Berlin. Der Traum von einem letzten Autokorso als BVB-Trainer ging für Jürgen Klopp nicht in Erfüllung. Der BVB verlor das Finale gegen Wolfsburg mit 1:3.
Lange Zeit wirkte Jürgen Klopp nicht wie ein Trainer, der nach diesem Abend die Verantwortung für seine Mannschaft abgeben sollte. Im seinem letzten Spiel als Coach von Borussia Dortmund ruderte der Erfinder des Vollgasfußballs mit den Armen, stachelte im DFB-Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg seine Jungs noch einmal wie in besten Zeiten der vergangenen sieben Jahre zu Höchstleistungen an. Am Ende war allerdings auch beim 47-Jährigen das Feuer schlichtweg aus: Der BVB verpasste den vierten Pokaltitel seiner Vereinsgeschichte nach 1965, 1989 und 2012 durch das 1:3 (1:3) gegen die Wölfe. Jürgen Klopp geht nun bei der Borussia - ohne den Traumabschied, ohne die sehnlichst gewünschte Lasterumrundung am Borsigplatz am Sonntag.
BVB spielte mit Langerak anstelle von Weidenfeller im Tor
Die große Geheimniskrämerei, die Klopp und sein Trainerkollege Dieter Hecking noch vor dem Spiel veranstaltet hatten, entpuppte sich im Nachhinein als große Luftnummer: Der BVB spielte mit Mitch Langerak anstelle von Roman Weidenfeller im Tor und ansonsten wie am vergangenen Samstag gegen Werder Bremen - das hatte ja auch ganz nett ausgesehen. Auch Wolfsburg kam in Topbesetzung, also hinten mit Naldo und Timm Klose in der Innenverteidigung, Luiz Gustavo und Maxi Arnold auf der Doppelsechs und davor mit dem aktuell wohl besten Bundesligaspieler, Kevin de Bruyne. “Es geht für beide um alles, das ist das Geile am Finale”, hatte Klopp vor seinem letzten Spiel als BVB-Trainer gesagt und in guter Hoffnung erklärt: “Die Jungs müssen es richten - und sie werden es richten.”
Noch vor dem Anpriff spielten sich unschöne Szenen in zumindest einem Fanblock ab, da Dortmunder und Wolfsburger unterschiedliche Auffassungen von Choreographien hatten. Die VfL-Anhänger bevorzugten ein grün-weiß-goldenes Glitzerpapier-Meer, während einige Dortmunder Dummköpfe unweit des Marathontors und hinter dem eigenen Tor Böller, bengalische Lichter und Raketen zündeten. Im gelben Nebel mussten sie dann zwar nicht fürchten, das erste Gegentor verpasst zu haben, was in den ersten 60 Sekunden in der abgelaufenen Bundesligasaison ja viermal die Spezialität des BVB gewesen ist. Aber der Rauch war gerade verzogen, als Pierre-Emerick Aubameyang den Spieß bezüglich eines Frühstarts mal umdrehte: Shinji Kagawa chippte den Ball von rechts in den Sechszehner, Naldo ließ den Gabuner bei seinem unhaltbaren Volleyschuss von der Fünfmeterkante gewähren - 1:0 (5.), Jürgen Klopp huschte ein Lächeln übers Gesicht.
Marco Reus hatte das 2:0 für den BVB auf dem Fuß
Die Dortmunder legten überzeugend los, spielten vorne ein aggressives Pressing, das Kevin de Bruyne selbst gegen die hochstehende BVB-Viererkette nicht die Chance ermöglichte, seine eigene Schnelligkeit auszuspielen oder aber seine Mitspieler gekonnt einzusetzen. Und so wäre auch der zweite Treffer verdient gewesen, den Marco Reus auf dem Fuß hatte: Doch Kagawas Zuspiel beförderte der Nationalspieler freistehend aus fünf Metern Torentfernung hoch über selbiges. Es war nicht die einzige Szene, in der man den Eindruck gewinnen konnte, dass Reus wieder seinem Finalfluch erlag, in entscheidenden Spielen nicht die beste Form bringen zu können.
