Hamburg. . Es war ein deutlicher Sieg, es war ein in dieser Höhe verdienter Sieg - und doch zeigte das 3:0 beim FC St. Pauli auf, dass es noch einiges an Optimierungspotenzial bei Borussia Dortmund gibt - und dass die alte Souveränität weiterhin fehlt

Florian Kringe war ehrlich überrascht, als er einen Blick auf den Statistikbogen warf: 14 Torschüsse waren dort für seinen FC St.Pauli notiert, nur einer weniger als für Borussia Dortmund. "Wenn man aber das Ergebnis bedenkt und dass wir kaum Aktionen hatten nach vorne..." Denn eine Zeile drüber war in der Spalte Tore eine Null bei den Hausherren und eine Drei beim BVB vermerkt - und wohl niemand,d er das DFB-Pokalspiel am Millerntor verfolgt hatte, würde diese Ergebnis nicht als hochverdient bezeichnen.

In der ersten Halbzeit war es streckenweise eine Dortmunder Machtdemonstration: St. Pauli wurde tief in die eigene Hälfte gedrängt, der BVB eroberte früh die Bälle und zog einige hübsche Kombinationen auf. Das sah schon fast wieder aus wie in den erfolgreichen Phasen der Vorsaison - gegen einen Gegner allerdings, der zwar meist mit allen Spielern im und am eigenen Strafraum versammelt war, es aber dennoch hinbekam, stets respektvollen Abstand zu den Gegenspielern zu wahren. "Wir haben eben gegen St. Pauli gespielt", ordnete Sebastian Kehl das gesehene richtig ein. "Das ist nicht böse gemeint, aber es ist ein Zweitligist und am Wochenende artet ein anderes Kaliber auf uns."

Zu wenig Abschlüsse

Einziges BVB-Manko in dieser Phase: Aus den vielen gefährlichen Situationen im gegenerischen Strafraum resultierten zu wenig Abschlüsse. Dennoch hatte man in Halbzeit eins nie einen Zweifel, wer als Sieger den Platz verlassen würde - zumal dann, als Ciro Immobile (33.) und Marco Reus (44.) eine 2:0-Führung herausgeschossen hatten.

In der Pause nahmen sich die Dortmunder vor, genau so weiterzumachen - während Pauli-Trainer Thomas Meggle seine Spieler anwies, mutiger und mit mehr Offensivgeist zu spielen. Es war Meggles Plan, der sich zunächst durchsetzte: Auf einmal kam St. Pauli zu Chancen und der BVB wackelte. "Da haben wir hinten ein, zwei schlampige Pässe gespielt", haderte Linksverteidiger Erik Durm. Es war förmlich zu spüren, wie einige gelungene Offensivaktionen der Gäste das eben erst mühsam erworbene Selbstvertrauen der Dortmunder weichen ließ und wie sich jene Unsicherheit breit machte, die eben aus vier Bundesliga-Niederlagen in Folge resultiert.

Glück, harmlose Gegner und ein starker Torwart

"Wir haben viele Dinge in der ersten Halbzeit gut umgesetzt", erklärte Trainer Jürgen Klopp. "Anfang der zweiten Halbzeit war es dann deutlich weniger gut. Warum, ist nicht zu 100 Prozent zu erklären - das ist uns aber auch schon passiert, als wir mehr Punkte hatten." Der Anschlusstreffer, soviel ist sicher, hätte die Lage deutlich verkompliziert. "Wenn da das 2:1 fällt und bei diesen tollen Zuschauern hier kommt dann sicherlich nochmal ein bisschen Stimmung auf", ahnte Kehl.

Doch dank einer Mischung aus Glück, der erschreckenden Harmlosigkeit der gegnerischen Offensivspieler und einem stark aufspielenden Torhüter Mitch Langerak überstand der BVB die kritische Phase ohne Gegentor. "Wir hatten dann sehr viele Räume und haben die nicht immer gut genutzt", monierte Kehl "Das 3:0 hätte sicherlich ein bisschen früher fallen können, dann wäre auch früher Ruhe gewesen." Aber es fiel, dank eines schlimmen Patzers von Pauli-Torwart Phulipp Tschauner, den Shinji Kagawa nutzte.

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"Es gibt noch Dinge, an denen wir arbeiten müssen, sowohl in der Offensive als in der Defensive", mahnte der Japaner. "Aber wichtig ist, dass wir mal gewinnen." Dass dennoch viel Optimierungsbedarf besteht, wussten alle in Schwarz-Gelb. "Es war sicherlich nicht alles perfekt heute", resümierte Kehl. "Aber in unserer derzeitige Situation ist das vollkommen wurscht. Wir wollen auch mal ein paar dreckige Siege einfahren, wie der Trainer es gesagt hat. Und heute war klar, dass es gegen St. Pauli auch ein dreckiges Spiel wird, demnach sind wir zufrieden."

Die nächste Aufgabe in der Bundesliga ist indes ein anderes Kaliber: Am Samstag (18.30 Uhr/im Live-Ticker) geht es zum FC Bayern München. Ob dies vielleicht sogar die einfachere Aufgabe sei, weil der Gegner mitspiele und die Erwartungshaltung geringer sei, wollte ein Journalist von Torhüter Mitch Langerak wissen. Der Vertreter des geschonten Roman Weidenfeller musste grinsen. "Es ist nie leicht gegen die Bayern", sagte er.

Schon gar nicht für einen BVB, der nach wie vor vor allem mit sich selbst beschäftigt ist.

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