Dortmund. Abseits des Pokalfinales in Berlin und des Klassenerhalts von Borussia Dortmunds U23 in der Dritten Liga spielt sich in Leipzig ein für den deutschen Fußball enorm wichtiger Vorgang ab: Die Lizenzerteilung oder -verweigerung für den Aufsteiger RB Leipzig, schreibt Fan-Kolumnist Fabian Vidacek.

Mit der drittbesten Punkteausbeute in der eigenen Bundesligageschichte beendete der BVB eine tolle Bundesligasaison, während „die Zweite“ den verdienten Klassenerhalt in Liga 3 feiern konnte. Ein Sieg gegen die Bayern im Pokalfinale würde dieser von Höhen und (winzigen) Tiefen geprägten BVB-Spielzeit die Krone aufsetzen. Doch ein für den deutschen Fußball viel wichtigerer Vorgang spielt sich derzeit in Leipzig ab. Die bevorstehende Lizenzvergabe an das Marketingprodukt RB Leipzig würde bedeuten, dass die Idee hinter der 50+1-Regel ihre Wirkung endgültig verloren hat.

Selbst Fans des vor fünf Jahren gegründeten Fußballvereins RB Leipzig dürften wissen, dass dieser, ihr Verein, nur aus Werbezwecken gegründet wurde. Der neue Verein aus der traditionsreichen Fußballstadt Leipzig hat den Zweck, das darf man ganz unverblümt annehmen, den Markenwert seines Investors – in dem Fall der Red Bull GmbH – zu steigern.

Red Bull sponsert nicht, sondern übernimmt

Denn das hat Methode bei Red Bull, dem milliardenschweren Energy-Drink-Hersteller aus Österreich, gegründet und geführt von Dietrich Mateschitz. Red Bull sponsort keine Vereine, wie dies andere Unternehmen zu tun pflegen, sie übernehmen einfach ganze Klubs oder gründen selbst welche. Dazu gehören unter anderem das Formel-1-Team Red Bull Racing sowie die Fußballklubs FC Red Bull Salzburg und New York Red Bulls. Mit der Gründung von RasenBallsport Leipzig im Jahr 2009 begann für Red Bull das Unterfangen, nun auch im deutschen Profifußball Fuß zu fassen. Die Ziele sind hoch gesteckt: Bis in die Champions League soll es gehen. Der Titelgewinn in der höchsten europäischen Spielklasse sei laut Mateschitz zwar nicht planbar, aber auch nicht ausschließbar.

In Deutschland soll die 50+1-Regelung der Deutschen Fußball Liga (DFL) eigentlich verhindern, dass sich ganze Fußballvereine in der Hand von Großinvestoren wiederfinden. Die 50+1-Regelung besagt, dass der Verein in einer Aktien- oder Kapitalgesellschaft immer 50 Prozent plus eine Stimme halten muss, um Herr im eigenen Hause zu bleiben. In der Bundesliga hatte die Lizenzvergabe an die TSG Hoffenheim vor einigen Jahren bereits hohe Wellen geschlagen. Obwohl Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp zu 96 Prozent das Kapital des Vereins stellt, durfte sich sein Verein über eine Bundesliga-Lizenz freuen, weil sein Stimmrecht auf 49 Prozent beschränkt ist und damit die 50+1-Regelung formell erfüllt wird.

50+1-Regel greift bei RB Leipzig nicht

Beim aktuellen Fall von RB Leipzig scheint die 50+1-Regel gar keine Rolle zu spielen. Obwohl RB Leipzig faktisch in der Hand des österreichischen Brauseherstellers liegt (der Vorstand ist ausschließlich mit Red Bull-Mitarbeitern besetzt), scheint die 50+1-Regelung in diesem Fall nicht greifen zu können. Denn die Regel gilt nur für ausgelagerte Fußball-Kapitalgesellschaften – RB Leipzig ist aber keine ausgelagerte Kapitalgesellschaft, sondern ein Verein (mit sage und schreibe neun stimmberechtigten Mitgliedern). Juristisch gesehen scheint RB damit auf der sicheren Seite, gegen den Geist der 50+1-Regel aber lässt sich gar nicht stärker verstoßen.

Die DFL pocht deswegen im aktuellen Lizenzierungsverfahren laut Medienberichten darauf, dass RB Leipzig drei Bedingungen erfüllt: Geringere Hürden für neue Vereinsmitglieder (der Jahresbeitrag liegt derzeit bei 800 Euro), eine Änderung des Vereinslogos, welches zu stark an Red Bull erinnert sowie eine vom Geldgeber unabhängigere Besetzung der Führungsebene samt Vorstand.

Es ist davon auszugehen, dass RB Leipzig die Lizenz am Ende erhält. Die 50+1-Regelung würde damit komplett ausgehöhlt, oder anders ausgedrückt, wieder einmal geschickt umgangen. Was das für den deutschen Fußball bedeutet, lässt sich noch nicht absehen. Aus Sicht der 50+1-Befürworter aber sicherlich nichts Gutes.

Fabian Vidacek (gibmich-diekirsche.de), 12.05.2014