Dortmund. Obwohl dem BVB Lukasz Piszczek und Marcel Schmelzer derzeit nicht zur Verfügung stehen, ist man in Dortmund weit von einem Außenverteidiger-Problem entfernt. Im Gegenteil: Der formstarke Kevin Großkreutz und der junge Erik Durm waren zuletzt eine Bank im Spiel der Borussia. Klopp und die Kollegen schwärmen.
Erik Durm war der gefragte Mann in der Mixed Zone nach dem Dortmunder 3:0-Sieg über Olympique Marseille. Der Schmelzer-Ersatz krönte sein zwar nicht völlig makelloses, aber äußert zuverlässigen Einstand in der Champions League mit der Torvorlage zum 1:0 in der 19. Minute – und das direkt vor den Augen von Vater und Freundin, die während seines Debüts auf der Tribüne vor ihm die Daumen drückten.
Fast wäre dem 21-Jährigen in der zweiten Hälfte sogar noch ein Tor gelungen, doch das wäre dann wohl zu viel Märchen gewesen. „Dann halt beim nächsten Mal“, lächelte Durm, der zwar mit Gänsehaut aufs Feld lief während die Turnierhymne erklang, aber die Nervosität schnell ablegte. Sie war jedenfalls nicht der Grund warum in der 69. Minute kein Torschrei durch den Signal-Iduna-Park ging, sonder OM-Keeper Steve Mandanda, der pfeilschnell reagierte.
Durms letzte Wochen zeigen, wie schnell es im Fußball laufen kann. Als gelernter Angreifer wechselte er von Mainz zur Borussia, wo er jedoch früh zum Außenverteidiger umgeschulte wurde. Seine Flexibilität ist sein Trumpf: An allen Bundesligaspieltagen stand das Talent im Dortmunder Erstligakader, wurde gegen Augsburg und den HSV sogar eingewechselt. Nach Schmelzers Verletzung schlug schließlich seine Stunde. Durm wurde gebraucht und bewies in der Liga gegen Nürnberg und den SC Freiburg über die volle Distanz, der Aufgabe gewachsen zu sein. Spätestens nach dem Auftritt gegen Marseille dürfte niemand mehr in Dortmund ein mulmiges Gefühl im Magen haben bis „Schmelle“ wieder gesund zur Mannschaft stößt. „Für sein erstes Champions-League-Spiel war das richtig gut“, lobte Teamkollege Kevin Großkreutz. „Piszczek Junior“ nannte Sahin Durm nach seiner Vorstellung. Auch der Pole wurde nach seiner Ankunft in Dortmund positionstechnisch zum Außenverteidiger geformt.
Durm zum Außenverteidiger umgeschult
Obwohl Durm eine Hauptrolle im Plot des Dortmunder Champions-League-Spieltag einnimmt, ist und bleibt Kevin Großkreutz das Phänomen der Borussia in dieser Saison. Gemeinsam ließ das Außenverteidiger-Pärchen gegen Marseille keine Torchance aus dem Spiel heraus zu. Und apropos umgelernt: Auch Großkreutz wurde vor der Saison das Vertrauen ausgesprochen, Lukas Piszczek dauerhaft während seiner Verletzungspause zu vertreten - also mindestens die komplette Hinrunde. Obwohl der gebürtige Dortmunder in der Vergangenheit eher auf anderen Positionen zuhause war, zeigt er, ein kompletter Fußballer zu sein und bringt die nötigen Qualitäten wie Zweikampfwillen, Laufstärke und offensiven Esprit für diese neue Position mit. Mit jedem Auftritt wusste sich der gebürtige Dortmunder zu steigern. Sowohl gegen Freiburg, als auch gegen Marseille war er der beste Mann auf dem Platz.
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In seinen Augen war die bärenstarke Vorstellung gegen die Franzosen nur ein „Job“, den er „erledigt“ hat. Teamkollege Nuri Sahin weiß die „unglaubliche“ Großkreutz’ Entwicklung besser einschätzen, schließlich kennt er ihn seit 14 Jahren und weiß, dass er „zocken“ kann: „Egal, wo du ihn aufstellst: Er bringt seine Leistung. Er ist eine Maschine. Ich weiß nicht, was er mit seinem Körper zuhause macht. Unglaublich, was er und Erik erlaufen haben. Großkreutz hat auf der Rechtsverteidigerposition noch einmal spielerisch eine gute Entwicklung durchgemacht seit Saisonbeginn.“ Gegen „OM“ beackerte Großkreutz die rechte Dortmunder Flanke phasenweise sogar im Alleingang und machte Pierre-Emerick Aubameyang überflüssig.
Obwohl dem BVB derzeit Piszczek und Schmelzer fehlen ist man an der Strobelallee weit davon entfernt, von einem Außenverteidigerproblem zu sprechen. Ob Schmelzer sich warm anziehen müsse, wurde Jürgen Klopp nach Durms Königsklassen-Debüt gefragt. Der gab eine klare Antwort: „Wir brauchen keine Spieler, die ihren Platz freiwillig hergeben.“ Der BVB-Coach, der gegen den Vizemeister der Ligue Un eine Sperre absaß, attestierte Durm ein „außergewöhnlich gutes“ Debüt: „Toll, wie er die Zweikämpfe gewonnen hat. Wir sind sehr glücklich, wie cool er das heruntergespielt hat.“ Doch auch Durm und Großkreutz werden sich noch freuen, wenn die Kollegen wieder zurückkehren, meinte Klopp: Die Belastung auf drei Hochzeiten zu tanzen, sei nämlich derzeit enorm zu spüren.
Saisonstart hinterlässt Eindruck
Dass der BVB-Saisonstart trotz vieler Umstellungen „kaum erfolgreicher“ hätte laufen können (Watzke), hinterlässt Eindruck – auch bei Kevin Großkreutz: „Wer uns kennt, weiß: Wenn wir einmal ins Rollen kommen, sind wir nur schwer aufzuhalten.“ Nicht einmal eine prominente Verletztenliste kann diese Elf ins Wanken bringen.