich beides.
King Hecking.
König von Berlin.
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In Wolfsburg beim VfL, der Mannschaft, die so üppig mit VW-Geldern alimentiert wird, waren in den vergangenen Jahren viele Trainer und Manager an der Aufgabe verzweifelt, gesundes sportliches Wachstum zu erzielen. 2009 war der Klub zur Meisterschaft gestürmt, doch geblieben war davon trotz des vielen schönen Geldes nichts. Abstiegskampf danach, wechselnde Trainer, Mittelmaß.
Dann kam Hecking. Zusammen mit Sportdirektor Klaus Allofs hat er es „geschafft, den Klub auf Kurs zu bringen“, wie er es nennt. Platz fünf letztes Jahr, Platz zwei dieses Jahr, Pokalsieger, nächste Saison Champions League. Immer klarer zeichnet sich ab, dass die Kombination Hecking und Wolfsburg eine ist, die prächtig funktioniert und eine Bedrohung ist für die gesamte Bundesliga-Konkurrenz.
Wolfsburgs Trainer Hecking: „Wir sind eine Bereicherung“
Beispielhaft war das zu sehen am Samstag, als der eher unscheinbare Hecking und sein als langweilig verschriener Klub auf der hell ausgeleuchteten Bühne der Hauptstadt beste Werbung für sich machten – und Borussia Dortmund vor den Augen der Nation abhängten.
Die Mannschaft spielte mit eiskalter Effizienz und besitzt in Kevin De Bruyne einen der aufregendsten Fußballer der Liga. Und der Trainer stahl an der Seitenlinie dem geborenen Entertainer Jürgen Klopp sogar in Sachen Temperament die Show. Bisweilen mit Kalkül: „Dortmund ist ein Verein, der Emotionen lebt. Als ich gesehen habe, dass die da am Rand am Rad drehen, mussten wir auch ein bisschen aus den Socken kommen.“
So schob er den Sieg mit an, den die Fans im Stadion feierten. Denn auch das ist eine Erkenntnis: Wolfsburg hat Fans. Jede Menge Fans, die beste Stimmung machten und keine bengalischen Feuer zündeten, wie die des Gegners. Und Spieler, die in Unterhose die Pressekonferenz stürmen, um ihrem Vorgesetzten ein Siegerbier über die hippe Kappe zu schütten. Grün und Weiß gab ein stimmiges, Bild ab. „Wir haben gezeigt, dass wir nicht nur eine Daseinsberechtigung haben, sondern dass wir eine Bereicherung sind“, sagt Hecking. Selbstbewusst ist das, nicht großspurig. Und vor allem: realistisch.
So wurde an nur einem Abend aus einem angeblichen Kunstprodukt, eine Fußball-Mannschaft mit Gesichtern, mit Herz. „Die Mannschaft“, sagte Dieter Hecking noch, „hat sich selbst die Krone aufgesetzt.“ Der Trainer musste mit der Kappe Vorlieb nehmen. Er tat es gern. Das war eindeutig.
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