Dann kippten jedoch die Spielanteile auf dem Rasen: Die Wolfsburger, die 1995 ihr bisher einziges Pokalfinale mit 0:3 gegen Borussia Mönchengladbach verloren hatten, konnten sich befreien und immer mehr Druck nach vorne entwickeln. Beim 1:1-Ausgleich (22.) staubte Gustavo nach einem Naldo-Freistoß ab, den Langerak nach vorne hatte abprallen lassen. Während die Dortmunder bei ihren Offensivbemühungen nicht den Abschluss fanden oder im Abseits standen (Reus/31.), gaben die Wölfe ein Beispiel an Effektivität ab. 33. Minute: Hummels kam Neven Subotic beim Kopfballduell gegen Daniel Caligiuri nicht zur Hilfe, dessen Abpraller versenkte de Bruyne aus 20 Metern flach ins kurze Eck - die erste Führung für Wolfsburg. Und noch schlimmer, die 38. Minute: Marcel Schmelzer ließ Ivan Perisic rechts flanken, Bas Dost bedankte sich per Kopf in der Mitte mit dem dritten Treffer. Beinahe wäre Aubameyang noch eine Ergebniskorrektur gelungen, doch auch er drosch Kagawas Flanke aus nächster Distanz übers Tor; in Ricardo Rodriguez’ Attacke gegen den BVB-Torschützen hatte Schiedsrichter Dr. Felix Brych auch keinen Grund gesehen, auf den Elfmeterpunkt zu zeigen.
Jürgen Klopp musste in der Pause ein Rezept finden, wie seine Spieler die Wolfsburger Kaltschnäuzigkeit eindämmen konnten. Und der Vize-Meister hätte beinahe unmittelbar nach Wiederanpfiff auf 4:1 erhöhen können, doch Bas Dost scheiterte nach einem Durm-Patzer vor Langerak. Aufregung bot dann der direkte Gegenzug: Reus ließ sich bei einer Flanke jedoch mehr fallen, als dass er von Vieirinha ernsthaft gefoult wurde. Im Anschluss daran verpasste Kagawa, neben Henrikh Mkhitaryan Bester an Dortmunds vorderster Front, mit langem Bein nur hauchdünn den zweiten Treffer der Borussia (50.).
Klopps letzte Patrone war die Einwechslung von BVB-Stürmer Immobile
Was den Ballbesitz betraf, konnte sich keiner der beiden Finalisten im zweiten Durchgang einen Vorteil erarbeiten. Wenn aber die Grün-Weißen im Vorwärtsgang waren, wurde es gefährlicher. Die beste Chance hatte Caligiuri, dessen Schuss jedoch Durm glücklich mit der Hacke auf der Linie für den geschlagenen Langerak rettete (65.). Nachdem Lukasz Piszczek und Jakub Blaszczykowski für Durm und Kehl ins Spiel gekommen waren (68.), machte sich auch der BVB zur Schlussoffensive auf: Mkhitaryans Schuss aus 14 Metern stellte Diego Benaglio jedoch vor kein Problem (71.).
Klopps letzte Patrone war dann die Einwechslung von Ciro Immobile für den enttäuschenden Marco Reus (79.). Mehr als Kagawas Schuss (80.) und ein Aubameyang-Freistoß (87.) sprangen nicht mehr heraus. Der BVB forderte noch zweimal (zurecht) vergeblich einen Strafstoß nach Fouls (Schürrle gegen Schmelzer und Gustavo gegen Mkhitaryan), aber wenige Minuten vor 22 Uhr war Jürgen Klopps Zeit bei Borussia Dortmund abgelaufen. Ohne den erhofften Pokalsieg und mit jeder Menge Wehmut.
So spielten der BVB und der VfL Wolfsburg
BVB: Langerak - Durm (68. Piszczek), Subotic, Hummels, Schmelzer - Kehl (68. Blaszczykowski), Gündogan - Mkhitaryan, Kagawa, Reus (79. Immobile) - Aubameyang. Trainer: Klopp
VfL Wolfsburg: Benaglio - Vieirinha, Klose, Naldo, Rodriguez - Luiz Gustavo, Arnold (81. Schürrle) - Perisic (74. Guilavogui), De Bruyne, Caligiuri (85. Träsch) - Dost. Trainer: Hecking
Tore: 1:0 Aubameyang (5.), 1:1 Luiz Gustavo (22.). 1:2 De Bruyne (33.), 1:3 Dost (38.).
Gelbe Karte: Mkhitaryan (BVB, 61.), Schmelzer (BVB, 84.), Vieirinha (Wolfsburg, 90.+3).
Schiedsrichter: Dr. Brych (München)
Der BVB-Live-Ticker zum Nachlesen:
BVB - VfL Wolfsburg 1:3
- So lief der Pokal-Tag in Berlin: