Dortmund. War etwas ergebnistechnisch oder fußballerisch am Wochenende? Der Sieg des BVB in Augsburg scheint bei den Fans schnell abgehakt und in den Hintergrund gerückt zu sein. Wichtig ist doch nur: Kagawa #ShinjiIsFree, schreibt Kolumnist Jens Matheuszik vom Fanzine “Die Kirsche“.

Am Wochenende spielten die beiden Profimannschaften von Borussia Dortmund zwar mehr (das erste Team unter Jürgen Klopp gegen Augsburg war siegreich) oder weniger (die zweite Mannschaft unter David Wagner schaffte in Halle eine Punkteteilung) erfolgreich, aber für die Fans des BVB war das nicht das beherrschende Thema. Auch nicht das so genannte "Samstags-Topspiel", obwohl doch die Begegnung zwischen dem FC Schalke 04 und dem FC Bayern München mit dem Unentschieden sehr gut ausfiel, da die Borussen eigentlich weder dem einen noch dem anderen Team die drei Punkte gönnen.

Worüber die Fans redeten, das war "die Rückkehr des verlorenen Sohnes": Der Japaner Shinji Kagawa unterschrieb am Wochenende einen Vertrag bis 2018 bei Borussia Dortmund und damit fand eine "Leidenszeit" ein Ende, die im vergangenen Jahr ihren vorläufigen Höhepunkt fand.

Doch erst muss man zurückblicken: Der quirlige Japaner kam für einen relativ geringen Betrag zu Borussia Dortmund (etwas, das immer wieder gerne bei seinen Toren thematisiert wurde) und entwickelte sich zu einem der Toptransfers des BVB. Mit seiner Hilfe wurde Borussia Dortmund zweimal Deutscher Meister und zum Schluss auch DFB-Pokalsieger.

Abschiedsfoto vor dem Brandenburger Tor

Noch mitten in der Nacht nach dem erfolgreichen DFB-Pokalfinale ließ er sich gemeinsam mit den beiden Trophäen Pott und Schale vor dem Brandenburger Tor ablichten – quasi zum Abschied. Denn sein gar nicht mal heimlicher Traum war immer die Premier League in England und als das Angebot von Manchester United kam, entschied er sich den BVB zu verlassen. Als Fan war man damals zwar über den Wechsel nicht erfreut, aber man akzeptierte ihn – hier wollte schließlich ein Fußballer seinen lange gehegten Traum verwirklichen und im Gegensatz zu anderen Spielern hielt er damit im Vorfeld nicht hinterm Berg.

Doch in Manchester sollte er nicht froh werden, trotz diverser Trainerwechsel konnte er nie auch nur ansatzweise an die Rolle anknüpfen, die er in Dortmund unter Trainer Jürgen Klopp hatte.

Auch interessant

Vor einem Jahr kam es dann zu einem Twitter-Flashmob – unter dem Hashtag #FreeShinji zeigten die Fans von Borussia Dortmund, wie sehr sie sich eine Rückkehr des Japaners wünschten. Damals leider noch ein eher unrealistischer Traum – und damals bereits in der Fankolumne thematisiert – wurde es in den vergangenen Tagen immer konkreter: Von Manchesters Trainer Louis van Gaal wurde öffentlich bekannt, dass er mit einem Spielertypen wie Kagawa nichts anfangen kann, was sicherlich zu einem Umdenken bei ihm geführt hat. Der BVB selbst hatte wohl auch schon letztes Jahr bezüglich einer Rückkehr vorgefühlt, doch damals hoffte er wohl noch, sich in Manchester durchzusetzen.

Kevin Großkreutz befeuerte die Diskussion

Neben der ständigen weiteren Nutzung des Hashtags #FreeShinji in jedem passenden wie unpassenden Zusammenhang durch BVB-Fans und Journalisten, wurde das Thema immer wieder in der Öffentlichkeit am Köcheln gehalten. Medienwirksam forderte Kevin Großkreutz dann Shinji Kagawa, mit dem er immer noch in regelmäßigem Kontakt steht, via Videochat zu einer Rückkehr auf und so kulminierten sich am vergangenen Wochenende die Gerüchte bis zur absoluten Gewissheit: Der Verein bestätigte offiziell am Sonntagabend den Transfer.

Zuvor durfte sich das Knappschaftskrankenhaus in Dortmund wieder eifriger Beliebtheit erfreuen – hier werden traditionell vom hier praktizierenden Mannschaftsarzt des BVB die designierten Spieler auf Herz und Nieren untersucht. So warteten hier viele Fans, vor allem nachdem Kagawas Berater in der BVB-Geschäftsstelle am Rheinlanddamm gesichtet wurde. Doch im Gegensatz zu seinem jetzigen Mannschaftskollegen Matthias Ginter löste Shinji Kagawa nicht vor den Linsen der Kameras und Smartphones ein Parkticket...

Auch interessant

Dass Shinji Kagawa weiterhin eine Bindung nach Dortmund hat, war schon durch seine bisherigen Aussagen bekannt. Doch den Worten folgten auch Taten, denn laut Medienberichten kaufte er bereits im Frühjahr ein Haus am Phoenixsee. Sicherlich nicht nur aus Investmentgründen ...

Kagawa wird sich durchbeißen müssen

Auch wenn erst am Sonntag nach 17 Uhr der Deal feststand – die meisten Fans diskutierten ob der medialen Befeuerung des Themas den Transfer schon das ganze Wochenende und wogen das Für und Wider ab. Primär aber das Für, denn viele Gegenargumente gab es eigentlich nicht. Klar, der BVB hat sich in den letzten zwei Jahren weiterentwickelt und Kagawa wird nicht automatisch wieder der Star sein, der er in der Vergangenheit war und auch er wird mit seinen Kollegen um die begehrten Startelf-Plätze konkurrieren müssen. Aber gerade ein breiterer Kader war doch das, was viele Fans sich aufgrund der Dreifachbelastung Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal wünschten.

Man sollte nicht den Fehler machen, jetzt von Shinji Kagawa zu erwarten, dass er an seine Topleistungen von damals nahtlos anknüpfen kann – dafür fehlt ihm zuviel Spielpraxis. Doch man kann davon ausgehen, dass er die nötige Zeit bekommen wird, um wieder ins Spiel zu kommen.

Auch finanziell lohnt sich der Transfer immer noch: Zwar hat der BVB jetzt nicht mehr die geringe Summe gezahlt wie bei der ersten Verpflichtung, aber den übereinstimmenden Medienberichten zufolge nur knapp die Hälfte an Ablöse gezahlt, die man selbst vor zwei Jahren erzielte.

Marketingtechnisch passt das ganze auch, denn durch die Verpflichtung Shinja Kagawas rückt der BVB wieder verstärkt in den japanischen bzw. auch asiatischen Blickwinkel und insofern dürfte sich die Anzahl japanischer Medien im Umfeld von Borussia Dortmund ab sofort wieder vervielfachen.

Abschließend kann man festhalten: Bei diesem Transfer stimmt also eigentlich alles und man kann die Fans gut verstehen, die angesichts der erneuten Verpflichtung Shinji Kagawas von einer Rückkehr des verlorenen Sohnes sprechen.

Jens Matheuszik (gibmich-diekirsche.de), 1.09.2014