Dortmund. . Verlieren möchte das brisante Bundesliga-Duell zwischen Meister Bayern München und dem Tabellenzweiten Borussia Dortmund (Samstag, 18.30 Uhr) niemand. Und doch gehen gerade die Gedanken der Westfalen schon weiter: Am Dienstag steht die wichtige Pokal-Partie gegen den VfL Wolfsburg auf dem Programm.

Neue Rekorde werden in der Wachstums-Branche Fußball-Bundesliga gern gesehen. Am Freitag wurde daher von verschiedenen Stellen eilig darauf hingewiesen, dass das Spiel Bayern München gegen Borussia Dortmund am Samstag (18.30 Uhr, live in unserem Ticker) in 207 der 209 Mitgliedsländer des Weltverbandes FIFA live übertragen wird. Das ist - man ahnt es bereits - ein neuer Rekord. An den karibischen Stränden von St. Lucia? Wird sicher Mats Hummels zum Kopfball hochsteigen. In der Geröllwüste Turkmenistans? Wird Arjen Robben ganz bestimmt seine Soli beginnen. In der tropischen Hitze der Elfenbeinküste? Wird man das alles theoretisch ebenfalls anschauen können und womöglich höchst spannend finden.

Emporkömmling und Imperium

Schließlich ist das Bayern gegen Dortmund. Erster gegen Zweiter. Der westfälische Emporkömmling der vergangenen Jahre, der den Kontrahenten zwei Jahre lang schmerzvoll dominierte, ihm Siege und große Momente entriss, ehe das Imperium erbarmungslos und noch schlimmer zurückschlug, in dem es seither alles an sich riss, was es zu gewinnen gab.

Es geht um „Prestige“, wie Münchens Profi Thomas Müller sagt. Es ist „Brisanz“ drin, wie Münchens Vorstands-Boss Karl-Heinz Rummenigge erklärt. Wer wollte das bestreiten? Schließlich bezichtigen sich beide Chefetagen gerade gegenseitig der Lüge, spielt in München mit Mario Götze ein Ex-Dortmunder und in Dortmund mit Robert Lewandowski ein Zukunftsmünchner. Gründe für ein höllenheißes Spielchen unter Münchner Flutlicht gibt es genug.

Aber das Spannungsfeld, in dem sich besonders Dortmunds Trainer Jürgen Klopp befindet, bezieht seine Spannung nicht ausschließlich aus diesem Duell, das niemand verlieren möchte, schon gar nicht so, dass ihm nach den 90 Minuten Spott oder - noch schlimmer - gar Mitleid von der anderen Seite zuteil würde. Aber das eindeutig größere Spiel findet für Schwarz-Gelb am kommenden Dienstag statt, wenn der BVB im Halbfinale des DFB-Pokals auf den VfL Wolfsburg trifft. Dort steht weit mehr auf dem Spiel.

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Dortmund ist mit großem Abstand auf die Bayern respektabler Zweiter in der Liga, aber Titel-Kribbeln gibt es dafür nicht. Dortmund erreichte das Viertelfinale Champions League und zählt somit zu den besten acht Mannschaften des Kontinents, was ebenso respektabel ist. Das Adrenalin des Rückspiels gegen Real Madrid am vergangenen Dienstag flutete Dortmund, aber auch dieses Gefühl wird den Verein und seine Fans nicht bis zum Saisonende tragen.

Fast nur Drama und Triumph

Nur der Pokal bietet dem BVB noch die schöne, große Bühne für sein Gefühls-Theater, das neben Drama und Triumph für gewöhnlich kaum etwas aufführt. Und, natürlich, bietet es Mitte Mai die letzte Chance, dem enteilten Branchenführer wenigstens einmal in dieser Saison einen nicht unerheblichen Schmerz zuzufügen und ihm den Pokal-Titel zu stibitzen.

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Das weiß auch Jürgen Klopp. Er will unbedingt nach Berlin. Das ist eines der erklärten Saisonziele. „Wir werden genau hingucken, wer gegen München eingesetzt werden kann und wer besser nicht eingesetzt werden sollte“, kündigt der Trainer in Zeiten eines verletzungsbedingt ohnehin ausgedünnten Kaders an. Gegen Real zum Beispiel musste Mittelfeld-Stratege Nuri Sahin wegen Rückenschmerzen passen. Sollte Klopp die geringsten Zweifel an dessen Fitness haben, wird er nicht zögern, den gegen Madrid überragenden Milos Jojic auflaufen zu lassen. Oder jemand anderen. Egal. „Wir werden in dieser Saisonphase alles bedenken, ist doch klar“, sagt Jürgen Klopp, „aber wir haben auch nichts zu verschenken“.

Schon gar nicht die Chance auf das große Finale in Berlin gegen die Bayern. Daran ändert selbst eine mögliche Niederlage vor rekordverdächtig vielen live zugeschalteten Ländern nichts.